03.05.2014, 09:04 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Der letzte Traum
Der letzte Traum
Ich sehe jene schwankenden Gestalten um mich herum im Altenpflegeheim, kann selbst mich kaum noch auf den Beinen halten, die müden Knochen gehen aus dem Leim, ja, selbst mein Spiegel wirft schon tiefe Falten und auch der Haare Pracht erstickt im Keim. Der Zeitvertrag erfüllt die letzte Klausel, mir wird es klar, ich bin ein alter Zausel. Fort sind die Kräfte aus den jungen Tagen, der scharfe Blick, hat einst die Welt fixiert, es fehlt ein Teil von Prostata und Magen, das Hüftgelenk ist künstlich generiert, und Blinddarm, Mandeln sind, ich will nicht klagen, wie auch die Zähne längst schon extrahiert. Der Medizin war ich ein Kassenschlager, jetzt bin ich nur noch ein Ersatzteillager. Dort, wo mein Herz schritt, stimuliert ein Macher den Muskelrhythmus wie ein letzter Trumpf, elastisch, als Thrombose-Widersacher, stützt meine Beine je ein schicker Strumpf, und jeder noch so gutgemeinte Lacher erschüttert äußerst schmerzhaft meinen Rumpf. Im Grunde sinkt mein Pegelstand rapide, gewiss ist nun, ich bin ein Invalide. Die meisten meiner Lieben sind entschwunden im Kreislauf, der in die Gezeiten fließt, doch Augenblicke heilen alle Wunden, aus denen frische Zuversicht entsprießt. Solange ich in neuen Morgenstunden das Blut, das sich in meinen Geist ergießt, erspüre, weiß ich, dass ich nichts versäume, wenn ich mein Sein in Poesie verträume. ---
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Nur der fröhliche Mensch allein ist fähig, Wohlgefallen am Guten zu finden. (Kant) Geändert von Narvik (19.05.2014 um 07:03 Uhr) |
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