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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen

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Alt 10.04.2014, 21:46   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
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Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard Kenntnis - Sonett Variation

Kenntnis
- Daktylische sonett variation -


Es gab da den einen Der machte die worte
Die zeiten bewegen Und nächte erhellen
Die stimmen belegen Die hell über quellen
Und böses verneinen Doch von dieser sorte

Der worte die heilen Gibt es viel zu selten
Die einsamen rufer Die welten erretten
Sie bauten die ufer Zerschlugen die ketten
Und wanden zu seilen Die fäden die schnellten

Aus tiefen und höhen Könnt ihr sie nicht hören
Dann schließt eure augen Und spitzt eure ohren
Sonst hört ihr die leisen Gesänge verklingen

Als glichen sie flöhen Die gleich wieder springen
Nur vorher kurz saugen Sie sollen betören
Die herzen enteisen Sie wären verloren
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt
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Alt 14.04.2014, 17:51   #2
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
Standard

Hallo Walther,

interessant
Soll man daraus 2 Gedichte lesen?
Immer dort, wo du ein Wort in der Zeile neu beginnst, das untereinander,
daraus wird dann ein neues Gedicht.

Ob das eine
Zitat:
- Daktylische sonett variation -
ist, weiß ich nicht, - du sagst es - das habe ich so jedenfalls noch nicht gelesen.
Gibt es in der Literatur dazu schon Beispiele?


LG Chavali
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.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 18.04.2014, 08:56   #3
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
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Beiträge: 954
Standard

Hallo Chavali,

mich wundert, dass Walther noch nicht auf deine Fragen geantwortet hat. Wie du richtig bemerkst, lässt sich das Sonett in Spalten lesen, wodurch zwei Gedichte entstehen, aus der Schüttelzunft kenne ich dafür die Bezeichnung "Gespaltene Verse".

Die Bezeichnung "Dakytlische sonett-variation" ist nach meiner Lesart nicht korrekt, denn das gewählte Versmaß ist kein Daktylus, es ist ein Amphibrachys.

Sonette in Daktylen, Amphibrachen oder Anapästen sind zwar selten, aber durchaus nicht neu, man findet sie z.B. bei Rilke in den Sonetten an Orpheus.

Walther,

In S2Z1 lese ich eine Tonbeugung, nach meinem Empfinden kann hier "gibt" nicht unbetont bleiben.

Ein formal und inhaltlich sehr interessantes Sonett mit tiefen Gedanken.

LG Fridolin

Geändert von Friedhelm Götz (18.04.2014 um 13:54 Uhr)
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Alt 18.04.2014, 12:18   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Walther,

ich muss Fridolin bezüglich seiner Ausführungen zu Daktylus und Amphibrachys zustimmen.

Die "landläufige" Meinung geht tatsächlich nur von vier Versfüßen (Jambus, Trochäus, Anapäst und Daktylus) aus, ist jedoch nicht richtig, denn es gibt tatsächlich noch einige mehr, wobei nicht alle, z. B. der Spondeus, in der deutschen Sprache umsetzbar sind.

Der Amphibrachys ist quasi eine Mischform aus Anapäst und Daktylus, eigentlich sogar eine logische Konsequenz:

XxxXxxX(x) (Dakt.)
xxXxxX(x) (Anap.)
xXxxXxxX(x) (Amph.)

Sehr schön ist das hier dargestellt.

Viel interessanter aber in diesem Text sind die durchgängigen Binnenreime, die sich dem Reimschema des Sonetts anpassen.

Zuerst dachte ich, was soll diese willkürliche Großschreibung in den Versmitten, bis ich das System dahinter erkannte.
Aber ist es wirklich notwendig, in einem Text, der ohne Interpunktion und ansonsten durchgängiger Kleinschreibung bis auf die Zeilenanfänge verfasst wurde, an diesen Stellen so zu verfahren?
Es wäre doch schade, wenn der Eindruck entstünde, dass sich die Wirkung der Binnenreimkonstruktion beim "unbedarften" Leser nur auf diese Art und Weise entfalten könne.

Davon einmal abgesehen, kann ich solchen Formen, die sich weder an Groß- noch an Kleinschreibung orientieren, jegliche Interpunktion vermissen lassen und dann noch konservativ an den großgeschriebenen Zeilenanfängen festhalten, im Allgemeinen nichts abgewinnen, weil das in meinen Augen höchst inkonsequent ist. Das betrifft aber lediglich die formalen Dinge und hat mit dem Inhalt nichts zu tun (Auch wenn Stefan George bis auf die Zeilenanfänge zumeist alles klein schrieb. Aber er hat zumindest interpunktiert).
Wenn ein Text ohne solche Extravaganzen nicht auskommen kann, dann hat er m. M. n. inhaltlich nicht genügend Ausdruckskraft.

Das empfinde ich auch im vorliegenden Fall so.
Viele Dinge sind hier dem (Binnen)Reim geschuldet und ergeben m. E. keinen rechten Sinn, bzw. müssen durch die fehlende Interpunktion erst mühsam erarbeitet werden.

Zudem wirkt der Text sehr aufzählend:

die Worte
die Zeiten
die Stimme
die hell überquellen
die heilen
die einsamen Rufer
die Welten erretten
die Ufer
die Ketten
die Fäden
die schnellten
die leisen Gesänge
die gleich wieder springen
die Herzen
den einen
der machte
dieser Sorte

usw...

Das wirkt in nur 14 Zeilen monoton und langweilig und dann noch im "leiernden" Rhythmus des Amphibrachys verfasst.

Fazit:

Ein zwar interessantes Experiment, welches durchaus bezüglich seiner Binnenreimstruktur als gelungen zu betrachten ist, mehr aber auch nicht und ganz bestimmt nicht das beste Gedicht aus deiner Feder.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2014, 14:10   #5
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
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Hallo Falderwald,

ich sehe den Inhalt nicht so negativ, für mich enthält das Gedicht auch eine Glaubensaussage, die natürlich nicht jedermann anspricht.

Nachdem du in deiner Antwort ausführlich auf das Thema Amphibrachys eingehst, habe ich in meiner Stellungnahme den Link auf unsere damalige Diskussion herausgenommen.

Ich sehe Walther als Sonettisten, der gern mit der Sonettform experimentiert, wobei mich in diesem Sonett die eingestreuten Großbuchstaben weniger manieriert vorkommen als in anderen Sonetten zerhackte Wörter und das graphische Zeichen & für und.

LG Fridolin

Geändert von Friedhelm Götz (19.04.2014 um 08:09 Uhr)
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Alt 18.04.2014, 14:57   #6
Walther
Gelegenheitsdichter
 
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hallo in die runde,

hier vorab der neuschreib remix:
Zitat:
Kenntnis
- Daktylische Sonettvariation -


Es gab da den einen, der machte die Worte,
Die Zeiten bewegen und Nächte erhellen;
Die Stimmen belegen, die hell über quellen;
Und Böses verneinen. Doch von dieser Sorte,

Der Worte, die heilen, gibt es viel zu selten!
Die einsamen Rufer, die Welten erretten:
Sie bauten die Ufer, zerschlugen die Ketten
Und wanden zu Seilen die Fäden, die schnellten

Aus Tiefen und Höhen! Könnt ihr sie nicht hören?
Dann schließt eure Augen und spitzt eure Ohren,
Sonst hört ihr die leisen Gesänge verklingen,

Als glichen sie Flöhen, die gleich wieder springen,
Nur vorher kurz saugen: Sie sollen betören,
Die Herzen enteisen: Sie wären verloren!
das ist eine daktylische taktung (Xxx), mehr hier zu finden: http://de.wikipedia.org/wiki/Verslehre. die unbetonte auftaktsilbe ist sonettbedingt, die unbetonte endsilbe ebenfalls. es ist m.e. akademisch, hier vom amphibrachys zu sprechen, weil es die sonettnatur ausblendet. im übrigen könnte bei letzten vers auch männlich geendet werden, also ohne unbetonte endsilbe.

zu den weiteren punkten komme ich später. ich bin gerade mitten in der redaktion von der 21. ausgabe der asphaltspuren. es kann also ein wenig dauern.

danke für die vielen interessanten eintragungen!

lg w.
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Alt 18.04.2014, 16:41   #7
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Walther,

ah, ich verstehe, dann sind jambische Verse im Sonett also in Wirklichkeit trochäisch, weil die unbetonte Silbe (Auftakt) am Zeilenanfang sonettbedingt ist?

Wenn du Wikipedia hier anführst, was ich mit Absicht nicht getan habe, dann schaue auch bitte die folgenden Einträge über Amphibrachys und Daktylus an.

Es gibt eine ganz klare Definition:

Amphibrachys: Griechisch = beidseitiges kurz. Ein Versfuß aus drei Silben, bei dem zwei leichte Silben eine schwere Silbe umschließen (Schema:unbetont-betont-unbetont xXx).

Beispiel: Es wechseln die Zeiten. Die riesigen Pläne (B. Brecht)

Es gab da den einen, der machte die Worte (Walther)

Daktylus: ist ein Versfuß und auch ein Metrum aus hintereinander einer betonten und zwei unbetonten Silben. Man spricht sinngemäß von einem daktylischen Rhythmus (Schema:betont-unbetont-unbetont Xxx).

beispiel: Wollt ihr die Freiheit, so seid keine Knechte (E. Mühsam)

Aus dem Lyrik-Lexikon:

"Amphibrachys (griech., beidseits kurz)
Ein antiker Versfuß aus drei Silben, bei dem zwei leichte Silben eine schwere Silbe umschließen. Dieser schon in der Antike selten verwendete Versfuß kommt in deutschen Versen besonders dann vor, wenn diese Verse mit Auftakt beginnen."

"Daktylus (griech. daktylos = Finger; Plural: Daktylen)
In der Verslehre ein antiker Versfuß aus einer langen (betonten) und zwei kurzen (unbetonten) Silben, der vor allem im Hexameter Verwendung findet.
"Hab ich den Markt und die Straßen doch ..."
Die Zahl der Senkungen ist variabel. "

Bei Daktylus, Anapäst und Amphibrachys handelt es sich um "Nichtalternierende Verse", denn sie haben ein ungerades Taktgeschlecht, weil jeder Takt genau drei Silben enthält.

Das geht in deinem Sonett sogar ganz speziell auf:

Es gab da - den einen - der machte - die Worte

In Wikipedia steht:

"Umfassen die Takte regelmäßig drei Silben, kann man sie in Anlehnung an die drei Versfüße Daktylus –υυ, Anapäst υυ– und Amphibrachys υ–υ auch als daktylisch, anapästisch oder amphibrachisch bezeichnen."

Weiter ist dort zu lesen:

"Da die Auftakte der Verse eines Gedichtes unterschiedlich gestaltet sein können, ist es auch möglich, den gesamten Vers ohne Rücksicht auf den Auftakt einfach als daktylischen Vers zu bezeichnen; dies bedeutet dann, dass jeder Takt drei Silben umfasst."

Was ist denn das für eine sich widersprechende Aussage?

Wofür werden dort explizit diese drei Versformen beschrieben und besprochen, um sie dann anschließend zu vereinheitlichen?
Das ist m. E. vollkommen falsch, sprechen doch zudem drei (!) andere Wikipedia Artikel eine deutlich andere Sprache.

Und nirgendwo im ganzen Internet und auch in meiner Fachliteratur werden anapästische oder amphibrachische Verse als daktylisch bezeichnet, sondern es wird ganz klar zwischen diesen drei Formen unterschieden.

Also muss ich leider bei meiner Aussage bleiben, dass das vorliegende Sonett keine Daktylische Sonettvariation, sondern eine Amphibrachische Variante ist.

Sonst können wir uns als Dichter nämlich künftig jegliche Diskussion über Metrik ersparen.

Das wäre nämlich genau so, als wenn man einem Maler erzählte, sein ausschließlich in blauen Tönen gemaltes Bild sei schön farbig.


Liebe Grüße

Falderwald
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Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.04.2014, 17:00   #8
Gert-Henrik
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

---
Eure Debatte werde ich interessiert verfolgen! @Faldi: ca. 4 V amphi und ca. 10 V doch daktylisch ? So aus dem Bauch heraus. Muss ich noch genauer angucken, ob ich die Meinung behalte(n kann). DANKE für die vielen Infos hier, besonders an Faldi !
---

Lieber Walther,
sehr gerne (laut) gelesen. Beim "gibt" in S2V1 stimme ich Fridolin zu - bin ich auch gestolpert. Schönes Thema Es erinnert mich in seiner Umsetzung an Poetry Slam, genauer "spoken word". Wie siehst Du das?
LGvL
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Alt 18.04.2014, 20:03   #9
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
Standard

Zitat:
Zitat von Lipiwig Beitrag anzeigen
---
Eure Debatte werde ich interessiert verfolgen! @Faldi: ca. 4 V amphi und ca. 10 V doch daktylisch ?
Hi Lipi,

nein, kein einzige Vers ist streng daktylisch, da alle mit Auftakt beginnen! ---

Lieber Walther,
sehr gerne (laut) gelesen. Beim "gibt" in S2V1 stimme ich Fridolin zu - bin ich auch gestolpert.
LGvL[/QUOTE]

Ein weiteres Wort, über das ich stolpere, ist überquellen (würde ich zusammen schreiben) und so betonen überquellen.

LG Fridolin
Friedhelm Götz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.04.2014, 20:26   #10
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard

lb falderwald,

einigen wir uns auf eine daktylisch-amphibrachische sonettvariation. für beide sichten der dinge gibt es gute argumente. du argumentierst von der reinen taktform und ich von der sonettform her.

lg w.

lb. fridolin,

in der tat ist s1v3 etwas problematisch, weil überquellen xxXx und nicht XxXx gelesen werden muß. allerdings fällt das beim vortrag kaum auf.

lg w.


lb lipiwig,

es freut mich, eine solche debatte, die man für die eigene klarheit immer wieder braucht, angestoßen zu haben!

lg w.


@ all,

ich danke euch für die vielen wichtigen tips und hinweise!!!

lg w.
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