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Alt 30.11.2009, 18:08   #15
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard Tips für Lesende

Hallo Ihr Lieben,

es wurde nach Tips gefragt. Der erfahrene Lesende - ich mache das jetzt seit einigen Jahren ein- bis dreimal jährlich- beachtet folgendes:

(1) Die Gedichte / Texte mehrfach laut vorlesen, also richtig einüben. Vorlesen sollte Spaß machen und will daher trainiert sein.

(2) Bitte darauf achten, daß man "aus dem Bauch" spricht. Die Kopfstimme quiekt besonders bei Damen leicht und trägt nicht sonderlich weit. Es ist immer ein Grundgeräusch da, daß man übertönen muß, auch mit dem Mikro.

(3) Viele Menschen sind keine "Sitzleser" - da macht das mit der Bauchstimme, der voluminösen, immer auch größere Probleme als beim Stehen. Ich selbst laufe gerne und unterstreiche den Text mit Gesten ebenso wie einer Modulation - je nach Textstelle. Damit wären wir bei der Erfahrung, daß der Vortragende, der Vorleser also, für eine größere Gruppe immer auch ein wenig "schauspielert". Das muß einem schon liegen, was heißt: Nicht jeder ist ein guter Vorleser.

(4) Immer die Zuhörer ansprechen, einbinden, "fixieren". Der gute Redner schafft es, jedem im Raum das Gefühl zu geben, er sei im Blickwinkel.

(5) Immer vorher etwas trinken, damit die Stimme geölt ist, und auch ein Glas Wasser zum Nachtrinken während des Vortrags bereithalten. Bei schlechter Luft kann eine Stimme binnen Sekunden regelrecht "weg" sein, das passiert auch den Könnern dieses Genres.

(6) Nur wer die Ruhe selbst ist, schafft dieselbe. Was heißt: Das Lampenfieber muß man schnell wegreden, am besten durch ein vorbereitetes Eröffnungsstatement, das zum Lachen bringt. Es ist unglaublich, wie gut gemeinsames Lachen mit dem Publikum gerade dem Vortragenden tut, er ist von einer Sekunde zur nächsten quasi der Herr des Verfahrens und bühnenpräsent.
Also: Die Angst weglachen, und schon herrscht Ruhe im Saal - und bleibt dort auch, wenn man seine Gedichte/Geschichten in einem gewissen Spannungsrahmen packt.

(7) Zum Spannungsrahmen: Mit den lustigen Sachen anfangen, dann allmählich zum Ernsten übergehen, etwas Liebe und Herzschmerz reichen, mit diesem kann man auch abschließen. Der Spezialist bringt noch ein Spaßgedicht am Ende und verweist dann auf Bücher, Anthos und Zeitungen, die man kaufen kann und die er selbsredend mit einer Widmung versieht - wenn er selbiges parat hat.

Das kann man auch mit Kurzgeschichten wie oben halten. Mein Vorschlag:

* Nie mehr als 3 Prosatexte am Stück - dann kurze Pause
* Nie mehr als max. 7 Gedichte, besser 5 - dann kurze Pause

Alles jeweils mit Einsprengseln, für die sich Musik, Lied, Tanz bestens eignet. Gerne Lesungen mit bildender Kunst kombinieren - das füllt die Säle besser.

Ich hoffe, mit diesen Tips geholfen zu haben.

LG. W.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
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Geändert von Walther (30.11.2009 um 20:31 Uhr)
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