22.12.2011, 18:16 | #1 |
TENEBRAE
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Wintermorgen
Der graue Morgen hebt sich nicht, er sintert
als blasses Zwielicht bleiern nach dem Tag, das schmerzend im Betrachter überwintert, wie in den Häuserschatten trüber Eisbelag: Erstarrtes Wasser zwischen Frost und Tauen, verschmiert auf Wegen oder ins Gemüt, und fern im Nebel, wie im vagen Ungenauen, ein matter Schein, der sich um Welt bemüht. Ein Bild entspinnt sich dem erwachten Auge, so fern der stillen Sehnsucht seines Blicks, denn Winter fragt nicht, was Verweilen tauge in sommerlichen Echos deines Glücks.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (05.09.2012 um 12:59 Uhr) |
22.12.2011, 21:24 | #2 | |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo, eKy,
das nenne ich ein "Winterdepressions-Gedicht". Die kurzen, trüben Tage und die langen Nächte können wirklich aufs Gemüt schlagen. Auf der anderen Seite kann es auch um ein LI gehen, das früheren, glücklicheren Zeiten "nachtrauert" - dem leisen Echo sommerlichen Glücks. Im Gedicht finde ich beide "Sichtweisen". Dieses Mal habe ich allerdings ein paar Stellen anzumerken. Nimm meine Vorschläge einfach "für die Zukunft mit": Zitat:
Sehr gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (22.12.2011 um 21:27 Uhr) |
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22.12.2011, 21:45 | #3 |
Slawische Seele
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Lieber eKy,
was mich ganz besonders berührt, sind die gewählten und treffenden Metaphern. (Ein nüchternes, sachliches Köpfchen würde sagen: Jo, so isses im Winter ) Ein eKy versucht mir immer zu erzählen, dass er so melancholisch und romantisch gar nicht ist - es bleibt aber ein kläglicher Versuch oder eine typische Ausrede eines Mannes. Wer so sinniert und verdichtet, der fühlt es auch. Wir mögen evtl. von der anderen Art sein: Wir lieben das Düstere ebenso wie das Helle. Das Düstere aber ist der treueste Gefährte der Dichtung. Einen solchen Wintermorgen gibt es immer wieder, auch mitten im Sommer. Er fragt tatsächlich nicht, ob die Zeit stimmt oder passt. Ich habe mich wieder einmal gern darin "gesuhlt" und genossen. Aber: Erstarrtes Wasser zwischen Frost und Tauen, verschmiert auf Wegen oder im Gemüt, und vag im Nebel, fernem Ungenauen, ein matter Schein sich um die Welt bemüht. Ein purer "Gefühlsvorschlag" ohne fachliche Begründung. (Die Silben im 3. Vers stimmen nicht und stören die Sprachmelodie.) Manchmal tut es gut, den Lieblingsdichter klein wenig zu korrigieren. Dann fühlt man ihm sich näher und würdiger. Ein ganz "feiner" Wintermorgen. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
22.12.2011, 22:16 | #4 | ||
verkannt
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Beiträge: 332
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Hallo Erich,
diese Zeilen bestechen für mich durch wirklich wunderbare Redewendungen. Das gefällt mir besonders. Zitat:
Zitat:
Ich würde es lassen wie es ist, da es einfach ist wie es ist. Mir gefällt es einfach, mehr kann ich nicht sagen. Sehr gerne gelesen. Nen Gruß C.
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© auf alle meine Texte „Mir gefiel der Geschmack von Bier, sein lebendiger, weißer Schaum, seine kupferhellen Tiefen, die plötzlichen Welten, die sich durch die nassen braunen Glaswände hindurch auftaten, das schräge Anfluten an die Lippen und das langsame Schlucken hinunter zum verlangenden Bauch, das Salz auf der Zunge, der Schaum im Mundwinkel.“ Dylan Thomas |
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23.12.2011, 02:53 | #5 |
TENEBRAE
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Hi, Leute!
Danke für eure fruchtbaren Beiträge, die mich animiert haben, ein paar Details nochmal zu überarbeiten! @ Stimme! Das "Sintern" ist beileibe nicht nur technisch zu interpretieren. Tropfsteinhöhlen entstehen nach denselben Prinzip: Stalaktiten und Stalakmiten sind gesinterter Kalk, ebenso wie die Plitvicer Seen, um nur ein paar Beispiele herrlicher Naturwunder zu nennen. Für mich ist Sintern also eher "natürlich", ein langsames Sichablagern. Dein Vorschlag würde leider auch das Reimschema beschädigen: "sintern/überwintern". Muss also bleiben. "Nach dem Tag" habe ich bewußt gewählt, einerseits, um die Zeile ein wenig zu prolongieren (erst hatte ich es auch so, aber die Zeile erschien mir nicht nur optisch zu kurz so - sie hörte sich auch so an...), andererseits, um weniger "i"-Laute zu verwenden, die für eine getragene Sprachmelodie eher kontraproduktiv sind. Die letzten beiden Zeilen von S1 haben mir auch nicht so ganz gepasst. Manchmal muss es eben reifen, und manchmal hilft ein kleiner Tritt in den Hintern! Ich denke, nach der letzten Überarbeitung können wir beide mit dieser Stelle zufrieden sein! Mit dem "vag" hast du Recht, allerdings gefällt mir "diffus" nicht wesentlich besser. Ich habe einfach die Adjektive umgestellt - jetzt passt es. @ Dana Tut mir leid, Dana, wenn ich das sagen muss, aber dein Kritikpunkt muss ins Leere greifen, weil du leider die Strophe unvollständig zitiert hast. Z3 ist - und war immer - länger als die von dir monierte Version in Grün. Als Beweis kann ich Stimmes Zitat des ursprünglichen Textes anführen. Da ich jedoch deine Freude an "düsteren" Texten teile, hat mich dein Beitrag dennoch sehr erfreut! @ Cebrail Auch "nen Gruß"! Nach der letzten Korrektur besteht das erste Zitat so nicht mehr - ich hoffe, du kannst dich auch mit der Nachfolgeversion anfreunden. Ich stimme mit dir darin überein, dass die letzte Strophe zweifelsohne die gelungenste ist: Zur Conclusio hin gibt mein Sprachzentrum meistens nochmal extra Gas - le grande finale, sozusagen... Vielen Dank nochmals für Lob und Tipps! LG, eKy
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23.12.2011, 10:19 | #6 |
Schüttelgreis
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Beiträge: 954
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Der Begriff "sintern" ist mir auch sehr vertraut, nicht nur aus den zahlreichen Tropfsteinhöhlen der Schwäbischen Alb, wo man den Vorgang an Stalaktiten und Stalakmiten beobachten kann. Auch überirdisch sind solche Sintergebilde zu entdecken, nicht nur in Kroatien mit den Plitvicer Seen oder an den Krka-Wasserfällen, auch hierzuland gibt es sog. Steinerne Rinnen, die nach dem gleichen Muster von der Natur gebildet sind. Als Beispiel nenne ich den "Kuharsch" bei Krautheim in Hohenlohe.
Zum Kuharsch von Krautheim Gern gelesen und kommentiert. Ein Gedicht, das durch die Änderung noch gewonnen hat. LG Fridolin Geändert von Friedhelm Götz (23.12.2011 um 10:22 Uhr) |
23.12.2011, 11:59 | #7 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
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Beiträge: 8.570
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Hi, Fridolin!
Es gibt mannigfaltige Beispiele in der Natur, auch zB bei Geysiren (Yellowstone usw...) oder den weißen Sinterterassen in der Türkei - mir ist der Name der Örtlichkeit entfallen. Also alles andere als (nur) "medizinisch-technisch"!! Außerdem mag ich das Wort (und den Prozess, der sich trotz unserer Menschenhektik Zeit nimmt, quasi außerhab unserer Wahrnehmung abläuft und dennoch so wunderbar wahrnehmbare Ergebnisse erzielt! LG, eKy
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23.12.2011, 13:17 | #8 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 1.836
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Hallo, eKy,
ich entschuldige mich. Ich dachte, es wäre ersichtlich, da ich von "Hinweisen" sprach, dass es sich lediglich um meine Gedanken zum Gedicht handelte. Offenbar habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt, deshalb auch die Entschuldigung. Dass sich "sickern" nicht reimt - natürlich. Es war ja auch nur eine Anmerkung, bezüglich eines Begriffs, den ich (persönlich!) lediglich in einem anderen Zusammenhang kannte. Es lag mir fern, dir zu nahe zu treten, ich werde künftig darauf achten. Mein Kommentar war keine Kritik, sondern, wie immer, lediglich meine - ganz persönliche! - Sicht und auch nur mein persönlicher "Geschmack". Ich hoffe, dass ich hiermit ein eventuelles Missverständnis bezüglich meiner Absichten ausgeräumt habe. Und ein Dankeschön an dich und Fridolin, denn ich habe nun auch "dazugelernt" und weiß, dass "sintern" noch eine andere Bedeutung besitzt. Also: Nichts für ungut, ja? Liebe Grüße Stimme
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23.12.2011, 22:35 | #9 |
TENEBRAE
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Hi, Stimme!
Warum dies? Ich war keineswegs irgendwie "eingeschnappt" oder dir gar böse - im Gegenteil! Ich freue mich über Anregungen und Vorschläge. Ich bin nur - leider, wie sich für manche erweist - sehr schwer zu überzeugen. "Leider" in dem Sinne, dass sie mich irgendwann für überheblich oder beratungsresistent halten und deswegen überhaupt nicht mehr kommentieren. Sag, wie kommst du auf den Gedanken, dich für irgendwas entschuldigen zu sollen? Ich bin nur auf deine Ideen eingegangen und habe dir geschrieben, ob sie für mich funktionieren oder nicht. Dank deiner Gedanken ist das Gedicht nun wesentlich runder und folgelogischer an besagten Stellen. Irgendwelche "Absichten" habe ich dir meines Wissens nie unterstellt. Also, keine Sorge, mir bricht nicht gleich irgendeine Verzierung ab, wenn ich Gegenwind kriege. LG, eKy
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