02.07.2009, 02:41 | #1 |
Gast
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Rino
Ach, Freund – weißt du noch...
Damals, als das Harz noch nach den Bergen Nepals schmeckte, Als ich bei Kerzenschein dein grünes Augenpaar entdeckte, Lucys Himmelsdiamanten wiesen uns den Weg ins Glück, Purple Haze von Jimi Hendrix fetzt mein Herz zu dir zurück. Zu dir zurück... Ach, Freund – weißt du noch... Melancholie im Abendrot. Trotzige Küsse im morschen Boot. Süß wie dunkler Flieder der Wein. Willst du heut Nacht mein Mädchen sein? Ich sagte nicht nein! Ach, Freund – weißt du noch... Treue schworen wir unsrer alten Mutter Erde, Wie der Wind ritten wir dahin auf schnellem Pferde, Fielen ein in die feiste Bürgerwelt voll heißer Wut, Wollten kämpfen bis zum allerletzten Tropfen Blut. Wollten kämpfen! Ach, Freund – weißt du noch... Frauen, Hasch und Rebellion warn dir nicht genug. Flogst übers weiße Mohnfeld im Schattenflug. Am Gefängnistor empfing dich König Alkohol. Bist nun tot, du Idiot! Sag, wem nützte wohl Dein Freitod? Ach, Freund – weißt du noch... Heute sitze ich wieder beim Wein, Bin verzweifelt wie du, bin allein. All die Träume blown in the wind, Während Stund um Stunde verrinnt Und du längst verweht bist. Geändert von Seeräuber-Jenny (02.07.2009 um 02:43 Uhr) |
02.07.2009, 09:29 | #2 |
gesperrte Senorissima
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Oh, Jenny -
eine wilde Klage! Das geht unter die Haut und weckt eigene Erinnerungen. "Wir" waren grüblerischer und weniger wild, aber uns trieben doch die gleichen Dinge um. Mir gefallen die Reime auch sehr, sie wirken so gar nicht "gesucht". Ungewöhnlich. Gut. Lieben Gruß von cyparis |
02.07.2009, 20:00 | #3 |
Gast
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Ahoi cyparis,
danke für dein Lob! Ich habe das Gedicht schon vor ziemlich langer Zeit geschrieben und kürzlich umgeschrieben. Aye, es war eine wilde Zeit. Wir wollten alles anders machen, ganz anders leben als unsere Eltern, die auf das Wirtschaftswunderland so stolz waren. Rino hatte langes schwarzes Haar, grüne Katzenaugen und ein wunderschönes Lachen. Er war der Schwarm aller Mädchen. Meine Freundin Edith war neidisch, weil ich abends ausgehen und ihn küssen durfte. Rino war ein Hippie und ein Dichter. Er wollte immer nach Indien, doch stattdessen wurde er zum Junkie und landete im Knast. Das konnte er wohl nie überwinden. Er begann zu trinken und nahm sich schließlich das Leben. Mein lieber Max mit dem Seidenhaar ist ihm so ähnlich... Lieben Gruß Seeräuber-Jenny |
02.07.2009, 20:30 | #4 |
ADäquat
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Liebe Jenny,
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02.07.2009, 21:01 | #5 |
Gast
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Ahoi Chavali,
das Gedicht möchte ich tatsächlich vortragen, wenn es mal zu der Lesung mit Max kommt. Ein trauriges Schicksal, ja wirklich. Kurz bevor Julia starb, war sie mit Rino zusammen. Es war eine schwierige Beziehung mit Streit und sogar Handgreiflichkeiten, denn Beide waren dem Alkohol verfallen. Von Rinos Suizid erfuhr ich, als ich schon in Berlin lebte. So schöne und lebensfrohe Menschen, es ist ein Jammer. Leider sind schon etliche von meinen alten Freunden gestorben. Sie haben immer exzessiv gelebt und keinerlei Kompromisse gemacht. Vielleicht haben sie in ihren jungen Jahren schon alles erlebt, wofür andere ein langes Leben brauchen. Ich denke oft an sie und vermisse sie. Ich vermisse auch unsere gemeinsamen verrückten Jahre, als wir an Love & Peace glaubten. Die Welt ist seither kälter geworden. Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Geändert von Seeräuber-Jenny (02.07.2009 um 21:02 Uhr) |
07.07.2009, 01:01 | #6 |
Lyrische Emotion
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Liebe Jenny,
das ist fürwahr ein ergreifendes Gedicht, welches mich gefesselt hat. Es ist natürlich immer problematisch, wenn Autor und Lyrisches Ich übereinstimmen, weil ein Kommentar dann persönlich wird. Erfahrungen kann einem niemand nehmen. Ich glaube sogar, daß wir ausschließlich auf dieser Welt sind, um Erfahrungen zu sammeln. Was der einzelne nun daraus für sich macht, ist etwas anderes. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, was hätte wie geschehen können, Tatsache bleiben die vorliegenden Fakten. Aber diese sind Vergangenheit, zumindest in unserer jetzigen Existenz. Man darf sich nicht an Vergangenem fest halten. Es prägt, man erinnert sich, aber der Blick geht vorwärts. Man muss das Beste daraus machen, selbst wenn es nicht auf Anhieb funktioniert. Erst wer den Versuch aufgibt, hat verloren. In diesem Sinne kann ich dem Lyrischen Ich nur sagen, sei froh und dankbar, daß du noch da bist und lerne aus dem Geschehen, damit dieses Opfer nicht umsonst war. Gerne und ergriffen gelesen und kommentiert. Zünden wir für Rino ein Licht an... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
09.07.2009, 00:38 | #7 |
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Ahoi Falderwald,
da ja ein großer Teil meiner Gedichte sehr persönlich ist, sind auch persönliche Kommentare dazu willkommen. Es stimmt, die Erfahrungen und Erinnerungen kann einem niemand nehmen. Wir wollten neue Wege beschreiten. Manche von ihnen führten in die Irre, doch der Grundgedanke blieb: Wir wollten eine friedliche, eine bessere Welt schaffen, und die Überlebenden von uns, die etwas bescheidener waren als die zu früh Gestorbenen, werden immer versuchen, die gemeinsame Idee zu verwirklichen. So begleitet das Vergangene uns durch unser ganzes Leben, und nichts war vergeblich. Aye, zünden wir für Rino ein helles Licht an! Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Geändert von Seeräuber-Jenny (09.07.2009 um 00:39 Uhr) |
09.07.2009, 01:15 | #8 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo Jenny
Da das Gedicht eine sehr persönliche Hommage an eine Person ist, chreibe ich dazu nichts, außer, dass das Gedicht meiner Ansicht nach ohne die Wiederholungen zu Strophenbeginn (ach Freund...) auskommt, einmal zu Beginn würde reichen. Ich denke, ich komme auch aus dieser Zeit und habe ebenso manchen Kumpel und Freund überlebt. Wir sollten dabei vielleicht aber außer Acht lassen, diese Zeit zu glorifizieren. Gut, wir waren jung und voller Träume. Wie jede Jugend davor und danach folgten wir neuen Idealen, wenn sie nur irgendwie konträr zu konservativen Umständen waren! Im Grunde ächteten wir die Bürgerschaft, weil wir annahmen, dass sie sich in das Spießbürgertum zurückzogen und die echten Probleme verdrängten. Was ja durchaus zutraf und -trifft. Doch jede Form von Rausch ist eben auch eine Weltflucht!! Und Ideale sind manchmal die tyrannischsten Diktatoren. Nichtsdestotrotz ist vor allem die Musik jener Zeit immer noch in meinen Freizeitgenüssen parat. Ich liebe sie und gottseidank gibt es noch immer eine Szene, die weit mehr an Musikalität für meinen Geschmack bietet, als Mainstream! Magst du auch noch gute Musik und gönnst dir dazu Muse? Was ich aus der Zeit an Einsicht gewann? Kämpfen für eine bessere Welt ist zunächst der Kampf mit den Dämonen, die in mir im Geheimen mit allem Unbill der Welt gleichgeschaltet sind. Wenn ich die im Griff hab, muss ich weder 40 Tage dazu in die Wüste, noch anderen ihre verdammen. Blaugold |
12.07.2009, 03:14 | #9 |
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Ahoi Blaugold,
die erste Zeile habe ich wiederholt, weil sie - so ähnlich wie ein Song - jeweils zu neuen Erinnerungen überleitet. Aber vielleicht hast du recht und ich könnte darauf verzichten. Mal sehen... Nein, an den Idealen meiner Jugendzeit halte ich fest, denn sie haben sich für mich als richtig erwiesen. Man muss sich ja nicht unbedingt kaputt machen, wenn man für eine bessere Welt kämpft. Jeder von denen, die ihr Leben weggeworfen haben, ist ein Kämpfer weniger für unsere Ideale. Auch die Musik jener Zeit, die ich noch sehr gerne höre – vor allem Neil Young und Bob Dylan - gibt mir die Bestätigung, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Aye, diese Dämonen, die gilt es zu überwinden. Und es ist richtig, sie sind auch in uns selbst. Doch sind es nur Schatten. Wir werden sie schon verscheuchen. Danke für deine einfühlsamen Worte. Lieben Gruß Seeräuber-Jenny Geändert von Seeräuber-Jenny (12.07.2009 um 03:16 Uhr) |
12.07.2009, 17:11 | #10 |
Gast
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Ahoi Jenny, wow. Als ich deine Zeilen las, bekam ich eine Gänsehaut nach der Anderen - überwältigend.
Aufgrund der von dir hier eingeräumten Authentizität sowie dem durchaus auch für mich nachvollziehbarem etwaigen "Gleichnis der Erinnerungen" wirkt dein Werk auf mich sehr nachhaltig, trotz oder gerade wegen seiner Melancholie. Jene "Magie", wenn auch bei Weitem nicht so "exzessiv", konnte ich wahrhaft nachspüren. Da es dir ein sehr persönliches Werk ist, vermag ich deine Zeilen vom Formalen her nicht zu sezieren oder gar inhaltlich zu analysieren. Ich schweige sodann und hinterlasse dir lieber meinen ganzen Respekt. alles liebe, Helene |
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