28.05.2009, 08:53 | #1 |
Gast
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Morgens in Berlin
Der Morgen graut, die Taube gurrt,
die Stadt erwacht zum Leben. Der Wecker stöhnt, die Katze schnurrt, sie muss sich nicht erheben! Der Himmel ist ne dicke Wand, drauf malen Krähen Kreise. Hab schon ne Kippe in der Hand, der Kaffee tröpfelt leise. Der Müllcontainer scheppert roh, die Katz' jagt durch die Räume, das Frauchen hastet ins Büro. Verpufft die süßen Träume. Die Masse quetscht sich ungestüm in engen U-Bahn-Schächten. Im Wagen riecht es nach Parfüm und nach durchzechten Nächten. Die Ampel zeigt schon wieder rot, ich werd es grad noch schaffen. Da fährt ein Raser mich fast tot und die Passanten gaffen. Ach, könnte ich ein Kätzchen sein, ich finge große Hummeln und legte mich ins Körbchen rein, den Morgen zu verbummeln. Geändert von Seeräuber-Jenny (02.06.2009 um 23:15 Uhr) |
28.05.2009, 10:31 | #2 |
Gesperrt
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Guten Morgen Seeräuber-Jenny,
JAAAA, das isses! Die Liebe zu dieser Stadt erwacht an jedem Morgen neu. Wunderschön schilderst Du die Stimmung und lässt Raum für eigene Phantasien, absolut gut gelungen, leicht und locker zu lesen. Nur in der letzten Zeile komme ich ein Wenig ins Stocken. Selbstverständlich sind Metrik und Aussage perfekt, ich würde trotzdem anders formulieren: verpufft die (sind) süße (n) Träume. Sehr, sehr gerne gelesen! Liebe Grüße nach Prenzlberg, Medusa. |
28.05.2009, 10:33 | #3 |
Schreibattacke
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Hallo Seeräuber-Jenny,
das ist ein nettes Gedicht , gefällt mir gut, weil so lebensnah. Ich wäre fast noch angetaner gewesen, wenn in der ersten Zeile die Taube gegurrt hätte - hätte auch was zum keifenden Wecker gehabt - den ich vielleicht sogar auch mit diesem Attribut gewählt nett gefunden hätte. Und evtl. hätte ich einfach im Plural 'Müllcontainer scheppern roh' gern gelesen, weil's - wie ich finde - stimmungsvoller klingt Obwohl ... auch so, wie es dasteht, ist es fein Grüße L. |
28.05.2009, 11:06 | #4 |
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Ahoi Medusa,
aye. Die Stadt erwacht unüberhörbar jeden Morgen neu, und auch meine Liebe zu ihr. Manchmal ist es Hassliebe, muss ich leider zugeben. Wie gerne hätte ich mich an diesem tristen Regentag noch mal im Bett umgedreht! Habe mir auf dem Weg zur Arbeit noch ein paar weitere Strophen ausgedacht. Ich hoffe, es ist trotzdem noch Platz für die Fantasie. Auch habe ich den ursprünglichen Text noch leicht verändert. "Verpufft die süßen Träume" gefällt mir persönlich vom Klang her besser. Würde aber gerne noch die Meinung der anderen Leser dazu hören. Danke für deinen Vorschlag und die lobenden Worte. Lieben Gruß nach Pichelsberg, Seeräuber-Jenny Ahoi lingua, freut mich, dass dir mein Gedicht gefällt, das einen alltäglichen Morgen schildert, den du bestimmt in Charlottenburg ähnlich erlebst. Stimmt, die gurrende Taube hätte auch gepasst. Bei mir im Hinterhof lebt halt eine freche Amsel. Die ist morgens nicht zu überhören. Den Wecker will ich nicht keifen lassen, weil der Morgen noch relativ moderat beginnt. So richtig laut wird es erst, wenn die BSR mit dem Müllfahrzeug anrückt. "Der Müllcontainer scheppert roh" finde ich besser, weil die drei Zeilen so mit "der, die, das" beginnen. Ich würde deinen Vorschlag aber ebenfalls gerne zur Diskussion stellen. Danke für deinen Beitrag und die Verbesserungsvorschläge. Lieben Gruß nach Charlottenburg, Seeräuber-Jenny Geändert von Seeräuber-Jenny (28.05.2009 um 11:13 Uhr) |
28.05.2009, 11:18 | #5 |
Schreibattacke
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Hallo nochmal
Du - ich wollte Dir ja nix aufdrängen Ich weiß ja nicht, ob bei Dir zu Hause ne Amsel 'wohnt' - ich denke nur an das Gedicht und die Großstadtstimmung allgemein. Und dass Du auf Artikel stehst, das kann ich ja auch nicht wissen *lach* Ich dachte bloß an das Gedicht allgemein, wie ich es, wenn ich eines über Berlin in einem vielleicht 'Schwarzbuch' gern lesen würde ... Die Elision 'Katz' lässt mich auch noch ein wenig bekümmert zurück , hab aber selbst nen süßfrechen Kater, und den zu erwähnen, das täte ich wohl auch, wenn ich ein Berlin-Aufwachstimmungs-Gedicht schriebe, und ne Veränderung fiele mir auch gar nicht ein, zumal ich keine Reimerin bin Grüße L. |
28.05.2009, 11:26 | #6 |
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Ahoi lingua,
eigentlich hast du recht. Die Stadttauben, die typisch für Berlin sind, gurren draußen ja auch. Das kann ich ruhig verändern, ohne was Unwahres zu schreiben. Mit den Artikeln, das fiel mir erst auf, als ich den Container in den Plural setzen wollte. Da fand ich "der, die, das" abwechslungsreicher als "die, die, das". Zudem ist in dieser Strophe alles im Singular. Ist aber vielleicht Haarspalterei, was ich jetzt betreibe. Aye, die "Katz" ist dem Reim geschuldet. Aber ich denke, es geht, weil es umgangssprachlich ausgedrückt ist. In Wahrheit sind es sogar zwei Kater, die morgens durch meine Wohnung jagen. Aber die hätte ich im Reim nicht unterbringen können. Liebe Grüße an dich und deinen frechen Kater, Seeräuber-Jenny Geändert von Seeräuber-Jenny (28.05.2009 um 11:28 Uhr) |
02.06.2009, 15:36 | #7 |
Flaschenpost
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hallo Seeräuber Jenny,
du hast die Morgenstimmung in der Stadt in passenden Metaphern gehüllt, eingefangen und lieferst dem Leser so umfassendes Stadtbild. Dein Gedicht im Kreuzreim liest sich flüssig. Die Stimmung ist deutlich spürbar. Auch ich wäre, an einem solchen Morgen lieber eine Katze, die noch ein wenig träumen darf. Viele Grüße ruhelos
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Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen. (Mark Twain) |
02.06.2009, 18:53 | #8 |
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Ahoi Seeräuberin,
dieses Gedicht gefällt mir, auch wenn ich Berlin nicht so intim kenne. Du hast weiter oben geschrieben, diese Taubenbrut sei Lokalkolorit. Dann ist damit mein erster Einwand schon vom Tisch. Ich hoffe, es geht in Ordnung, wenn ich Alternativvorschläge unterbreite? Wenn du sie nicht gebrauchen kannst, sperr sie in Davy Jones Kiste: Der Morgen graut, die Taube gurrt, die Stadt erwacht zum Leben. Der Wecker, schrillt die Katze schnurrt, sie muss sich nicht erheben. Der Himmel ist ne dicke Wand, drauf malen Krähen Kreise. Hab schon ne Kippe in der Hand, der Kaffee tröpfelt leise. (sagenhafte Strophe, das Sahnestück des Gedichts für mich) Der Müllcontainer scheppert roh die Katze durch die Räume, (k.A. wie du zu Wortfalschgebrauch stehst) mich aus der Tür und ins Büro - tabu für süße Träume Das Frauchen finde ich furchtbarlich Die Masse quetscht sich ungestüm in engen U-Bahn-Schächten Im Wagen riecht es nach Parfüm und nach durchzechten Nächten. Die Ampel kartzt erneut am Rot, doch das kann ich noch schaffen. Da fährt ein Raser mich fast tot vor anderen die gaffen. Ach, könnte ich ein Kätzchen sein, ich finge große Hummeln und legte mich ins Körbchen rein, den Morgen zu verbummeln. Ach könnte ich ne KAtze sein ich kehrte selbstbewusst der Welt den Rücken, schliefe ein und wüsste nichts von Frust. Ich weiß, ich habe ziemlich reingepfuscht, aber es hat Spaß gemacht, an diesem schönen Stück zu drehen. Nimm wie gesagt die vorgenommenen Änderungen als eine Äußerung aus einer anderen Ecke. Mir ist vor allem die letzte Strophe zu süß, aber das ist Geschmäcklichkeit und keine Kritik in diesem Sinne. lG RiffRaff |
02.06.2009, 22:17 | #9 | ||||
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Ahoi ruhelos,
wie schön, dass wir diesen Donnerstagmorgen in Berlin gemeinsam erleben konnten, auch wenn es nur virtuell war. Katzen sind zwar keine Dichter, aber Lebenskünstler. Wie gerne würde ich mit ihnen tauschen und hinter Fellmäusen herjagen statt hinter dem lieben Geld. Herzlichen Gruß Seeräuber-Jenny Ahoi RiffRaff, nicht nur die Tauben gehören zum Berliner Lokalkolorit. Wir haben viele Wildtiere hier: Greifvögel, Elstern, Füchse, Kaninchen, Dachse, Wildschweine und noch viele mehr. Es gab sogar zwei Seeadler. Ich freue mich, dass du dir die Mühe gemacht hast, eine neue Version des Gedichts vorzustellen. Deine Vorschläge waren gewiss nicht für die Katz, und so will ich gerne darauf eingehen: Zitat:
Aye, die 2. Strophe ist für mich auch die schönste. Die Zeit der Ruhe, der Muße, der Tagträumerei, bevor die Pflicht beginnt. Die 3. Strophe überzeugt mich nicht. Für mich lesen sich die ersten zwei Zeilen so, als würde der Müllcontainer die Katze durch die Räume scheppern, da das Verb "jagen" fehlt. Auch würde mich die Katze niemals aus der Tür jagen. Ich könnte ihr keine größere Freude bereiten, als weiter mit ihr zu kuscheln. Mit Abkürzungen wie Katz habe ich eigentlich keine Probleme. Ich könnte ein Apostroph dahinter machen. Das "Frauchen" scheint für Nicht-Berliner ein Graus zu sein. Das Wort wird in diesem Gedicht nicht im frauenverachtenden Sinne verwendet. In Berlin ist es unter Katzen- und Hundebesitzerinnen weit verbreitet, von sich selbst als "Frauchen" zu sprechen. Auch nennen sich männliche Hundebesitzer manchmal selbst "Papa". Zitat:
Zitat:
Zitat:
Entspricht zwar nicht dem von mir verwendeten Versmaß, wäre aber ein herrlicher Schluss. Vielleicht übernehme ich ihn. Bin mir noch nicht schlüssig. Zugegeben, mein Schluss ist zuckersüß und wirkt vielleicht ein bisschen kitschig. Aber an diesen Tagen, an denen mir ein rauher Wind um die Ohren weht, wäre ich manchmal gerne noch ein Kind. Danke für deine Vorschläge. Es hat Spaß gemacht, den Berliner Morgen mal mit etwas anderen Augen zu betrachten. Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Geändert von Seeräuber-Jenny (02.06.2009 um 22:26 Uhr) |
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02.06.2009, 22:35 | #10 |
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Hallo Jenny,
schön, dass du was anfangen konntest mit meinen Einlassungen. Bezüglich des Missverständnisses in S 3 Es war auch so gedacht, dass der Mülleimer die Katze roh durch die Wohnung scheppert und das lyrische Ich mit diesem Scheppern aus dem Haus treibt. Deswegen habe ich auch wegen Wortmissbrauch (das sollte sich auf meine Verwendung von scheppern beziehen) gefragt. Beim Abschlussvers habe ich - peinlich - nicht auf deine Vorgaben geachtet, eine Zeile betont und die nächste dann unbetont enden zu lassen. Passt daher nicht so recht zu deinem Gedicht, aber zu meiner Katze, die die Vorlage geliefert hat, lG RiffRaff Wie wärs wenn der WEcker summt brummmt knarrt dröhnt ächzt seufzt klagt Geändert von RiffRaff (02.06.2009 um 22:45 Uhr) |
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