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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 16.01.2015, 17:54   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Dem Lied des Augenblicks entnommen

Die Stadt pulsiert im Rhythmus der Alltäglichkeiten,
aus denen kaum ein wacher Geist sich je erhebt,
der sich bemühend nach dem Wandelgeist der Zeiten
doch ewig unerlöst am Saum des Wohlstands klebt.

Die klarste Note unter all den Partituren,
die hier das Leben spielt mit wechselnder Kapelle
aus Eiligen, Beschäftigten und Frohnaturen,
ist jener Bettler dort, der an erwählter Stelle

bedacht die Hände hebt nach der bewegten Menge,
die ihn nach Möglichkeit umfließt und übersieht,
als höbe er Monstranzen aus der Kirchen Enge
ins Licht hinaus, zu sehen, was damit geschieht.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (18.01.2015 um 16:03 Uhr)
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Alt 16.01.2015, 19:56   #2
Terrapin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 469
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Hi Erich!

Erstmal nur eine kleine Frage.

Zitat:
Die klarste Note unter all den Partituren,
die hier das Leben spielt mit wechselnder Kapelle
aus Eiligen, Beschäftigten und Frohnaturen, (Muss hier nicht ein Komma an das Versende?)
ist jener Bettler dort, der an erwählter Stelle
__________________
Das Leben ist eines der schwierigsten.
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Alt 16.01.2015, 21:51   #3
Erich Kykal
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Hi, Terry!

Nein, da gehört kein Komma hin, denn "Beschäftigten und Frohnaturen" ist kein Einschub (dann wäre ein Komma danach - wie davor - angebracht), sondern Teil einer Aufzählung: "Eiligen, Beschäftigten und Frohnaturen" innerhalb des Satzes, der nahtlos weitergeht.

Meine Inspiration hier war ein bekanntes Rilkegedicht:

Der Blinde

Sieh, er geht und unterbricht die Stadt,
die nicht ist auf seiner dunkeln Stelle,
wie ein dunkler Sprung durch eine helle
Tasse geht. Und wie auf einem Blatt
ist auf ihm der Widerschein der Dinge
aufgemalt; er nimmt ihn nicht hinein.
Nur sein Fühlen rührt sich, so als finge
es die Welt in kleinen Wellen ein:
eine Stille, einen Widerstand –,
und dann scheint er wartend wen zu wählen:
hingegeben hebt er seine Hand,
festlich fast, wie um sich zu vermählen.


LG, eKy
__________________
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Alt 16.01.2015, 22:36   #4
Terrapin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Der Satz geht weiter? Bin mir da nicht sicher.
Ich sehe es so...

Zitat:
Die klarste Note unter all den Partituren, (Der erste Vers ist ein Teil des Hauptsatzes. Rot makiert.)
die hier das Leben spielt mit wechselnder Kapelle (Dann folgt ein Nebensatz über Vers 2+3)
aus Eiligen, Beschäftigten und Frohnaturen,
ist jener Bettler dort, der an erwählter Stelle (Und hier, (wieder rot) knüpft der Rest des Hauptsatzes mit entsprechendem Subjekt an.)
Und ein Nebensatz, der den Hauptsatz teilt, wird doch meines Wissens
nach mit einem Komma abgeschlossen. Oder bin ich auf dem Holzweg?

Ich grüble schon die ganz Zeit über dein Gedicht und gucke und lese.
Nicht nur das Komma betreffend. Allgemein und in diversen Einzelheiten.
__________________
Das Leben ist eines der schwierigsten.

Geändert von Terrapin (16.01.2015 um 22:39 Uhr)
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Alt 16.01.2015, 22:42   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Pinni!

Sollst Recht haben! Das habe ich nicht bedacht. Wird korrigiert. Danke!

Ich habe auch noch eine weitere Str. vorangestellt, die das Szenario klarer machen und meine Intention verdeutlichen soll.

LG, eKy
__________________
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Geändert von Erich Kykal (18.01.2015 um 16:03 Uhr)
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Alt 19.01.2015, 02:19   #6
Terrapin
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Danke!
So so ist das gedicht gefälliger
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Geändert von Terrapin (19.01.2015 um 05:28 Uhr)
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Alt 20.01.2015, 21:06   #7
Dana
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Lieber eKy,

was du dem Lied des Augenblicks entnommen hast, ist groß und rilkenah. (Bewusst klein geschrieben - ein Adjektiv). Ich habe eingesehen, dass ich EUCH nicht gleichstellen darf, weil du es nicht erlaubst.
Was ich selbst denke, bleibt unbelassen.

Jede einzelne Strophe ist "hochprozentig lyrisch" und die Aussage berührt tief: philosophisch, menschlich und moralisch.

Der wache Geist, den wir uns allzu gerne auftragen würden, tritt nicht heraus, weil er unerlöst am Saum des Wohlstands klebt - großartig, ehrlich und wahr.
Wer widerspricht, der werfe den ersten Stein.

Der Lebenspuls, der dann folgt, entschuldigt halbwegs. Jedoch die Wahrnehmung in der letzten Strophe "rüttelt" ganz schön.

Ich liebe dieses Werk.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 20.01.2015, 21:33   #8
Erich Kykal
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Hi, Dana!

Um eines klarzustellen: Ich schätze die meisten Bettler nicht. Es gibt nämlich solche und solche.

Am schlimmsten sind jene, die sich in Lumpen ans Eck stellen, und wenn sie genug erbettelt haben, gehen sie in die Tiefgarage nebenan, wo ihr BMW parkt und ziehen wieder ihre Designerklamotten an. Kein Scheiß - das gibt's!

Dann gibt's noch das gewerbs- oder bandenmäßige Betteln, da kriegen irgendwelche Armutszuhälter das Geld. Vor allem Frauen mit kleinen schmutzigen Kindern in Lumpen ziehen da sehr gut!

Des weiteren gibt es noch jene Bettler, die ihre "Kupfermuckn" (eine Obdachlosenzeitschrift, die bei uns in Linz pro forma "verkauft" wird - ein paar zusammengeheftete Blätter mit abgetippten Artikeln und grobkörnigen abkopierten Fotos) mit meterlanger Alkfahne verticken - damit man gleich Bescheid weiß, wo die Kohle hinwandert!

Zuletzt - und selten - die echten Bettler, die von wahrer Not getrieben sind.

Wer kann also schon sagen, wer da nun "echt" ist und wer nur gut schauspielert? Ich muss zugeben, ich bin immer im Zweifel, wenn mich die Anwandlung packt und ich einem von ihnen etwas gebe. Aber ich denke mir - wenn es nur einer von zehn wirklich nötig hatte, so ist zumindest diesem einen wirklich geholfen worden - und das sollte die anderen neun Schnorrer wert sein!

Danke für das "rilkenah" - das freut mich ausdermaßen!

Wie oben nachzulesen ist, war ja hier ein Rilkegedicht ("Der Blinde") meine Inspiration, und auch wenn mein Bettler nicht blind ist, hoffe ich doch, meinem Vorbild keine Schande gemacht zu haben!

Vielen Dank für deinen nachgerade liebevollen Kommi!

LG, eKy
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Alt 20.01.2015, 21:59   #9
Dana
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Hi, eKy,

nur noch ganz kurz:

Jener (oder jeder Bettler), egal wie echt oder unecht er ist. Wann ist man so weit, sich als Bettler zu "präsentieren"?

Natürlich ging ich hier von einem echten aus - du als Autor sicher auch. Ich weiß genau, was du meinst und kenne die "Mitleidsskrupel" sehr gut.

Ich war heute mit meiner Tochter in einem "Riesensupermarkt" einkaufen. Ich brauchte ein Drehtablett.
Darin bin ich "Bettlern" der ganz aggressiven Art begegnet. Das gesamte Riesenkaufhaus bemühte sich in Plakaten und Geräten ausschließlich um mein Glück. Sie nehmen dem Kunden die Kinder ab und unterhalten sie mit Clowns.
Die Ware, die der Kunde liegen lässt, begegnet ihm ganz geschickt immer wieder, damit er doch zugreift. Die Psychologie dahinter greift sehr tief und am Ende wollen sie nur mein Geld. Die haben mehr, als einen BMW in der Tiefgarage und beschäftigen Mitmenschen mit Löhnen, die angeblich das ganze Geschäft ruinieren. Die Löhne knabbern an Milliardenumsätzen und schmälern Gewinne.

Oh, ich wollte mich kurz fassen.

Liebe Grüße
Dana
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(Frederike Frei)
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Alt 21.01.2015, 17:07   #10
Erich Kykal
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Hi, Dana!

Wirtschaftfaktoren wie Supermarktketten würde ich jetzt nicht unbedingt als "Bettler" bezeichnen - für mich sind das eher "Verführer".

LG, eKy
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