Man is(s)t so, wie man is(s)t

[Falderwald]

Man is(s)t so, wie man is(s)t


In jedem Käseblättchen macht man heute
ums Anderssein den wahren Affentanz,
des Glitters liederlicher Mummenschanz
verzaubert medial die breite Meute.

Dort werben auf der Bühne viele Leute
für Interesse und für Toleranz,
der eine mit, der andre ohne Schwanz,
doch jeder sucht für sich die große Beute.

Man wünschte sich, man sei ein wenig schwul,
nicht deutsch, ein Engel aus dem Garten Eden,
vielleicht geschlechtsneutral und obercool.

Dann pflanzte Palmen man im kühlen Schweden
zur Wintersonnenwende – somnambul –
und könnte jeden Scheiß mit Lust zerreden.


Falderwald
. .. .

[Erich Kykal]

Hi, Faldi!

Der Titel verwirrst mich bezüglich des Essens - abgesehen vom eingangs erwähnten Käseblatt geht es hier meines Erachtens wenig ums Essen, und auch die andere Bedeutung des Titels scheint mir wenig passend.

Der Inahlt erscheint mir eher wie eine Kritik an platten Talkshows und sog. Hype-Sendungen, Lifestyle-Magazinen, kurz - den ganzen oberflächlichen Firlefanz einer übersättigten Wohlstandsgesellschaft, bis hin zum Schlüsselloch-TV mit Formaten wie Dschungelcamp und Konsorten, welche die niedersten Bedürfnisse der Sensationsgier und des Voyeurismus bedienen!
Mit zielsicherer Instinktlosigkeit wird da ins Geschmacklose gefasst - wo die Quote regiert, bestimmen die Bildungsfernen und Dummen das Programm. Wir kennen - und verachten - die Ergebnisse!
Nun, in deinem Sonett scheint es eher um die gehobene "Bussi-Bussi-Gesellschaft" zu gehen, wie man in Österreich das Revier der Poser und Wichtigtuer nennt -
da tummeln sich C-Promis und andere Quotennutten aller Art - und um die Sendungen, die nur zu gern darüber berichten und jeden sprichwörtlichen Furz ausschlachten und totreiten, so lange es nur irgendwie Zuseher bannen könnte (siehe "Die Geißens", "Seitenblicke", "Millionärs-TV", usw... - es gibt viel mehr!)!

Das ist meine Interpretation des Textes - nun verstehst du sicherlich meine Verwirrung bezüglich des Titels. Sag mir - liege ich falsch???

Sehr gern gelesen!

LG, eKy

[Falderwald]

Servus Erich,

mit deiner Interpretation des Textes hast du voll ins Schwarze getroffen, dem ist gar nicht mehr viel hinzuzufügen.

Egal nach welcher Fasson irgendein (Möchtegern)Promi sein Leben lebt, die Abgründe derselben schafft sich jeder selbst.
Muss ich alles verstehen, was mir da von den Medien serviert wird?
Mir ist es so egal, wie ein Mensch tickt (schwere Kriminalität u. ä. einmal ausgeschlossen).
Ich sag nur meinetwegen, aber mit vielen Dingen möchte ich trotzdem nichts zu tun haben, mir reichen die eigenen Obliegenheiten.
Da die Medienlandschaft heutzutage eine der Hauptbildungsquellen für die moderne Gesellschaft ist, kann dem Publikum heute jeder Frass hingeworfen und schmackhaft gemacht werden.
Herzlichen Glückwunsch...

Der Titel stellt also eine Wortspielerei dar. Du hast es ja in deiner Antwort auch schon angesprochen, es geht um Geschmacklosigkeiten, die eben serviert werden (s.o.) und natürlich im Gegenzug auch um die Konsumenten, die sich ja reichlich gütlich mit denselben tun.

Man isst so, wie man ist.
Man ist so, wie man isst.
Man ist so, wie man ist.
Man isst so, wie man isst.

Die Ansprüche an ein gutes Mahl sind eben heute nicht mehr so hoch...


Vielen Dank für deine Gedanken zum Thema und die ausführliche und zutreffende Interpretation...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald

[Erich Kykal]

Hi, Faldi!

Aha - "Essen" = "Konsumieren".

Es geht darum, was wir an Programm "essen" müssen - du bemerkst, wie seltsam der Begriff hier anmutet, deshalb habe ich auch nicht in diese Richtung gedacht. Hättest du "konsumieren" verwendet, wäre das Bild klarer gewesen, wiewohl natürlich wenig griffig nach lyrischen Gesichtspunkten!

Da habe ich wohl zu linear gedacht - bei Essen denke ich eben an Speis und Trank und nicht an Bildschirmpixel!

Alles klar!

LG, eKy