17.01.2012, 18:05 | #1 |
Von Raben umkreist
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Nächtliches Vergnügen
Den Arm ganz lässig auf der Lehne
kutschier ich stolz die blonde Kleene. Ich fahr ganz links und mit viel Schwung, im Roadster werd ich wieder jung. So drehen wir manch schnelle Runde und haben Spaß zu später Stunde, als ich mal kurz nach hinten schau, seh ich ein Licht und das blinkt blau. Sie sind zu viert, ich seh sie lachen, die wolln mich doch nicht fertig machen. Sie fahrn dicht auf, ziehn nicht vorbei, die Freunde von der Polizei. Ich trank bestimmt so fünf, sechs Bierchen, davon seh ich noch keine Tierchen. Verschlang auch manche fette Wurst, das gibt halt einen Riesendurst. Gefährlich nah heult die Sirene, erschreckt vor mir zwei weiße Schwäne; und hintendrein, ich kann nicht mehr, da hupt auch noch die Feuerwehr. Ich sollte nicht mehr so viel trinken, warum bloß all die Menschen winken. Jetzt auszusteigen, wär mir recht, denn mittlerweile ist mir schlecht. Wir halten an und in dem Drängeln, da hör ich meine Kleine quengeln: „Nun komm schon Opa, mach doch schnell, wir fahren noch mal Karussell.“
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»Erich Kästner« |
17.01.2012, 19:34 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Sei mir gegrüßt, "der mit dem langen Schnurrbart", um den Huginn und Muninn kreisen!
(Ich wusste nur von den Raben, aber so eine Suchmaschine hilft doch beträchtlich dabei, sich in nordischer Mythologie weiterzubilden. Der Name gefällt mir.) Irgendwie passt das gut zum Gedicht, denn auch da kreisen Zwei - Opa und Enkelin. Wobei ich bildschön aufs Glatteis geführt wurde, denn ich ahnte zwar irgendetwas (das Gedicht steht ja in der Humorrubrik, nicht ), aber die "Auflösung" findet sich wirklich erst in den beiden letzten Versen. Dickes Lob - die Pointe "sitzt" einwandfrei. Zuerst dachte ich wirklich, hier käme eine ganz andere Pointe, betreffs Polizei oder etwas Ähnlichem. Mit einem Karussell hatte ich nicht gerechnet. Das muss das "Opa-Enkelkind-Phänomen" sein. Meine Tochter schleppte nämlich ihren Opa auch in jedes Karussell, in die Geisterbahn, ins Spiegelkabinett etc., etc. Und ich erinnere mich wiederum an meinen Opa. (Das hätte nicht ins Gedicht gepasst, aber von Opas Teller schmeckt's besser, um es noch kurz zu erwähnen ... ) Aber ich bekunde dem Gedicht-Opa auch mein Mitgefühl. Fünf, sechs Bierchen, fettige Bratwürste und dann immer im Kreis rum - kein Wunder, dass ihm schlecht wird. Ich habe es dann mit dem "Wissen" um die Pointe ein zweites Mal gelesen, und dann musste ich erst recht kichern. Richtig gut gelungen! Und auch der vierhebige Jambus passt, ebenso wie der Paarreim und die alternierenden Kadenzen. Auch ein Lob zur "formalen Umsetzung". (Wolln, fahrn, ziehn - hier passt es dazu, deshalb: Bemerkt, aber nichts daran auszusetzen.) Aber das "dickste" Lob gilt wirklich dem Inhalt und dem stellenweise "trockenen" Humor in den Formulierungen. Das Gedicht gefällt mir wirklich sehr gut, ich habe es grinsend gelesen und kommentiert. Liebe Grüße Stimme
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17.01.2012, 23:55 | #3 |
asphaltwaldwesen
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ich hab mich auch köstlich amüsiert, sidgrani!
schön, wenn man so amüsant aufs glatteis geführt wird! lieber gruß fee
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18.01.2012, 09:27 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo Sidgrani,
ich finde das Gedicht sehr lustig und gut gemacht. Die Idee fand ich vor einiger Zeit schon einmal in einem anderen Forum auch auf recht gute Weise von Plotzn unter dem Titel "Verfolgungsjagd" zu einem Gedicht verarbeitet. Du kennst es wahrscheinlich nicht. Ich finde es sehr interessant, die Idee in doppelter Form verwirklicht zu sehen. Viele Grüße Thomas |
18.01.2012, 14:17 | #5 |
Von Raben umkreist
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Hallo Thomas,
das von dir angesprochene Gedicht kenne ich nicht, allerdings war das mit dem Karussell auch nicht meine Idee, irgendwo im Netz kursiert es als Rätsel. Ich danke dir und liebe Grüße Sidgrani
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