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Beschreibungen von Personen, Dingen, Zuständen, Stimmungen, Gefühlen, Situationen |
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22.03.2018, 12:44 | #1 |
Gast
Beiträge: n/a
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Worte ohne Bilder
Aus meinem damaligen Band in Realschulzeiten, eine meiner letzten Niederschriften, bevor ich das Schreiben aufgab.
Es wirkt sehr absonderlich, nach all den vielen Jahren, von dem Abschied zu lesen - da ich im Moment im Wort brenne. Der "Brief" entstand Anfang 2002. Vielleicht werde ich noch jüngere Niederschriften von mir veröffentlichen. ------------ Hallo Leben… Die Schule ist langweilig. Ich sitze hier und alle Gesichter sind wie leergesaugt und steif. Selbst Namen sind mir keine Reklamen für Figur und Körper. Daß mir geliebte Wort wird bald im Nebel der Verschwendung seine letzten Gewebe von sich streifen und in die Zäsur der Zeit verschwinden. Ich denke mir: ich, der im Leben noch so jung und unreif konfiguriert ist, wohin es mich treiben wird? Sehe ich in die Mitte der anderen Menschen, hinter ihren Fassaden, so erscheinen mir die Nacktheiten meiner Lebendigkeit in Stille und Einsamkeit verwoben und wenn das letzte Wort in mir gereift und das letzte Gefühl gefühlt ist; wer werde ich dann sein? Ein Mensch ohne Worte? Ein Mensch ohne Stimme; ein Mensch, der seinen Klang und seinen Laut in die Hand des Windes gelegt hat? Werden wir alle im Abend steigen und irgendwann wieder fallen? Wann ist der Tag leer? Wann ist die Nacht leer? Oder ist alles im Leben eine Frage von Anwesenheit und Abwesenheit und nicht eine Frage danach, ob etwas vollkommen leer werden kann? Wird diese Schönheit von dem Trieb der Veränderung davongeweht? Wird das unwirkliche Spiel und Geflecht meiner leisesten und tiefsten Niederschläge, das letzte Stückchen Schokolade im Raum sein? Werde ich weiterhin lebendig sein? Wer bin ich ohne Schrift? Viel lieber möchte ich sterben, als den Drang der Formulierung und Fantasie zu verlieren. Wenn das Wesen der Berührung einer Schrift hinfort geht. Hinfort in die Fernen, hinfort in die Keller der Leere; wohin werde ich getragen werden? Ich bin schon leer und schwer wie kaum ein anderer – ist das Empfundene die Unreichhaltigkeit meines Wesens? Bin ich unfähig das mir Vorhandene zu erkennen und in Fertigkeit zu formen; dient mir der Bruch meiner selbst, herauszufinden, ob der kleine Schatz, das gläserne Detail, das kleine weiße Schneeflöckchen in mir wahrhaftig sind? Oder wird mein Herz frieren und aus Schnee gepresst sein? Gern wäre ich in einer Kirche die gottlos ist. Wo nur die Stille des Gebäudes schreit und sie die leisesten und kleinsten Wünsche zu befrieden vermag. Ich verabschiede mich von Dir, Du Wort und verbleibe mit mir in seltsamer Zweisamkeit bis an das Ende meines Lebens. Mit deinen Händen umschließt du all die verlorene Wonne meiner Tränen. Kaum eine Berührung lässt die Zeit knistern wie dein Berühren deines Wortes meiner stillen Mitte. fidem dare |
22.03.2018, 17:37 | #2 |
ADäquat
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
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Lieber EV,
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. © auf alle meine Texte
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23.03.2018, 10:40 | #3 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo liebe Chavali,
in der Rubrik Prosa schaute ich, fand dort leider keine adäquate Kategorie für "Briefe" oder dergleichen. Weswegen die "Beschreibungen" mir hier gut erschienen. Fühl Dich frei, den Beitrag zu verschieben. Ich schrieb schon sehr zeitig in meinem Leben; mit acht fing ich an. Der oben eingestellte Brief ist alt. Ich wurde damals sechzehn Jahre alt; mit den Zeilen besiegelte ich das Ende und gab das Schreiben auf. Der "Band" war allerdings nur ein kleines Büchlein für mich. Dem Büchlein gab ich damals den Namen "Worte ohne Bilder". Dort schrieb ich meine Gefühle und Betrachtungen in Prosa und kleinen Briefen nieder. Im Verlauf der Realschule jedoch folgte irgendwann der Punkt, wo etwas geschah. Ein paar Zeilen gerieten in falsche Hände und ich wurde gemobbt. Weshalb ich nicht mehr schreiben wollte und damit auch aufhörte. Das Schreiben verfolgte ich erst wieder mit der Anmeldung hier im Forum. Ursprünglich auf Anraten eines ehemaligen Professors aus dem Studium, der Literatur studiert hatte (Ich studierte Bildende Kunst). Als ich später ging, musste ich ihm versprechen mich detailliert mit Lyrik zu beschäftigen und die Metrik zu lernen. Ich wusste eigentlich nicht richtig, was er von mir wollte. Fühlte mich auch bedrängt. Nunja, dass ich jetzt hier bin, habe ich dem werten Herrn zu verdanken. Durch die Krankheit meiner Mutter und dem darauffolgendem Ausbrennen meiner selbst innerhalb des Studiums, zog ich wieder in die Nähe meiner Eltern, weshalb ich dann wieder inaktiv wurde. Jetzt hält mich aber nichts mehr. Ohne dem Schreiben könnte ich nicht mehr leben. Ich wöllte nicht mehr ohne leben. Ich muss und ich will. Es lässt mich leben und reifen. Danke für das Lesen, deiner Neugier und das Kommentieren! vlg EV |
23.03.2018, 12:36 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 17.11.2015
Ort: Oberpfalz
Beiträge: 539
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Hi EV,
dieser Text zeigt einmal mehr, welch Tiefe in deiner Seele liegt und schon früh lag. Dein Talent, gedankenschwere Aussagen in ein Gewand aus wunderschönen Worten zu schlagen, scheint grenzenlos und erst im Wiedererwachen begriffen. Da bleibt mir nichts als Genuss und staunende Anerkennung! Gruß, Laie
__________________
Schreiben, wie Monet malte. |
23.03.2018, 12:41 | #5 |
ADäquat
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
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Lieber EV,
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. © auf alle meine Texte
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28.03.2018, 10:51 | #6 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Chavali,
danke Dir für die schönen Worte und das Lob. Wohl fühle ich mich hier auch. |
28.03.2018, 11:50 | #7 |
Gast
Beiträge: n/a
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Lieber Ev,
Ich habe mir deine Worte durchgelesen, und bin bewegt. Dein Weg zum Wort wurde dir in die Wiege gelegt. Du bist eine Bereicherung hier auf der Insel. Deine Worte fallen wie Blätter vom Himmel. Du bist bilderreich und besonders. Höre niemals auf . Die Innere Stimme ist ein Wegbegleiter auch wenn du älter bist. Sie ist eine Bereicherung für die Seele. Es ist wie Malen, Musikmachen, auf jeden Fall eine Kreativität, die nicht jeder besitzt. Es ist schön, das du hier bist. Liebe Grüße sy |
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