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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

 
 
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Alt 10.03.2012, 14:52   #1
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asphaltwaldwesen
 
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Standard Rapunzel und Quendel (eine Ballade)

Glossar:

Rapunzel, auch Teufelskralle, und Quendel: beides Alpenpflanzen, die erst ab Juni blühen.
Wiesmahdeisen: Steigeisen für die Mahd an steilen Hängen (und nur bedingt als Steigeisen auf Fels geeignet)
Lenzmond: alte Bezeichung für den Monat März
brocken: ländlich für "pflücken"



Rapunzel und Quendel, die beiden
flocht er seiner Liebsten ins Haar
mit seidenem Bändel. Sie leiden
mocht er gar so gern schon vier Jahr.

Als Unterpfand warn sie gegeben,
bis er käm zurück aus der Wand.
Zu tauschen für Blümchen sein Leben,
das er dort bewahrt mit Verstand.

Noch jedesmal wirkte die Gabe -
konnt unversehrt heim er sich bringen.
Entronnen dem felsigen Grabe,
vermocht er den Berg zu bezwingen.

Der Lenzmond war kaum noch vergangen,
zog's dieses Jahr ihn schon hinaus.
Die nördliche Wand wollt begangen,
gespürt werden Windes Gebraus

voll herrlichen Duftes vom Gipfel.
Schon hielt es ihn nicht mehr im Tale.
Zog's hoch ihn hinauf über Wipfel.
Wie flehte unzählige Male

die Liebste ihn an, doch zu bleiben.
Noch blühten die Blümelein nicht
und sie wollt und könnt es nicht leiden.
So schwer wög noch Eises Gewicht,

dass kleinster Fehltritt es bräche
als Brett vom nur dürftigen Halt.
Beschwor ihn, dass er ihr verspräche,
zu zwingen den Drang mit Gewalt.

Zu warten, bis er ihr könnt flechten
Rapunzel und Quendel ins Haar,
dass diese an liebschwörten Nächten
die letzte nun ihnen nicht war.

Der Jüngling, er hört's wie ein Rauschen,
nicht rührten, berührten die Bitten
das Herz, den Verstand. Galt sein Lauschen
schon längst wiesmahdeisernen Tritten.

Von Rapunzel und Quendel, versprach er,
zu brocken ihr dicht einen Strauß,
wär er erst zurück. Und so brach er
zur Wand auf, nach Gipfelluft aus.

Es trieb ihn, als säß ihm im Nacken
der Irrsinn, ihn vorwärts zu drängen.
Schon ragt hoch empor Nordwands Backen
aus grauen, geröllschweren Hängen.

Die Knöchel zerschunden, zerrieben,
die Finger vom Eiswind durchfroren,
hats hoch ihn und höher getrieben,
wurd tollkühn zum Ziel auserkoren,

den Backen aufs Mal zu besteigen -
kaum Umweg scheint's ihm auf dem Pfade
zum Gipfel - doch er will zu eigen
sich machen des Augenblicks Gnade

als erster dort droben zu stehen,
dem Zacken sich einzugravieren.
Da sieht er Rapunzel leis wehen -
das Haar seiner Liebsten sollt's zieren!

Schon streckt er sich lang, es zu greifen.
Zwei Handbreit entfernt, kann's nicht haschen.
Die Frucht leisen Zorns fühlt er reifen,
Vernunft weicht dem Trugbild vom raschen

Erfolge. Und drum wird er kühner:
"einmal nur riskiert zählt's wie keins!"
So steigt er und greift ungestümer.
Schon wähnt er das Pflänzelein seins.

Da bröckelt's und kracht's unter Sohlen!
Er rutscht, ruckt, die Hand greift ins Leere.
Zu spät fährt ihm ein, was befohlen
ihm Lieb und Vernunft. Letzte Schwere

umfasst nun sein Herz und im Fallen,
da schilt er sich noch einen Toren.
Zu spät - denn schon bersten im Prallen
auf Grund ihm die Knochen. Verloren!

"Verloren!" - sein letzter Gedanke.
Dem brechenden Auge sich wandelt
die Teufelskralle zur Pranke.

Rapunzel ward nie mehr gehandelt.






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