07.04.2016, 23:33 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Ewiges Licht
Ewiges Licht
In leeren Gassen, im Neonlicht alleingelassen, erkennst du nicht was in den Spalten der Mauern treibt und trotz der Kälte erhalten bleibt. Aus kleinen Samen, man weiß nicht woher sie hierher kamen, wächst mehr und mehr, trotz eisigem Hauch, aus kaltem Stein ein blühender Strauch im Neonschein. Er duftet herrlich zu dir herein und unerklärlich erscheint dem Geist der Himmel helle, und plötzlich reißt dich eine Quelle in ihrem Lauf aus leeren Gassen hinauf, hinauf.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (10.04.2016 um 20:38 Uhr) |
08.04.2016, 00:05 | #2 | |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Zitat:
Zeile 3 und 4 lassen die Möglichkeit, den Auftakt betont anzulesen, besonders Z4. In Z8 braucht der "Stauch" noch ein "r"! Sprachmelodisch und sprachrhythmisch optimierte Version (so wie ich es empfinde): In düsteren Gassen, in künstlichem Licht, wo Einsame hassen, dort achtet man nicht, was lautlos aus Ritzen und Spalten treibt, der Kälte zum Trotze erhalten bleibt. Aus winzigen Samen, man weiß nicht woher sie kamen, erwächst immer mehr und mehr, trotz eisigem Hauche, aus trockenem Stein ein blühender Strauch unter Neonschein. Er duftet gar herrlich zu dir herein, und unerklärlich erscheint deinem Geist der Himmel so helle, und plötzlich: es reißt eine Quelle dich mit in belebendem Lauf aus Gassen, die leer sind, hinauf, hinauf. Sehr gern mitempfunden, diese Stimmung - hab vor Jahren selbst ein paar Gedichte in dieser Art gemacht! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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08.04.2016, 01:27 | #3 | ||
Gast
Beiträge: n/a
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Hm, interessant.
xXxXxxXxX das ist das Konstrukt. Zumeist. Das der Urheber/Verfasser haben will. xXxxXxxXxxX und das ist das Konstrukt, das mein Vor-Kritiker haben will. Darüber lässt sich nicht streiten. Zu bedenken sei der Binnenreim, der allerdings nicht immer sauber "an die Zäsur fällt", falls ichs so benennen darf. Dass ausgerechnet die Z4 betont begonnen werden kann, erschliesst sich mir nicht, weil das zweite Wort dafür wesentlich zu stark ist. Zitat:
Zitat:
hierbei böte sich an, "ihrem" in ein zweisilbiges Adjektiv zu ersetzen. Was ein Stauch ist, wusste ich nicht. Dass es ein Strauch sein soll, hrmpf! Für ein sehr ambivalentes Konstrukt, und für einen sehr ambivalenten finalen Gedanken, juckt mich irgendein blöder Strauch am Neonlichtschatten vorbeigewachsen, einfach null komma null. Das romantisierte Objekt eines Irdischen, oder Überirdischen, wurde als Gegenpol zum Neonlicht/Schatten, und Himmelsgedanken, als banaler Strauch, mE nicht romantisch genug in die Schärfe gearbeitet. Der wichtige Mittelpart, ist mit Samen > Strauch, zu unromantisch und banal, und zu prosaisch verquast verfasst. WENN schon irgendetwas, am irdischen Trauerspiel vorbei empor gewachsen, als Quelle eines Besseren, den einsam Wandelnden empor reissen soll, sollte es was Krasseres sein, eine Distel zB, eine schmutzige einsame Rose, IRGENDWAS ANDERES, als ein nichtssagender, ach so "herrlicher" Strauch, der aber aussagemässig nix bringt, weil er mir egal ist. - Mir zumindest. Die Schärfe einer Ausarbeitung im romantisch-verklärten Gegenpol einer Tragödie zwischen irdischem Tod und überirdischer Freude, ist mE nicht scharf genug ausgearbeitet worden, dementsprechend ist das Konstrukt verfehlt, weil die Schärfe des Konstruktes auch die Schärfe jener Ausarbeitung zwingend benötigt hätte, und somit erschliesst sich die Crux nicht weit und tief genug, ergo sinkt das gesamte Dings unter seine Möglichkeiten, leider, mE! ABER: Äusserst löblicher, und äusserst ambivalenter Versuch! |
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09.04.2016, 11:46 | #4 |
/ Bil-ly /
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
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Lieber Thomas,
Gefällt mir sehr gut, besonders interessant auch die Form! Ja, es wäre vielleicht eine gute Idee statt des Sammelbegriffes "Strauch" eine bestimmte Pflanze zu nennen. Was wächst denn in Mauerritzen? Sehr gerne gelesen! Lieben Gruß charis |
10.04.2016, 11:45 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Lieber Erich, lieber anamolie,
vielen Dank für die Überlegungen, aber nehmt bitte als Versmaß einfach den neuhochdeutschen Knittel an, ich denke es muss nicht regelmäßiger sein. Das ist bekanntlich Geschmacksache. Erich möchte ich besonders für das "r" danken. Liebe charis, vielen Dank für deine positiven Worte. Du hast Recht, aber den Strauch bekomme ich nicht weg, ohne zu verschlimmbessern. Ich habe übrigens nicht das Bild eines Mauerblümchens vor Augen, sondern durchaus etwas kräftiges. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
10.04.2016, 20:31 | #6 |
Slawische Seele
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Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber Thomas,
gefällt mir sehr, zumal man jene "Wunder" immer wieder bestaunen kann. Auf einer hohen Mauer in unserer Straße, die durchgehend kahl ist, wächst z.B. ganz oben eine kleine Birke. Sie wird nicht größer, aber sie ist jedes Jahr da. Auch Efeu rankt nicht nur unendlich. Er bekommt mit der Zeit einen richtigen starken Stamm und entspringt einem Mauerspalt. Dein Gedicht schafft nicht nur vertraute Bilder. Es erzeugt auch die Freude, die Begeisterung, die man dabei empfindet. Mach noch bitte aus Stauch Strauch, bevor ein Tippfehler zur Diskussion wird.) Gern gelesen und morgen schaue ich gleich nach, ob die Birke wieder da ist. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
10.04.2016, 20:40 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Liebe Dana,
es freut mich, dass es dir gefällt und Danke für das kleine "r". Liebe Grüße Thomas
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