19.04.2009, 17:49 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Moritat vom Täuberich
Ein Taubenpärchen, sanft und zart,
es turtelte nach Taubenart, spazierte auf der Wiese, genoss sein Glück im Augenblick, sah nicht nach vorne, nicht zurück aus Liebe. Ebendiese verklärt, sie macht auch manchmal blind. Oh armes, sanftes Taubenkind, was wird mit dir geschehn? Wie hast du doch in deinem Stolz nicht nachgeforscht in Unterholz, den Weg dir nicht besehn! Dort lauert dunkel die Gefahr, hockt im Gebüsch, mit schwarzem Haar und Krallen an den Pfoten! Die Augen blitzen scharf und grün- oh Taubenkind, kannst du entfliehn? Schau, Vorsicht ist geboten! Ein rascher Sprung, schon ist's passiert! Wie hat das Glück dich doch verführt, die Umsicht zu vergessen! Du schlägst um dich, dein Federkleid zerstiebt, zerzaust, verteilt sich weit. Nun wirst du aufgefressen! Doch nein, mit allerletzter Kraft hat es der Täuberich geschafft sich einmal noch zu bergen. Er fliegt davon, hoch ins Geäst, nur Federn, die er hinterlässt, verbleiben seinem Schergen. Der schaut verdutzt und seltsam drein, kurz lauert er, dann lässt er's sein: So ist das halt beim Jagen! Das Taubenpärchen, frisch vereint, das turtelt wieder, wie es scheint, es füllt nicht seinen Magen! Ich seh die Schande jener Tat am nächsten Morgen: Desolat und grausig sind die Restchen! Doch kommen Spatzen bald daher. Sie sammeln alles, kreuz und quer, weich polstern sie ihr Nestchen. So bleibt nichts Böses - keine Spur!- wird Freud und Leid geteilt. Was Weisheit ist, weiß die Natur - und jede Wunde heilt.
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
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