Gedichte-Eiland

Erich Kykal · 14.06.2013, 18:05

Als wäre nichts aus einem Geist der Demut
in diese Welt gewachsen, tun wir kund,
nur Stolz allein erhalte uns gesund
und sicher vor der Nabelschau der Wehmut.

An diesem Glauben reibt die Welt sich wund,
vergießt mit ihren Flüssen all ihr Schneeblut,
weil unser heißer Atem ihr so weh tut,
bis in der Tränenmeere dunklen Mund.

Doch haben wir auch diesen schon verloren -
von schwarzen Zähnen tropft das letzte Wort,
in Gift und Unrat unsres Wahns vergoren,

als wir uns feierten in einem fort,
der eigenen Unsterblichkeit verschworen,
vom Himmel träumend, aber niemals dort!

***Chavali*** · 18.10.2013, 19:04

Hallo Erich,

man darf nicht müde werden, auf dieses wichtige Thema hinzuweisen.
Du hast das hier mit eindringlichen Worten geschafft.

Allerdings fließen die Zeilen nicht wie von dir gewohnt, flüssig-poetisch dahin - vielleicht am Thema liegend.
Besonders auffällig in den beiden Quartetten.
Die Terzinen lesen sich sehr schön - so weit man das bei diesem Thema sagen kann.

Dennoch gern gelesen

LG Chavali

Erich Kykal · 18.10.2013, 19:20

Hi, Chavi!

Der ruppigere Duktus in den Quartetten entsteht wahrscheinlich durch die vielen männlichen Kadenzen dort. Zwar ist auch in den Terzinen auch nur ein einziger Reim von weiblicher Kadenz, aber das scheint schon viel auszumachen.

Natürlich weiß ich, dass Sonettzeilen unbetont enden sollten, also mit weiblicher Kadenz. Hier wollte ich aber - wie du richtig sagst, der Thematik wegen - eher forsch und kantig klingen. Das ist eben kein Inhalt für einschmeichelnde Klangharmonien!

Vielen Dank für Kommik und Lob!

LG, eKy

***Dana*** · 11.11.2013, 20:31

Lieber eKy,

ja, das Sonett klingt forsch und kantig - ganz und gar dem Thema angemessen. Es kommt sehr kritisch, traurig und verzweifelt an:
"Von schwarzen Zähnen tropft das letzte Wort" - sehr gut, weil auch die schwarzen Zähne nicht von ungefähr kommen.
(Wobei Klimawandel auch ohne uns stattfinden, aber sie brauchen Schuldige, um Kapital für die Zeit zu schröpfen, die noch bleibt.)
Und dann das zielen auf "himmlische Zeiten/Leben", die weder hier noch sonst wo zu finden sind.

Ein gut verkantetes Sonett.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal · 11.11.2013, 20:40

Hi, Dana!

Hier ist gemeint, dass die Zähne im dunklen Mund der Tränenmeere (womit im übertragenen Sinn die verschmutzten Weltmeere gemeint waren) von Öl (Gift und Unrat) so schwarz sind. diese Zähne kann man metaphorisch betrachten wie die Münder, oder vielleicht als Riffe und/oder Felsenküsten sehen.

In noch übertragenerem Sinne könnte man es aber auch wie du sehen: Wer sich nie die Zähne putzt, also sogar sich selbst verschmutzt, dem ist zuzutrauen, dass er mit der Umwelt kaum rücksichtsvoller umgehen wird!

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy

***Dana*** · 11.11.2013, 21:13

Das mit den Zähnen habe ich schon als "Umweltverschmutzung" im weiteren Sinne verstanden.
Habe es jedoch "eingeengt" auch so betrachten wollen, dass den meisten Menschen die Mittel für Hygiene, Pflege und medizinische Versorgung gar nicht gegeben sind - so dass auch ernste Worte zu Thema aus "schwarzen Mündern" kommen werden.
Der selbstgemachte Klimawandel "verschmutzt" auch den einzelnen Menschen.

Das musste ich noch einfügen.

Liebe Grüße
Dana

Erich Kykal · 11.11.2013, 21:25

Ach, so war das gemeint!

Nun, so haben wir eben schon 3 Interpretationsweisen...

Vielen Dank!

LG, eKy

14.06.2013, 18:05	#1
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Klimawandel Als wäre nichts aus einem Geist der Demut in diese Welt gewachsen, tun wir kund, nur Stolz allein erhalte uns gesund und sicher vor der Nabelschau der Wehmut. An diesem Glauben reibt die Welt sich wund, vergießt mit ihren Flüssen all ihr Schneeblut, weil unser heißer Atem ihr so weh tut, bis in der Tränenmeere dunklen Mund. Doch haben wir auch diesen schon verloren - von schwarzen Zähnen tropft das letzte Wort, in Gift und Unrat unsres Wahns vergoren, als wir uns feierten in einem fort, der eigenen Unsterblichkeit verschworen, vom Himmel träumend, aber niemals dort! __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (24.09.2019 um 19:40 Uhr)

18.10.2013, 19:04	#2
*Chavali* ADäquat Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Mitteldeutschland Beiträge: 13.004	Hallo Erich, man darf nicht müde werden, auf dieses wichtige Thema hinzuweisen. Du hast das hier mit eindringlichen Worten geschafft. Allerdings fließen die Zeilen nicht wie von dir gewohnt, flüssig-poetisch dahin - vielleicht am Thema liegend. Besonders auffällig in den beiden Quartetten. Die Terzinen lesen sich sehr schön - so weit man das bei diesem Thema sagen kann. Dennoch gern gelesen LG Chavali __________________ . Meine Gedichte *--- Meine Blumen-Mini-Sammlung ---* Trauergedichte © auf alle meine Texte *Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz* *

18.10.2013, 19:20	#3
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi, Chavi! Der ruppigere Duktus in den Quartetten entsteht wahrscheinlich durch die vielen männlichen Kadenzen dort. Zwar ist auch in den Terzinen auch nur ein einziger Reim von weiblicher Kadenz, aber das scheint schon viel auszumachen. Natürlich weiß ich, dass Sonettzeilen unbetont enden sollten, also mit weiblicher Kadenz. Hier wollte ich aber - wie du richtig sagst, der Thematik wegen - eher forsch und kantig klingen. Das ist eben kein Inhalt für einschmeichelnde Klangharmonien! Vielen Dank für Kommik und Lob! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (11.11.2013 um 20:35 Uhr)

11.11.2013, 20:31	#4
*Dana* Slawische Seele Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Inselstadt Ratzeburg Beiträge: 5.637	Lieber eKy, ja, das Sonett klingt forsch und kantig - ganz und gar dem Thema angemessen. Es kommt sehr kritisch, traurig und verzweifelt an: "Von schwarzen Zähnen tropft das letzte Wort" - sehr gut, weil auch die schwarzen Zähne nicht von ungefähr kommen. (Wobei Klimawandel auch ohne uns stattfinden, aber sie brauchen Schuldige, um Kapital für die Zeit zu schröpfen, die noch bleibt.) Und dann das zielen auf "himmlische Zeiten/Leben", die weder hier noch sonst wo zu finden sind. Ein gut verkantetes Sonett. Liebe Grüße Dana __________________ Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen, ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei)

11.11.2013, 20:40	#5
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Hi, Dana! Hier ist gemeint, dass die Zähne im dunklen Mund der Tränenmeere (womit im übertragenen Sinn die verschmutzten Weltmeere gemeint waren) von Öl (Gift und Unrat) so schwarz sind. diese Zähne kann man metaphorisch betrachten wie die Münder, oder vielleicht als Riffe und/oder Felsenküsten sehen. In noch übertragenerem Sinne könnte man es aber auch wie du sehen: Wer sich nie die Zähne putzt, also sogar sich selbst verschmutzt, dem ist zuzutrauen, dass er mit der Umwelt kaum rücksichtsvoller umgehen wird! Vielen Dank für deine Gedanken! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

11.11.2013, 21:13	#6
*Dana* Slawische Seele Registriert seit: 07.02.2009 Ort: Inselstadt Ratzeburg Beiträge: 5.637	Das mit den Zähnen habe ich schon als "Umweltverschmutzung" im weiteren Sinne verstanden. Habe es jedoch "eingeengt" auch so betrachten wollen, dass den meisten Menschen die Mittel für Hygiene, Pflege und medizinische Versorgung gar nicht gegeben sind - so dass auch ernste Worte zu Thema aus "schwarzen Mündern" kommen werden. Der selbstgemachte Klimawandel "verschmutzt" auch den einzelnen Menschen. Das musste ich noch einfügen. Liebe Grüße Dana __________________ Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen, ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei)

11.11.2013, 21:25	#7
Erich Kykal TENEBRAE Registriert seit: 18.02.2009 Ort: Österreich Beiträge: 8.570	Ach, so war das gemeint! Nun, so haben wir eben schon 3 Interpretationsweisen... Vielen Dank! LG, eKy __________________ Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

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