25.03.2009, 21:33 | #1 |
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Blick in den Spiegel
Mein neuer Spiegel im Bad,
umkränzt von hellen Lichtern, zeigt mir lachend die Zähne: "Hab nur Mut, keine Scheu! Komm und schau dich an!" Als ich vor den Spiegel trete, bemerke ich, dass da draußen ein hässlicher Mann lauert. Er ist mein einziger Verehrer. Sein Name ist Bruder Hein. Schaudernd wende ich mich ab. Nackt und bloß steh ich da und betrachte mein Spiegelbild: Eine Frau in den Fünfzigern. Der Zahn der Zeit nagt an mir. Eine Brust fehlt, die andre so lala. Dafür ein paar Jahresringe mehr. Schmuck und Schminke, wozu? Wozu mich rasieren, parfümieren, wenn mein Liebster fort ist? Unter meinem roten Schopf lugen graue Schläfen hervor. Seit er mich verlassen hat, bin ich noch mehr ergraut, da hilft selbst Färben nichts. Mein Blick ist trüb geworden. Der Kummer hat tiefe Furchen in meine Mundwinkel gegraben. Die Nase verstopft vom Heulen, bekomm ich kaum noch Luft. Einst waren seine hellen Augen mein Spiegel, aus dem eine Frau mich voll Seligkeit anstrahlte. Elende Augen, sie zeigten mir nur ein trügerisches Zerrbild! Mein Spiegel im Bad hingegen, er spricht immer die Wahrheit: "Es gibt mehr Schneewittchen als Äpfel an den Bäumen sind, alles Gift würde nicht reichen. Ein schönes heißes Wannenbad tut wohler als eiskalte Rache." Ich zupfe mir ein Haar vom Kinn, und eine lavendelfarbene Woge spült alsbald meine Tränen fort. Geändert von Seeräuber-Jenny (25.03.2009 um 21:37 Uhr) |
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