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Alt 20.03.2018, 16:25   #3
Sufnus
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Ein Gedicht, das sich der Eineindeutigkeit entzieht, so dass sich kein simples Verständnis auf den Text abbilden lässt.

Auffällig ist der Kontrast von Hell und Dunkel. Den weißen Schaumkronen der Bergbachwellen in Strophe 1 steht der Pleonasmus der schwarzen Dunkelheit in Strophe 2 gegenüber. In Strophe 3 prallen dann Hell und Dunkel aufeinander, wobei sich diese Strophe inhaltlich eher auf die erste Strophe zurückzubeziehen scheint (vielleicht auch ursprünglich direkt auf die erste Strophe gefolgt ist?).

In Strophe 1 bis 3 haben wir es inhaltlich noch vor allem mit der (Natur-)Beschreibung der glitzernden, wogenden Wellen bei langsam hereinbrechender Nacht zu tun, vorsichtig wird aber bereits der Verweis auf die Endlichkeit unserer Existenz eingewoben: "Vergänglichkeit", "positionieren das Nichts", "versinkend".

Ab Strophe 4 werden die Sterbe-Motive dichter. Tore öffnen sich. Eine Sichel erscheint (vordergründig die Mondsichel, aber doch auch Verweis auf die Sichel des "Schnitters Tod"). Das einladende, aus Jenseitsvisionen (H. Bosch: "Aufstieg der Seligen") bekannte Licht ("wogender Teppich aus Licht") erstrahlt. Schließlich klingt das "Hol über-Motiv" des Fährmanns an. Ein Gedicht über das Sterben.

Was aber hat es mit den ungeschriebenen Briefen auf sich? Sind es (nicht verfasste) Abschiedsbriefe eines Suizidanten? Eher wohl ist es die Aufforderung, dass wir uns angesichts unserer begrenzten Zeit, den Menschen ("Adressaten"), die uns wichtig sind, mitteilen sollen: "Kommt, reden wir zusammen, wer redet ist nicht tot".

Zuletzt die Frage nach dem Dornenbusch: Wenn, was wahrscheinlich erscheint, der brennende Dornbusch zumindest mitgemeint ist, so klingt im Abschied womöglich die Absage an den an, der sich in diesem Phänomen offenbart hat, JHWH, der HERR des alten Testaments. Ist Gott tot?

Gerne gelesen.
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