20.07.2017, 10:36 | #1 |
Melody of Time
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greifbar I + II
greifbar I
Ich greife nach dem alten Mond und leg ihn unters Kissen. Es muss ja, der da oben wohnt, nicht immer alles wissen. Ich greife mir den schönsten Stern und häng ihn mir ins Zimmer. So leuchtet er mir nicht mehr fern, denn nichts ist mehr wie immer. Ich greife nach der Sonne Brand, den Himmel will ich stürmen, mit lieben Menschen Hand in Hand auf hohen Wolkentürmen. Ich greife mir das eigne Leben und lege es mir sanft ans Herz. Ich werde neu die Muster weben und schweben überm Weltenschmerz. greifbar II Ich schnappe mir den Mann im Mond und pack ihn unter meine Decke; solang der Typ am Himmel thront, vor Sehnsucht ich mich nach ihm strecke. Dann greif ich mir einen der Sterne und nagel ihn mir an die Wand; ich mags nicht, wenn einer von ferne durchs Fenster ins Schlafzimmer spannt. Und morgen, wenns hell wird, die Sonne - die greif ich mir auch noch mit Händen. Ich brauch für die Lust und die Wonne die Wärme in meinen vier Wänden! Du dummes Schicksal, hau nur zu! Am eignen Schopfe zieh ich mich mit Seelenkraft und Geistesruh aus deinem Griff und spuck auf dich. (irgendwann folgt Version III in prosaisch) Geändert von Cheeny (20.07.2017 um 17:53 Uhr) Grund: die vergessen |
20.07.2017, 11:19 | #2 |
Von Raben umkreist
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Liebe Liara,
UI gefällt mir, da stimmt der Rhythmus und es klingt die Lust auf das Leben durch. UII kommt mit einigen Stolperstellen und verdrehtem Satzgefüge. Vielleicht ist es aber Absicht und entspricht genau der Gemütsverfassung des LI, das hier ziemlich trotzig und angriffslustig auftritt. Liebe Grüße Sid
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20.07.2017, 16:18 | #3 |
Melody of Time
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hei sid,
danke für dein lob für gedicht I. ich habe inzwischen die titel geändert, da ich schon ein anderes mit "unbegreiflich" habe und dort passt es besser. ja, es soll ein gedicht des umbruchs sein. es freut mich, wenn das rüber kam. zu gedicht II: ich verstehe nicht ganz, wo es holpern soll. Ich habe es mal komplett durchge-x-t, vielleicht kannst du mir sagen, wo du meinst. Ich schnappe mir den Mann im Mond xXxXxXxX und pack ihn unter meine Decke; xXxXxXxXx solang der Typ am Himmel thront, xXxXxXxX vor Sehnsucht ich mich nach ihm strecke. xXxXxXxXx die ganze strophe in jamben, mit je 4 hebungen pro zeile, die 1. und 3. verse mit männlichen kadenzen und die 2. und 4. verse mit weiblichen. und alle mit auftakt. Dann greif ich mir einen der Sterne xXxxXxxXx und nagel ihn mir an die Wand; xXxxXxxX ich mags nicht, wenn einer von ferne xXxxXxxXx durchs Fenster ins Schlafzimmer spannt. xXxxXxxX auch hier beginnen alle 4 Verse mit auftakt, haben aber nur 3 hebungen. die ganze strophe besteht aus daktylen. 1. + 3. verse weibliche kadenzen und 2. + 4. mit männlichen. das nun ein anderes metrum gewählt ist, ist doch legitim. und ich kann nicht erkennen, wo's nicht korrekt sein soll. Und morgen, wenns hell wird, die Sonne - xXxxXxxXx die greif ich mir auch noch mit Händen. xXxxXxxXx Ich brauch für die Lust und die Wonne xXxxXxxXx die Wärme in meinen vier Wänden! xXxxXxxXx die 3. strophe ist baugleich wie die 2., nur mit lauter weiblichen kadenzen. Du dummes Schicksal, hau nur zu! xXxXxXxX Am eignen Schopfe zieh ich mich xXxXxXxX mit Seelenkraft und Geistesruh xXxXxXxX aus deinem Griff und spuck auf dich. xXxXxXxX und hier bei der 4. strophe wiederholen sich die vierhebigen jamben der 1., nur sämtliche mit betonten endungen. auch hier geht meines erachtens die zählerei auf, deshalb weiß ich nicht, wo du meinst, dass es holpert. aber ich gehöre ja auch nicht zu den geübten klassikern (aber ein bisserl kann ich's auch ). liebe grüße liara Geändert von Cheeny (20.07.2017 um 17:52 Uhr) |
20.07.2017, 17:45 | #4 | ||
Von Raben umkreist
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Liebe liara,
ich bin auch kein Meister von Hebungen und Senkungen, ich dichte nach meinem Bauch- und Rhythmusgefühl. Deshalb stolpere ich z.B. hier: Zitat:
... und hier: Zitat:
Liebe Grüße Sid
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20.07.2017, 17:52 | #5 |
Melody of Time
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hei sid,
das "die" gehört tatsächlich rein, hab ich beim tippen vergessen, werde ich schnell nachholen, beim x-en hab ichs jedenfalls dazugelesen bei der anderen stelle bin ich überfragt. thank you a lot, liebe grüße liara nachtrag: ich habe jetzt bei duden online nachgeschaut und bei einigen anderen, aber die lesen es nur laut und wenn ichs richtig verstanden habe, ist die Betonung: Schlaf-zim-mer, also Xxx, dann hätte ich es richtig aber vielleicht findet sich hier ja ein wissender, könnender, der es sicher weiß Geändert von Cheeny (20.07.2017 um 18:26 Uhr) |
20.07.2017, 19:52 | #6 |
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Liebe Liara,
manchmal bin ich tagelang auf der Suche nach einem Gedicht, das in Form und Inhalt die zarten Tentakel meiner Synapsen berührt und ein paar Funken schlägt. Die zweite Fassung gefällt mir besser, sie ist (das ist mein Empfinden) "frecher", selbstbewusster und metrisch anspruchsvoller. greifbar II Ich schnappe mir den Mann im Mond und pack ihn unter meine Decke; solang der Typ am Himmel thront, vor Sehnsucht ich mich nach ihm strecke. Dann greif ich mir einen der Sterne und nagel ihn mir an die Wand; ich mags nicht, wenn einer von ferne durchs Fenster ins Schlafzimmer spannt. Und morgen, wenns hell wird, die Sonne - die greif ich mir auch noch mit Händen. Ich brauch für die Lust und die Wonne die Wärme in meinen vier Wänden! Du dummes Schicksal, hau nur zu! Am eignen Schopfe zieh ich mich mit Seelenkraft und Geistesruh aus deinem Griff und spuck auf dich. Die erste und letzte Strophe (das erklärst Du mMn ganz richtig) besteht aus Jamben und hat pro Vers vier Hebungen. Dass die Verse jeweils mit einem Auftakt beginnen, versteht sich von selbst - der Jambus beginnt mit einer Senkung und wird mit einer Hebung eben zum Jambus (xX). Dass die letzte Strophe durchweg mit männlichen Kadenzen endet, passt zum Inhalt wie die Faust aufs Auge. Jetzt zu den Daktylen der zweiten und dritten Strophe. Kann man so sehen (Daktyln mit Auftakt). Aber du darfst ruhig ein bisschen "höher" greifen: Ich lese daraus astreine Ambhibrachyes (xXx - xXx - xXx). Sauber von der Form her und der Inhalt spricht eigentlich für sich. Zur sprachlichen Gestaltung (abseits der Kadenzen) sind mir einige Alliterationen ins wohlgesonnene Auge gesprungen (ich habe sie in meiner Abschrift fett markiert). Um zusammen zu fassen. Der Rhythmuswechsel, die Alliterationen, die Reime und der Inhalt scheinen mir aus einem Guss und ich sage "Chapeau!" Liebe Grüße, Felix Geändert von Felix (21.07.2017 um 06:43 Uhr) |
21.07.2017, 03:23 | #7 |
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Wow, lieber Felix,
jetzt hat es sogar mir die Sprache verschlagen und das passiert selten. Dir gefällt also die 2. Version besser? Da bin ich ja schon ganz froh, dass ich doch noch ganz ordentlich den Hobby-Gedichte-Sachverständigen hab raushängen lassen können, zumindest ein kleines bisserl. Aber "astreine Amphibrachys" (Donnerwetter!?!) fallen bei mir dann doch eher unter Rhythmusgefühl und Väterchen Zufall. Für den Rest deiner Diagnose - DANKE - und ganz besonders für dein fettes Lob. Da werde ich noch lange davon zehren. Liebe Grüße Liara Geändert von Cheeny (24.07.2017 um 19:18 Uhr) |
24.07.2017, 07:52 | #8 | |
Gast
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Zitat:
da erblüht mein Herz. Haste fein gedichtet! Den Rest bräuchte man gar nicht. LG Mondmann |
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24.07.2017, 09:02 | #9 |
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Danke, dass du mich heute Morgen zum Lachen gebracht hast. Da habe ich beim Dichten doch vollkommen übersehen, dass der Mann im Mond ja direkt hier vor Ort zu finden ist. Für's fein gedichtet mein Dankeschön. Liebe Grüße Liara |
24.07.2017, 16:29 | #10 |
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Liebe Liara,
Du machst hinter meiner Feststellung ("astreine Amphibrachys") ein kleines Fragezeichen. Der Teufel mit zackigen Schwänzchen und glühenden Augen, er wird mit gefletschtem Gebiss und gewaltigen Zähnen die zweifelnde Dichterin holen! Metrisch sieht das so aus: xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx Wenn Du die zwei Strophen "aus Versehen" in diesem Metrum geschrieben hast: Glückwunsch zu Deinem Sprachgefühl! Dann greif ich mir einen der Sterne und nagel ihn mir an die Wand; ich mags nicht, wenn einer von ferne durchs Fenster ins Schlafzimmer spannt. xXx xXx xXx xXx xXx xX xXx xXx xXx xXx xXx xX Und morgen, wenns hell wird, die Sonne - die greif ich mir auch noch mit Händen. Ich brauch für die Lust und die Wonne die Wärme in meinen vier Wänden! xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx xXx Von mir aus, ich bin ja gar nicht so, kannst Du die Verse auch als Daktylen mit Auftakt bezeichnen. Gut gemacht sind sie allemal. Gruß, Felix |
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