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Besondere Formen Haikus, Senryūs etc.

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Alt 24.07.2014, 15:00   #1
AAAAAZ
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Erwärmte Alpen.
Erstarrtes Meer in Falten
bäumt sich auf und sinkt.


2. Version:

Der Gletscher leckt.
Erstarrtes Meer in Falten
bäumt sich auf und sinkt.

Geändert von AAAAAZ (25.07.2014 um 09:16 Uhr) Grund: Überlegung nach GinTons Antwort
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Alt 24.07.2014, 17:45   #2
Chavali
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Hallo AAAAAZ,

das ist ein sehr schönes, stimmiges und Bilder erzeugendes Haiku.

Die Aussage dessen ist schon eine Horrorvorstellung:
Das Eis, die Gletscher der Alpen schmelzen komplett weg und zurück bleibt ein Meer,
in dem die Erde untergeht...

Übrigens:
Willkommen im Forum

Einen Vorstellungsfaden haben wir auch, schau mal:
HIER

Wir würden uns freuen, dich dort begrüßen zu können


LG Chavali
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Alt 24.07.2014, 18:45   #3
ginTon
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Hallo AAZ

zunächst, Herzlich Willkommen im Forum.

Du hast als Einstand 3 Haiku eingestellt, zu denen ich nacheinander kommen möchte. Dieses hier:
Zitat:

Erwärmte Alpen.
Erstarrtes Meer in Falten
bäumt sich auf und sinkt.
ist für mich zwar vom inhaltlichen her ein bedeutsamer Text, zu einem Haiku
fehlt mir jedoch das Gegenwärtliche und vor allen Dingen ein realer Bezug.

In den Alpen.
das Sonnenlicht fällt auf den Gletscher,
er bäumt sich auf und sinkt..

dies hat zwar ein paar Zeilen zuviel, soll aber zeigen, was ich meine. Ich kann
mir auch nicht vorstellen, dass die letzte Zeile so wie sie dort steht real beobachtet werden kann. So könnte es dann schon eher lauten,

In den Alpen.
Sonnenlicht fällt auf den Gletscher,
ein Rest verbleibt.

man könnte jedoch auch vor dem Gletscher stehen, der vor langer Zeit mal
dort gewesen ist und erinnert sich, dass dieser einmal dort war, genauso wie
man selbst. Rückblicke sind erlaubt in einem Haiku, da Erinnerungen ja gegenwärtig geschehen.

In den Alpen,
Sonnenlicht fällt auf den Berg,
wo einst ein Gletscher war nun Leere.

natürlich müsste dies komprimiert werden, soll aber nur zeigen, was ich meine.

so zB.

Auf dem Berg-
wo einst ein Gletscher war
nun Leere...

gerne mit beschäftigt...LG gin
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Geändert von ginTon (24.07.2014 um 18:48 Uhr)
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Alt 24.07.2014, 21:03   #4
AAAAAZ
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Hallo Chavalis, Hallo GinTon,

erstarrtes Meer sind die Kalkalpen, die früher einmal Meer gewesen sind.
Man bezeichnet diese auch als versteinertes Meer. Hier kann man sehr viele Fossile entdecken. Das ist die Erstarrung. Hier ist weniger ein Gletscher gemeint. Genaugenommen sind Gletscher ja auch nicht erstarrte Meere.
Das Einstellen von drei Haikus mit ähnlichem Thema gibt aber vielleicht schon eine Lesart vor, und führt auf die falsche Fährte.
Das Aufbäumen ist wörtlich als Faltengebirge, wie auch als Aufpropfen von Baumbestand
zu verstehen. Die Bäume gab es ja früher im Meer nicht. Und die Erde hat sich zu Bergen aufgebäumt. Das lässt sich wunderbar an Abbruchstellen ablesen.
Dort, wo der Baumbestand zurückgeht, nimmt die Verwitterung ihren Lauf.
Das Sinken ist das Errosive, der Tod eines Berges, bishin zum Mittelgebirge, Hügelchen und Staub.
Dem Einwand von GinTon, dass hier nichts Gegenwärtiges beschrieben wird, mag ich deshalb nicht teilen. Schließlich wird der aufmerksame Spurenleser all dieses in den Alpen entdecken können, auch wenn er nicht viel von allem versteht.
Natürlich wird Wissen im Sehen automatisch mitverarbeitet, was dem Haiku aber weder die Kraft der Unvoreingenommenheit noch der des Unberührten nimmt.
Danke für eure herzlichen Willkommensgrüße, und natürlich Gruezi zurück. AZ
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Alt 24.07.2014, 21:19   #5
ginTon
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Hallo AAZ,

Zitat:
erstarrtes Meer sind die Kalkalpen, die früher einmal Meer gewesen sind.
Man bezeichnet diese auch als versteinertes Meer. Hier kann man sehr viele Fossile entdecken. Das ist die Erstarrung. Hier ist weniger ein Gletscher gemeint. Genaugenommen sind Gletscher ja auch nicht erstarrte Meere.
Ich habe schon gerätselt mit dem Meer. Aber jetzt bin ich persönlich um so mehr der Meinung, dass dieses Haiku nicht so stehen kann. Hättest du zB
den Begriff Kalkalpen genannt und die Fossile mit eingebracht dann wär doch der Text konkreter, so ist er doch ziemlich verschwommen..

Zitat:
Das Aufbäumen ist wörtlich als Faltengebirge, wie auch als Aufpropfen von Baumbestand
zu verstehen. Die Bäume gab es ja früher im Meer nicht. Und die Erde hat sich zu Bergen aufgebäumt. Das lässt sich wunderbar an Abbruchstellen ablesen.
Dort, wo der Baumbestand zurückgeht, nimmt die Verwitterung ihren Lauf.
Ja, aber schreibt man dann nicht.."wo einst ein Meer war, baumbestände"??

also so in etwa

in den Alpen-
wo einst ein Meer war
Baumbestände

Zitat:
Dem Einwand von GinTon, dass hier nichts Gegenwärtiges beschrieben wird, mag ich deshalb nicht teilen. Schließlich wird der aufmerksame Spurenleser all dieses in den Alpen entdecken können, auch wenn er nicht viel von allem versteht.
Natürlich kann man es dort entdecken, die Frage ist doch, ob ich es so auch in deinem Haiku entdecken kann und meine Meinung ist, nein..

Du kannst natürlich dein Haiku so stehen lassen wie du es für richtig hältst, ich sage ja nur meine Meinung... Und ehrlich gesagt, muss man sich auch auf die Sache konzentrieren, die einem wichtig ist zu sagen. Sind es nun die Baumbestände und das zurückgegangene Meer, sind es die Fossilien, ist es der Kalk, ist es das Faltengebirge...

der Stein entließ sein Erbe-
ein Moostierchen

Ich glaube, der Punkt ist, dass zu viel mit dem Haiku transportiert werden soll, anstatt dem Leser klipp und klar zu verdeutlichen...Aha ich stand da mit einem Fossil in den Händen oder aha, hier war doch einst ein Meer nun isso hier Wald, das is ja nen Ding..Dinge gibs auf der Welt, die bringen mich zum Staunen usw. usf.

Ich denke mal dort o.ä standest du Sediment und dies sollte denke ich auch dem Leser erfahrbar gemacht werden..

LG gin
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Geändert von ginTon (24.07.2014 um 22:00 Uhr)
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Alt 25.07.2014, 09:32   #6
AAAAAZ
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Hallo Gin,

danke nochmals für deine ausführliche Beschäftigung mit dem Text. Zumindest hat es mich in der ersten Zeile zu einer Textumänderung bewogen, und konsequenterweise sollte der Titel geändert werden, um keine 4. Zeile zu produzieren.
Erstarrtes Meer oder ,,steinernes Meer" sieht für mich z.B. noch anders aus. Es liegen Kalkbrocken zwischen Granitgestein, weil sich durch das Aufbäumen eine Vermischung ergeben hat. Mag sein, dass sich da bei jedem andere Bilder einstellen, und dass hierin eine Ungenauigkeit der Bildwiedergabe steckt. Aber es macht ja auch gerade den Reiz der eigenen Bilder aus.
Zum anderen liegt im Erstarrt sein ein Einfrieren einer Situation, ein Erstaunen und vielleicht auch Entsetzen, wie es Chavali nachschmecken konnte.
Mit dem Umstricken des Haikus mache ich mir diese Ebenen gänzlich kaputt. Gleichwohl weiß ich um das Haiku, welches seine Existenzberechtigung aus der reinen Kontemplation bezieht, und meine Überlegungen überflüssig werden lässt.
AZ
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Alt 25.07.2014, 18:38   #7
Chavali
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Hallo AZ,

ich finde deinen Text immer noch schön

Das ganze Gedöns um die japanischen Kurz"gedichte" und ihre Formen finde ich übertrieben!
ginTon nimmt es da wohl sehr genau

Für mich muss ein Text sprachlich klingen, Kopfkino erzeugen können und die Aussage muss berühren.
Ob kurz oder lang, spielt dabei für mich keine Rolle.

Wenn es denn kein *echter* Haiku ist - was macht das schon

Gern mich nochmal eingemischt

Chavali
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Alt 25.07.2014, 22:50   #8
AAAAAZ
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Hallo Chavali,

genau nehmen ist genau der Punkt. Eine wissenschaftliche Beschreibung wird ein Haiku wohl nie werden und es hat auch nicht diesen Anspruch. Es lebt von der entstehenden Spannung zwischen den Bildern, welche sich einer objektiven oder messbaren Ästhetik entzieht. Wenn ich also Kalkalpen schreiben würde, Sedimentablagerungen oder Fossilien, entstehen zwangsläufig unterschiedliche Bilder je nach Erfahrung, Erinnerung Wissen etc. . Schreibe ich Berg, Stein, Baum, Meer oder Gletscher, so sind ebenfalls unendlich viele Bilder denkbar. Beschreibe ich ein Muschelfossil, eine Föhre oder einen einen Felshügel von weiß-bläulicher Farbe, entsteht eine scheinbare Genauigkeit durch Fokussierung bzw. Differenzierung. Das eigentliche Wesen meines Haikus vermag dies aber nicht zu berühren, wenn ich auf einen bestimmten Sachverhalt einer bestimmten Vergänglichkeit hinweisen möchte. Den einen langweilt es, der andere schaut sich einen Film an, das alles ist höchst subjektiv. Den formalen Anspruch, nach objektiven Kreterien ein echtes Haiku zu schreiben, habe ich bei allem sehr wohl, und ist mir hoffentlich trotzdem gelungen. AZ
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