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Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
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Alyssa
Sie war ein schönes Kind mit langem roten Haar, worin der Wind in aller Unschuld spielte. Als man sie in der Sakristei berührte, blieb sie stumm, verstand es nicht, warum sie vor dem Kreuz des Herren ihre Schuld bekennen soll, und musste sich noch tagelang erbrechen. Sie wusch ihr Kleid und ihren Körper oft und wagte nicht zu beten zu der reinen Magd. Als später dann der Knecht des Nachbarn ihr Gewalt antat und sprach, es sei die Schuld der roten Haare, die sie trug, da wimmerte und weinte sie und biss sich selbst die Knöchel wund. Sie haderte mit Gott, der ihr die roten Haare gab, doch keinen Schutz, sie ganz alleine ließ und hilflos. Auch spielte sie nicht mehr, die Menschen mied sie sehr, versteckte sich im Wald und blickte scheu wie ein gehetztes Wild. Doch als das Kalb des Bürgermeisters starb, nachdem sie dort am Stall vorbeigegangen war, da war es nicht ihr böser Blick, wie alle sagten. Dann hielten sie das Kreuz ihr vor, um es zu küssen. Da brach's heraus, sie schrie, schrie wie am Spieß. Danach verstummte sie. Als dann die Eltern selbst sich ihrer schämten und sie ganz verlassen war, da fragte sie bei Nacht den Mond: War es der böse Blick? War es das feuerrote Haar? War es vielleicht der Teufel tief in mir? Oh, Seelenpein, die jeder Blick und jede stumme Geste, mit der man ihr begegnete tiefer in die Seele brannte! Sie hoffte schließlich nur noch Erlösung von dem Übel: Ja, ja, in Gottes Namen, ja! Sie trug die Schuld und dieser Teufel war in ihr, wie alle sagten. Gewiss, so muss es sein! Ach! Sollten dieser Leib und dieses teufelsrote Haar in Flammen endlich untergehen! Wenn nur die Seele finden kann im Schoß der Jungfrau Ruhe. Version 1 Alyssa Sie war ein schönes Kind mit langem roten Haar, worin der Wind in aller Unschuld spielte. Als man sie in der Sakristei berührte, blieb sie stumm, verstand es nicht, warum sie vor dem Kreuz des Herren ihre Schuld bekennen sollte, und musste sich noch tagelang erbrechen. Sie wusch ihr Kleid und ihren Körper oft und wagte nicht zu beten zur reinen Magd. Als später dann der Knecht des Nachbarn ihr Gewalt antat und sprach, es sei die Schuld der roten Haare, da wimmerte und weinte sie und biss sich selbst die Knöchel wund. Sie haderte mit Gott, der ihr die roten Haare gab und sie nicht schützte, alleine sie und hilflos ließ. Auch spielte sie nicht mehr, die Menschen mied sie sehr, versteckte sich im Wald und blickte scheu wie ein gehetztes Wild. Doch als das Kalb des Bürgermeisters starb, nachdem sie dort am Stall vorbeigegangen war, da war es nicht ihr böser Blick, wie alle sagten. Dann hielten sie das Kreuz ihr vor, um es zu küssen. Da brach's heraus, sie schrie, schrie wie am Spieß. Danach verstummte sie. Vielleicht doch ihr böser Blick? Und als die Eltern selbst sich ihrer schämten, sie ganz verlassen war, da fragte sie bei Nacht den Mond: War es der böse Blick? War es das feuerrote Haar? War es vielleicht der Teufel tief in mir? Oh, Seelenpein, die jeder Blick und jede stumme Geste, mit der man ihr begegnete, entfachte und noch tiefer in die Seele brannte! Und schließlich hoffte sie nur noch Erlösung von dem Übel: Ja, ja, sie trug die Schuld und dieser Teufel, dem sie sich verschrieben. Gewiss, so muss es sein! Ach! Sollten dieser Leib und dieses teufelsrote Haar in Flammen endlich untergehen! Wenn nur die Seele finden kann im reinen Schoß der Jungfrau Maria Ruhe.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (01.01.2018 um 11:52 Uhr) |
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