24.09.2009, 20:27
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Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 23.02.2009
Ort: BadenWürttemberg
Beiträge: 526
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Sieche und verreck
Ein Auge, das erblindet ist, dazu noch ohne Lid,
nur Schattendunkles sieht,
an dem die Fäulnis frisst,
erkennt Geheimes im Gesicht und bannt des andern Licht.
Es schauet weder Glanz noch Glut. Sie wartet auf den Tag,
dass er bald kommen mag.
Noch glimmt die heiße Wut,
getarnt als lächelnde Grimass'. Dahinter lodert Hass.
Die Schandtat ist schon lange her, sie galt dem bösen Blick.
Gebranntmarkt als die Wick,
behandelt wie kein Hund;
ihr Kirchenplatz blieb seither leer; und zungenlos der Mund.
In modrig altem Leinentuch liegt sie im Häuserdreck;
das ist ihr Schlammversteck.
Sie lallt den Rachefluch,
auf dass ihr Schänder alsbald auch so sieche und verreck'.
Da liegt sie also nass im Schmutz. Die Glieder abgetrennt.
Er wünschte, dass sie brennt.
Der Pope gab ihr Schutz.
Die Kirche, die Vergebung sprach, verfluchte sie danach.
Die Galle, die sie seither spuckt und immer wieder schluckt
verätzt schon ihren Rachen;
doch lässt sie böse lachen
der Racheplan, den sie ersann. Für diesen einen Mann.
Er kommt. Sie wandelt sich geschwind von schwarzem Höllenschmerz
in zartes Engelskind,
zu schmeicheln seinem Herz.
Verblendet ihn mit Unschuldsschein und kotzt ihn speiend blind!
Ein Auge, das in Schwärze brennt und weder Schuld noch Licht,
noch Höllenschmerz vermisst,
das Fäulnis im Gesicht
im Schatten oder Dreck vergisst, bedarf der Gnade nicht.
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