07.08.2011, 22:08 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Echo-Gedicht
Echo auf 'Die Bergstimme'
Ein Reiter durch das Bergtal zieht, In munterm Trab dahin: 'Ach! zieh ich jetzt wohl ins finstre Grab, Oder zieh ich zum Liebchen hin?' Drauf schallts im Berge drin: 'Zum Liebchen hin!' Und weiter reitet der Reitersmann, Und ruft zum Berg im Scherz: 'So ziehe ich denn zum Liebchen hin - Sie kennt mein treues Herz!' Vom Berg klangs himmelwärts: 'Mein treues Herz!' Der Reitersmann schwingt seinen Hut, und gallopiert ein Stück: 'Mein Liebchen ist so treu und gut - Ich reit ins ew'ge Glück.' Die Stimme ruft zurück: 'Ins ew'ge Glück!' Thomas Die Bergstimme Ein Reiter durch das Bergtal zieht, Im traurig stillen Trab: 'Ach! zieh ich jetzt wohl in Liebchens Arm, Oder zieh ich ins dunkle Grab?' Die Bergstimm' Antwort gab: 'Ins dunkle Grab!' Und weiter reitet der Reitersmann, Und seufzet schwer dazu: 'So ziehe ich denn ins Grab so früh - Wohlan im Grab ist Ruh!' Die Stimme sprach dazu: 'Im Grab ist Ruh'!' Dem Reitersmann eine Träne rollt Von der Wange kummervoll: 'Und ist nur im Grabe die Ruhe für mich - So ist mir im Grabe wohl.' Die Stimm' erwidert hohl: 'Im Grabe wohl!' Heinrich Heine Nachdem ich das Spiegelgedicht von Stimme der Zeit gelesen habe, ist mit dieses Gedicht wieder in den Sinn gekommen. Vielleicht regt es an, ähnliche 'Echos' auf Gedichte oder 'Spiegelungen' von Gedichten anzufertigen. Viele Grüße Thomas |
08.08.2011, 18:34 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Hallo Ida,
schön dass dich das Gedicht interessiert hat. Es ist nicht verwunderlich, dass du den Begriff 'Echo-Gedicht' noch nicht kennst, ich habe ihn nämlich (in Anlehnung an 'Spiegelgedicht') gerade erfunden. Möglicherweise gibt es mehr Gelegenheiten, solche 'Echos' zu schreiben, als du vermutest. Mir geht es ab und zu so, dass ich dem Dichter antworten möchte. Nur die angemessene Ausführung ist bei guten Dichtern meist nicht ganz einfach, was dazu führt, dass ich es schließlich doch aufgebe. Aber vielleicht haben andere ja eine glücklichere Hand. Bezüglich des Metrums habe ich, soweit als möglich, Heinrich Heine vertraut, der hatte es garantiert drauf. Vielen Dank und liebe Grüße Thomas |
08.08.2011, 19:05 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 1.836
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Hallo, Thomas,
das ist eine interessante Anregung. An ein „Echo-Gedicht“, wie du es nennst, habe ich noch gar nicht gedacht. Mit Sicherheit ist es eine gute Übung, statt dem Text den Inhalt eines anderen Gedichts zu „spiegeln“. Du stellst einem traurigen, sogar düsteren Gedicht ein munteres und fröhliches Thema gegenüber. Nun, eine meiner „Schwächen“ liegt in der Ausarbeitung bzw. „Wiedergabe“ von Gefühlen. Da mein Denken eher rational ist (mir wurde „struktuiertes Denken“ schon oft „bescheinigt“) fällt mir diese Darstellung manchmal eher schwer. Deshalb gefällt mir die Idee, auch den emotionalen Kontext wider zu spiegeln. (Üben, üben …) Jetzt aber zu deinem Gedicht. Du hast die Verse wirklich unmittelbar am Original „festgemacht“, durch die „Umkehrung“ der Verse wendet sich auch die Aussage ins Gegenteil. Dein Gedicht „trabt“ und „galoppiert“ wirklich munter daher. Die Stimmung transportierst du sehr gut. Das Metrum ist sehr genau „nachgebildet“, lediglich in der 3. Strophe hast du dir in den Versen 1, 3 und 4 ein wenig „Freiheit“ genommen, und sie ein wenig „geglättet“, wie mir scheint. Bei meiner Vorliebe (s. o., die Sache mit meinem „Denken“) sagt mir der reine Jambus natürlich zu. Es stellt sich die Frage, ob man bei einem „Echogedicht“ auch das Metrum exakt nachbilden soll – nun, zu damaligen Zeiten galten andere Regeln, daher finde ich es nicht falsch, das Gedicht ein wenig den heutigen Gegebenheiten „anzupassen“. Jedenfalls habe ich vor, in nächster Zeit selbst einmal „Echo“ zu spielen. Auf ein paar kleine Fehlerchen möchte ich dich aufmerksam machen: Strophe 1, Vers 2 – „In muntrem Trab …“ Außerdem, so weit ich weiß, ist es immer noch üblich, bei Auslassung des Substantivs „es“ einen Apostroph zu setzen, also „schallt’s“ und „klang’s“; stattdessen kann (sollte) er bei „ewge“ fortgelassen werden. Bitte noch „galoppiert“ – der Galopp. (Sind aber nur ein paar Linsen, nicht groß genug für Erbsen.) Sehr gerne gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme
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11.08.2011, 17:19 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo GeHeimer,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich gebe nicht viel auf Autoritäten. Mich interessiert auch nicht, ob Heinrich Heine einen Namen hat oder nicht. Er ist einfach ein wirklicher Könner, von dem man viel lernen kann. Du hast Recht, es gibt viele berühmte Künstler mit großem Namen, die viel Schrott produziert haben und von denen man nichts lernen kann. Viele Grüße Thomas |
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