01.11.2009, 19:43 | #1 |
gesperrte Senorissima
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Ein Falke
Das Mareile war auf der Alm das Beste.
Gings um Kühhüten .. alle folgten ihm brav nach. Gings um Melken ... die Flinkste mit den Fingern und keine der Kühe blökte. In der Käserei ... da kam ihr keine gleich. Gemocht hat sie die einsamen Monate an der Tiere Seite. Das Alleinsein. Lief gern durch die Hochwiesen. Fand ihn. Der rechte Fittich war gebrochen. Sie nahm ihn auf, dessen strenges Falkenaug auf sie gerichtet blieb. In ihrer kargen Kammer hat sie ihn gepflegt, geatzt, geheilt. Er blieb. Jörg kam von unten. Wild auf das Mädel, wild auf die Käserei. Die Reichtum versprach. Schmälzte seine Rede, schlich samtig um das Mädel rum. Gab heftig Freierei. Marei wollts nicht haben, wenn sie auch vorher den Jörg beim Tanz nicht abgelehnt hat. Der Jörg wollt mit Gewalt sich nehmen, was ihm nicht gehört hat. Eine zarte Kehle. Hände zu grob. Hat nicht recht getan. Klauen haben sich in seine Augen, in seine Kehle gegraben. Den Falken hat man nie wieder gesehn. |
01.11.2009, 20:02 | #2 |
Eiland-Dichter
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Liebe Cyparis,
wieder sehr beeindruckend... eine Geschichte wie aus einem Guss. Außerdem durfte ich ein neues Wort lernen. Sehr preisverdächtig finde ich die Formulierung "schmälzte seine Rede". Sehr gerne gelesen. vlg Elly |
01.11.2009, 21:31 | #3 |
gesperrte Senorissima
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Liebe Elly,
hab Dank für Deinen Kommentar! Meine "Alpensagen" sind kurz und eigentlich sehr altmodisch. Wenn sie trotzdem gefallen können: Welche Freude! "Ein neues Wort" ... welches? Lieben Gruß von cyparis |
01.11.2009, 22:15 | #4 |
Eiland-Dichter
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Liebe Cyparis,
es ist das Wort ATZEN, was ich von dir lernen durfte. Gut gewählt... es gibt dem Text an der Stelle so ein gewisses Kolorit. Liebe Grüße Elly |
02.11.2009, 05:36 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Liebe Cyparis,
kurz, prägnant, ohne alle Schnörkel, lässt Interpretationsmöglichkeiten zu, regt zum Nachdenken an. In deinen Alpengeschichten geht es immer "gerecht" zu, das Böse wird bestraft. Hast du schon mal daran gedacht, es anders ausgehen zu lassen? Einen schönen Tag wünsche ich dir. Pedro
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>Die Kritiker nehmen eine Kartoffel, schneiden sie zurecht, bis sie die Form einer Birne hat, dann beißen sie hinein und sagen: „Schmeckt gar nicht wie Birne.“< (Max Frisch) |
02.11.2009, 05:53 | #6 |
gesperrte Senorissima
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Lieber Pedro,
nein, daran habe ich explizit nicht gedacht, weil es leider nur in meinen Geschichten gerecht/gerächt zugeht. Im wirklichen Leben ist es ganz anders. Angeregt wurde ich vor Jahrzehnten von Wolfdietrich Schnurre ("Der Reiher") und einer Alpensage ("Der Toggeli"). Ich hatte eine veritable Sammlung selbstgemachter Sagen, die leider bei einem Umzug verloren ging. So allmählich forme ich sie mir wieder zurecht. Hab herzlichen Dank für Deinen Kommentar! Auch Dir einen schönen Tag! cyparis |
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