10.04.2011, 17:55 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Die Stille vor dem Schrei
Die Stille vor dem Schrei
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20.04.2011, 20:29 | #2 |
Lyrische Emotion
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Guten Abend Stimme der Zeit,
das ist ein wunderschönes Gedicht. Ich habe es jetzt mehrere Male gelesen und die tiefe Wehmut darin verspürt. Die Worte sind einfach zauberhaft und die Bilder wirken wie gemalt. Der Leser kann sich richtig in das (Er)Leben und Sterben des alten Baumes hineinversetzen. Man sieht die Zeit förmlich wie in einem Film ablaufen. Es ist dir gut gelungen, dich in den alten Baum hinein zu versetzen, aus seiner Sicht zu beschreiben, jedoch auch als Mensch moralisch zu urteilen, ohne dabei den erhobenen Zeigefinger zu benutzen. Es wirkt fast wie eine Symbiose zwischen Mensch und Baum, was nur funktionieren kann, wenn das Subjekt mit dem zu beschreibenden Objekt verschmilzt und sich möglichst objektiv aller Vorurteile bei der Beschreibung enthält. Das ist hier auf jeden Fall gegeben. Ein eher freies Gedicht, welches nicht durch eine einheitliche Metrik sondern mehr durch einen natürlichen Sprachgesang getragen wird (und doch oft flott durch den meist verwendeten Daktylus wird, was auch dem Zeitablauf entsprechend ist). Die zwischen den Strophen eingestreuten Reime runden dieses Bild noch ab und machen den Text angenehm zu lesen. Ich kann also nur ein Lob hierlassen. Das ist ein Gedicht, welches nachvollziehbar und glaubhaft und somit authentisch wirkt und den Leser zu berühren vermag. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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20.04.2011, 22:08 | #3 | ||
Erfahrener Eiland-Dichter
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Guten Abend, Falderwald,
ich freue mich und bin zugleich erstaunt. Du bist der Einzige, bei dem dieses Gedicht, dessen "Machart" ich zugegebenermaßen experimentiell angesiedelt habe, tatsächlich ankommt. Ich habe hier sowohl mit dem Amphibrachys als auch mit dem Hexameter experimentiert, ich wollte (was mich generell am meisten reizt) herausfinden, was ich daraus machen kann. Zur Zeit habe ich häufig "Verständnisprobleme" mit Lesern, da ich versuche, von dem klassischen Weg des "LyrIchs" abzuweichen. Hier habe ich in der Tat versucht, den Baum "sprechen" zu lassen, aber nicht mit eigener Stimme, da er ja keine hat. Wer also spricht? Das wollte ich gerne dem Leser / der Leserin überlassen. Du hast mit deiner Lesart gut getroffen. Zitat:
Er ist ja kein Mensch, der genau das tun würde. Ich habe festgestellt, dass es nicht leicht ist, ein Gedicht zu schreiben, das einen anderen Betrachtungswinkel als den rein menschlichen darstellt. Statt dessen teste ich Möglichkeiten aus, d. h. ich versuche, ein Baum, ein Traum oder ein Hase zu "sein" wenn ich schreibe. Deshalb muss ich zugeben, wie sehr es mich freut, wenn jemand das erkennt. In allen Foren, die ich bisher besucht habe, wird allgemein gesagt: "Etwas Neues, bitte, nicht immer das Alte, das Ausgelutschte! Her mit Innovationen!!!" Aber wehe, wenn man genau das verwirklicht ... Mir wird gesagt: Das sind "misslungene" Hexameter - ich würde sie eher "H(extra)meter" nennen. Mir ist durchaus bekannt, wie ein Hexameter beschaffen ist, dass normalerweise Trochäen nur in den ersten 4 Versfüßen zum Einsatz kommen dürfen, dass die Zäsur im 3. oder 4. Versfuß zu sitzen hat, etc., etc. und ich weiß, dass der Amphibrachys im Kreuzreim mit 12 Silben daherkommen soll. *Seufz* In einem anderen Werk habe ich mir den Anapäst "geschnappt" und ein surreales Traumsequenzen-Gebilde geschrieben. Reaktion: "Befremdlich, und das Metrum passt nicht, der Anapäst hat einen stampfenden, kriegerischen Rhythmus." Über dieses Thema sprach ich bereits mit Yoapharél in einem ihrer Fäden. Im gleichen Atemzug kam ein Kommentar, das von einem "einschläfernden" Rhythmus und "unzusammenhängenden, zu rasch wechselnden Bildern" sprach - *räusper*(Jetzt hätte ich gerne einen Smiley der vielsagend eine Augenbraue hochzieht). Ehrlich, manchmal dachte ich, ich geb's auf. Wenn die Oberfläche nicht sofort klarmacht, was da steht, dann taugt es nichts, so die Meinung der Mehrheit. Ich versuche, neue Wege zu finden, Effekte zu entdecken (und zu nutzen!), Metrum, Rhythmus, Bilder, Assoziationen und Inhalt zu "formen". Das entwickelt sich zu einer Leidenschaft, die ich nicht mal bei meinem "Häschen-Gedicht" ganz außen vor lassen konnte. Zitat:
Lieben Gruß Stimme der Zeit
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Geändert von Stimme der Zeit (20.04.2011 um 22:21 Uhr) Grund: Kleine Ergänzung. |
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20.04.2011, 23:12 | #4 |
Lyrische Emotion
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Hi Stimme der Zeit,
ja, ich kann das alles nachvollziehen. Jedoch konnte es hier nicht gelingen, das LI als Subjekt ganz heraus zu lassen. Am Anfang bin ich auch darüber gestolpert und die Übergänge vom Baum zum LI erschienen mir zu diffus. Jedoch beim zweiten und dritten Lesen wurde mir klar, daß es gar nicht anders geht und das Problem eigentlich gut gelöst wurde. (Es geht ja über den Tod des Baumes hinaus und das LI zieht den Vergleich von der Stille, die einst an diesem Orte herrschte, bis hin zur jetzigen Straße mit all ihren Geräuschen.) Das macht ja auch das Besondere eines Textes aus und ich bin der Meinung, die Aussage muss nicht auf den ersten Blick erkennbar sein, so lassen die Bilder, wenn sie denn richtig darstellen, auch einen weiteren Interpretationsspielraum. Lass dich nicht entmutigen, dieser Text ist auf seine Art sehr aussagekräftig und das experimentelle Metrum ist auf jeden Fall innovativ. Du hast nicht nur mit dem Hexameter experimentiert, sondern auch mit dem Wechsel zwischen Amphibrachys und Daktylus (der m. E. hier vorherrschend auftritt, S2, S3, S4). Als misslungen würde ich das keinesfalls bezeichnen, es ist eindeutig eine Struktur erkennbar und das zeichnet die Kunst aus, wie ich schon so ähnlich in einem anderen Faden schrieb. Das Metrum engt nicht ein, im Gegenteil lässt es viel Platz für Experimente, doch dafür ist es wichtig, das grundlegende Handwerk zu beherrschen. Und ich glaube, daß du das drauf hast... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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22.04.2011, 13:05 | #5 | ||
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo, Falderwald,
diesen Kommentar habe ich gerade erst entdeckt, ich bin (bisher) weiterführende Antworten nicht gewohnt, daher sah ich gar nicht nach. Ich bin beim Suchen nach einem Gedicht zum Kommentieren darüber "gestolpert". Das hätte mich in meiner "Ehre" gekränkt - bisher bin ich ziemlich stolz darauf, noch jeden Kommentar ausnahmslos beantwortet zu haben. Lieber Falderwald, das hier ist eins der schönsten Komplimente, die mir bislang gemacht worden sind: Zitat:
Natürlich weiß ich, dass ich noch viel, viel zu lernen habe. Viele "Experimente" poste ich gar nicht erst, weil ich sie selbst für völlig misslungen halte. Manche poste ich, und ich weiß, dass zwangsläufig Fehler darin sind. Aber so lange jemand sie ohne "Schreck-lass-nach"-Gedanken lesen kann, will ich zufrieden sein. Momentan poste ich deshalb viel seltener als früher, die Quote liegt (geschätzt) bei 1:10. Sieht ungefähr so aus: 9 Exemplare für mein privates Archiv - 1 Exemplar, für Leser zumutbar - Das macht mir gleichzeitig auch das Kommentieren schwerer, ein Gedicht muss mir etwas sagen, damit ich meinerseits auch etwas zu sagen habe. Zitat:
Herzlichen Dank für deinen freundlichen, ermunternden Kommentar. Liebe Grüße Stimme der Zeit Edit: Danke, lieber Falderwald, ich genierte mich da ein bisschen, aber ich habe deinen Link (ermutigt von dir) gleich in Anspruch genommen.
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Geändert von Stimme der Zeit (22.04.2011 um 14:57 Uhr) Grund: Edit: hinzugefügt. |
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22.04.2011, 14:11 | #6 |
Lyrische Emotion
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Moin Stimme der Zeit,
da muss ich mich noch einmal kurz zu melden. Dieses "konnte nicht gelingen" war keinesfalls negativ gemeint. Die Idee hinter dem Text war nur so umsetzbar, weil sie sonst nicht glaubwürdig gewirkt hätte. Das Menschsein können wir nie ganz ausblenden, weil wir nur durch unsere eigenen und ganz individuellen Sinneserfahrungen und Gefühle etwas auszudrücken vermögen. Wir haben nur unsere Sinne, um mit der (Außen)Welt in Kontakt zu treten. Dadurch können wir auch nur unsere Eindrücke auf andere Dinge, einschließlich aller anderen Lebewesen, übertragen, sonst wäre das nicht vermittelbar. Selbst wenn ich wüsste, wie z. B. ein Baum fühlte, könnte ich die Vorstellung davon doch nur mit meinen Worten beschreiben, wodurch ich diesen Vorgang wieder vermenschliche. Das ist die Crux, der wir Dichter uns immer und allenthalben zu stellen haben. Doch je besser sich ein Gedicht vom Lyrischen Ich, also vom betrachtenden Subjekt, abhebt, desto genialer kann der Text nur werden. Davon bleiben sogar selbstbeschreibende Texte nicht ausgenommen, wie könnten sonst dem "unwissenden" Leser z. B. Gefühlslagen und Stimmungen vermittelt werden? Aber ich finde das in diesem Text, wie schon erwähnt, wirklich gut gelungen und umgesetzt. Liebe Grüße Bis bald Falderwald PS: Man muss auch nicht jeden Text veröffentlichen, vor allem wenn man selbst merkt, daß er noch mit Schwächen behaftet ist. Das kann man überarbeiten oder aber, wenn es sich nach Ansicht des Autors lohnt, hier auch im Forum mit anderen Autoren zusammen besprechen. Diese Möglichkeit ist ja auch noch gegeben.
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