05.12.2011, 19:50 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Teufelskreis
------------------------------------------------Teufelskreis Nach (richtigen) Hinweisen habe ich 3 Stellen im Gedicht geändert. Danke, Chavi, Dana und Thomas! Zum Vergleich hier die Verse im "Original": Strophe 4, Vers 5 - Das Selbst liegt mit sich selbst im Widerstreit, Strophe 5, Vers 3 - sich paradoxerweise trotzdem schließen. Strophe 5, Vers 6 - bedarf es einer Stärke, die nicht jeder
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Geändert von Stimme der Zeit (06.12.2011 um 17:55 Uhr) Grund: 3 Stellen im Gedicht geändert. |
05.12.2011, 20:22 | #2 | |
ADäquat
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Liebe Stimme,
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Geändert von Chavali (05.12.2011 um 20:31 Uhr) Grund: Zeile eingefügt |
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05.12.2011, 20:37 | #3 | |
Slawische Seele
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Liebe Stimme,
fast "zu schade" für Experimentelles, weil dort in Relation weniger gelesen wird. Ein gewaltiger Text, der in "nur" fünf Strophen mit je acht Versen die gesamte Schwere des Seins erfasst. Die ersten drei Strophen zeigen Gedankenkreise in Stunden, Tagen und Nächten auf. Der "Denker" gerät beinahe in eine "Routine". Der Tag lenkt mit seinen Geschehen ab und zieht eigene Kreise, die durchlaufen werden wollen (und müssen: Arbeit, Haushalt, Gesellschaft usw. Danach (Abend, Nacht) ziehen Wolken darüber. In dem wir Revue passieren lassen, klopfen Zweifel, Unzufriedenheiten, Ärgernisse und Trauer an. Wer über die Kindheit und Jugend hinaus ist, kann das sehr gut nachvollziehen. Diese Wirklichkeiten jedoch bilden weiterhin eine kreisende Spirale. Das zeigen die zwei letzten Strophen auf. Es ist nicht damit getan, dass es so ist. Es wird noch schlimmer, und zwar dann, wenn wir den Teufelskreis erkennen. Wir rennen gegen Mauern und bleiben doch Hamster im Laufrad. (Eine schöne und neue Metapher.) Ab letzte Strophe gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder ein Versinken in den Ausweglosigkeiten oder der Einsatz des Willens. Ein großes Ziel, dass so manchem nicht gelingt. Du sagst es selbst: Zitat:
Befreiung? Hier ist keine. Sie zu finden, bedarf der (einer) Stärke, die nicht ... Das kleine "es" wird als Füllwort zu fühlbar und ist sprachlich nicht mehr ganz rein. (Du weißt, was ich meine - auch, dass man das nur bei anderen sieht und selten bei sich selbst. Befreiung? Hier ist keine! Sie zu finden, bedarf besondrer Stärke, die nicht jeder besitzt, denn .... Natürlich ist mir auch die andere Reimart oder Reimtechnik aufgefallen. Erst a b,a b - dann a a, b b, usw. Aber dann, je undurchdringlicher die Kreise, desto mehr setzt die "Ungereimtheit" ein, die mit dem Lesefluss wieder aufgefangen wird. Ein gelungenes Experiment, dass im Durchbruch mündet. Man prallt mit Gewalt - um zu durchbrechen. Das Durchbrechen hast du als letzes ungereimtes eingesetzt - es steht allein da, weil jeder für sich allein hindurch muss. Ich hoffe, liebe Stimme, dass ich hier mit meiner Anerkennung und Bewunderung auch einen Durchbruch geschafft habe - sie gelten dir. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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05.12.2011, 23:06 | #4 | ||||||||||||||||
Erfahrener Eiland-Dichter
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Zur Erklärung, ganz kurz: Ich stellte es eigentlich aufgrund des Reimschemas ein, das von reinen Reimen, äquivoken Reimen über Assonanzen und nur teilweise vorhandenen Reimen bis hin zu Blankversen reicht (ein Experiment) und aufgrund meiner "Modifikation" der Strophenform "Siziliane".
Aber ich habe es jetzt in die "Finstere Nacht" verschoben, denn die Thematik ist entsprechend. Stimme/Mod ------------------------------------------------------------------ Liebe Chavi, Zitat:
Zitat:
Zitat:
Dichterlos Für alle muß vor Freuden Mein treues Herze glühn, Für alle muß ich leiden, Für alle muß ich blühn, Und wenn die Blüten Früchte haben, Da haben sie mich längst begraben. Zitat:
Zitat:
Es freut mich, dass du dich mit einer Art Gedicht befasst hast, das eigentlich nicht unbedingt dein "Geschmack" ist, ich weiß es sehr zu schätzen. Liebe Grüße Stimme ------------------------------------------------------------- Liebe Dana, Zitat:
Zitat:
Zitat:
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Zitat:
Zitat:
Auch hier möchte ich über den Vers noch etwas nachdenken, denn "besondrer" wäre die einzige Elision im Gedicht, das würde mich dann ebenso stören wie das deplatzierte "es". Wenn allerdings du oder jemand anderes einen Vorschlag hat: Nur her damit, ich freue mich! Zitat:
Zitat:
Zitat:
Liebe Grüße Stimme --------------------------------------------------------------------- Edit: Nach etwas "Grübeln" über die beiden Verse habe ich ein paar Alternativen gefunden, und würde mich freuen, Meinungen dazu zu lesen: Anstelle von Das Selbst liegt mit sich selbst im Widerstreit, wären möglich: Das Ich liegt mit sich selbst im Widerstreit Das Selbst liegt innerlich im Widerstreit Und anstelle von bedarf es einer Stärke, die nicht jeder fiel mir ein: erfordert eine Stärke, die nicht jeder verlangt nach einer Stärke, die nicht jeder benötigt eine Stärke, die nicht jeder ? Liebe Grüße Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (05.12.2011 um 23:39 Uhr) |
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06.12.2011, 14:03 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo Stimme der Zeit,
Ich möchte dich zu diesem mutigen Experiment beglückwünschen, welches mir sehr gefällt. Die Form des Gedichts ist nicht nur Interessant, sondern erzeugt, passend zum Inhalt Spannung. Der wesentliche 'Dreh- und Angelpunkt' ist die mittlere Strophe. Die ersten beiden Strophen beschreiben einfach nur den Gedankenkreis zwischen Tag und Nacht, bzw. Hell und Dunkel. weiblicher Wechselreim, alles fließt natürlich dahin. Es könnte sorglos so weitergehen, wie alles bleibt, wenn die Sonne auf- und niedergeht. Doch in der dritten Strophe nimmt die Dunkelheit überhand. Die Zeilenenden werden männlich hart und die Paarreime, die obendrein unrein sind, erzeugen (wegen des Kontrasts zu den reinen Reimen der beiden ersten Strophen) unweigerlich Spannung. Und dann geschieht es genau in der Mitte der 3. Strophe, dass mit der Frage nach dem Sinn des Gedankenkreisens ('Was hilft..?') das Denken über das kreisende Denken beginnt. Dieses Abgleiten in eine andere Ebene ist verbunden mit einer Wertung. Dunkel und Hell stehen nicht mehr, wie in den beiden ersten Strophen, nebeneinander, sondern, das 'Leuchten' wird plötzlich zur 'Illusion' und die 'Dunkelheit' wird zum 'Spott und Hohn lachenden' Teufel. Die letzten beiden Strophen versuchen sich aus diesem tiefen Kreis des 'Wahnsinns', den der Volksmund treffend 'spinnen' nennt und den ich selbst ein wenig von Migräneanfällen her kenne, zu befreien. Ganz gelingt das nicht, aber eine Richtung wird angezeigt, die unreinen Reime bleiben, aber es werden in der letzten Strophe wieder weibliche Reime, die auf das Wort 'durchbrechen' zulaufen. Der Leser verlässt das Gedicht betroffen mit diesem Wort - 'durchbrechen'. Das Gedicht ruft Fragen wach. Bei mir z.B.: Gibt es nur den Ausweg der Stärke? Kann nicht auch eine gelassen Resignation in den Wechsel von Hell und Dunkel ein Ausweg sein? Ist der Ausgangspunkt, die negative Wertung als Illusion, notwendig? Vielleicht gehören Illusionen ja zum menschlichen Denken dazu und sich durchaus hilfreich für die Verarbeitung unserer Gedanken? Das gäbe der Poesie und der Kunst einen ganz anderen Stellenwert, als unser von Logik geprägtes Weltbild erlaubt. Abschließend noch eine klitzkleine Kritik. Das Hamsterrad ist mir ein zu niedliches Bild und nicht ganz treffen, da das Tierchen jederzeit aus seinem Spielzeug herausspringen kann. Ein in eine Drehmühle eingespannter Ochse kann das nicht. Das 'trotzdem' in der letzten Strophe klingt überflüssig, bzw. es steht auf etwas zu dünnen Beinen und müsste besser erklärt werden. Auch das 'absurd' passt meiner Meinung nach nicht gut für die 'Quadratur des Kreises', die war, bevor man die transzendenten Zahlen entdeckte, nicht möglich, aber 'absurd'? Hoffentlich war ich nicht zu pingelig. Liebe Grüße Thomas |
06.12.2011, 17:30 | #6 | ||||
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Hallo, Thomas,
Zitat:
Bezeichnend für dieses Gedicht ist auch, dass es hier kein LI gibt. Das hat seinen Grund, vorher - gab es nicht wirklich jemanden, sondern lediglich einen "funktionierenden Automaten". Hier ist es erforderlich, sich vorzustellen, dass das LI erst nach dem Durchbruch zu sich selbst findet und dadurch dann "zu Tage tritt". Das Erkennen des Teufelskreises ermöglicht erst das Erkennen der "Gefangenschaft", des "Eingesperrtseins". Zuvor war das (indirekt vorhandene) LI nicht unbedingt unglücklich, aber auch nie froh, eher "abgestumpft", denn wo kein Schmerz ist, ist auch keine Freude. Der Wechsel von Tag und Nacht fand "einfach statt". Eine "Existenz, ohne wirklich zu leben". Das Erkennen eines solchen Zustands ist zwangsläufig schmerzhaft, und kann durchaus verzweifeln lassen (man bedenke das Sprichwort: Das kann einen ja wahnsinnig machen! - Es ist also kein "Wahnsinn" im Sinne von "verrückt" gemeint). Das Schwerste ist das Akzeptieren, dass die Lösung des Problems nicht im Problem zu finden ist, sondern außerhalb. So ein "Durchbruch" bedeutet nicht, dass "physische" Gewalt angewendet wird, sondern es geht um die Psyche, um einen "geistigen Befreiungsschlag". Das alte Verhaltens- und Denkmuster muss "durchbrochen", schädliche Bindungen durchtrennt werden und es ist ein Neubeginn "außerhalb des alten Kreises" erforderlich. Das verlangt Mut (denn die "Konsequenzen" wirken bei Betrachtung - vor allem der Verlust der "materiellen Sicherheit", die zuvor gegeben war - eher "abschreckend"), aber es ist zu erreichen, wenn man einmal den Entschluss dazu gefasst hat. Das Gedicht führt absichtlich nicht weiter, denn es beschreibt den "Weg" und lässt das "Ziel" lediglich "in Sicht" kommen. Das "Weiterdenken" bleibt dem Leser überlassen, denn das ist, wie Dana richtig anmerkte, etwas, das jeder deshalb alleine tun muss, weil es dafür keine "allgemeingültige Methode" gibt. Den "Durchbruch" kann jeder nur auf die eigene Art und Weise schaffen, denn auch die daraus resultierenden Konsequenzen (die nicht ausbleiben) sehen bei jedem Menschen anders aus. Zitat:
Resignation ist nie ein Ausweg, lieber Thomas. Zitat:
Zitat:
Was das "trotzdem" betrifft, ja, das ist nicht 100%ig gelungen. Ich denke darüber nach, und finde sicher etwas Passenderes, hier gebe ich dir recht. Allerdings möchte ich das "Absurd" gerne behalten, denn es bezieht sich nicht nur auf die Quadratur des Kreises (und, es ist absurd, dass, nachdem heute klar ist, dass sie mit Lineal und Zirkel nicht zu erreichen ist, immer und immer wieder Versuche unternommen werden, es dennoch zu schaffen - ich sehe es als absurd an, seine Kräfte auf Unmögliches zu auszurichten, anstatt auf das Mögliche), sondern in erster Linie und vor allem auf das (scheinbare) Paradoxon, dass sich Wege "verschließen" können ohne sich zuvor zu "öffnen". Daher auch die Formulierung: "Absurd, so wie die Quadratur des Kreises." Man muss sich darüber klar werden, dass sich bezüglich dieser "Quadratur per Hand" auch immer noch hartnäckig der Irrglaube hält, es gäbe für die "Lösung" einen "Preis" ... Die Entdeckung der transzendentalen Zahlen (ich bin keine Mathematikerin und verstehe sie daher nicht wirklich, bin mir aber schon im Klaren, dass es sich hier z. B. um PI - π handelt) hat das natürlich mittlerweile gelöst. Aber es wird niemals mit Zirkel und Lineal funktionieren, ich habe mich "schlau" gemacht, das wurde bereits 1882 von Ferdinand von Lindemann bewiesen - sofern ich da richtig liege, nicht alle Informationen, die per Suchmaschine gefunden werden, sind immer richtig. Fazit: "Absurd" dient lediglich zum Herstellen eines "vergleichenden Bezugs" zwischen "Unmöglichkeiten". Ich hoffe, ich konnte das ein wenig erklären, und nein, du bist überhaupt nicht "pingelig". Mit "trotzdem" befasse ich mich noch, mal sehen, was mir einfällt. Jedenfalls bedanke ich mich herzlich für deinen Kommentar, denn mir ist klar, dass du das Gedicht sehr aufmerksam gelesen hast, was keine Selbstverständlichkeit ist, sondern etwas, über das ich mich immer besonders freue. Liebe Grüße Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (06.12.2011 um 17:41 Uhr) Grund: Eine kleine Ergänzung. |
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