Unvollendeter Himmelsblick

[Blaugold]

Asterix* wird 50! Ich fand in meinem Archiv eine lange Story, in der dieser geflügelte Gallier (am Helm) eine Nebenrolle einnimmt. Bitteschön:

Es war einmal ein Kunstmaler, der malte anfangs grauselig;
er stellte seine Werke aus und er bekommt beherzt Kritik.

Die Farben seien eintönig, Motive gar nicht zu entdecken.
"Warum", fragt jemand, "malt er nur in linke, äuß're, unt're Ecken?"

"Jetzt bin ich schwer beleidigt", so mokiert der Maler im Verdruss,
"dass ich noch meine zarte Seele so behandeln lassen muss!"

Ein and'rer merkte hellwach an, und meinte es dahinter mild:
Auch Kunst ist imperfekt. Was macht denn Asterix da auf dem Bild?

Der Maler, wieder schwer getroffen: "Das ist Rufmord am Genie!
Ein Engel ist kein Schundheftheld, der Hinweis grenzt an Blasphemie".

So manche sagten: schön und gut, man könne darin Alles seh'n.
Der Maler jauchzt entrückt und stolz: "Ha, endlich ein paar, die's versteh'n !

Ganz schnell kreiert er noch ein Bild, jetzt mal in Unicolorgrün.
Den ganzen linken Leinwandrand malt er mit links, mehr link als kühn.

Nur biographisch schwer zu deuten, meint jetzt einer zu dem Werk.
Der Maler fühlt sich unverstanden: "Ich bin doch kein Comiczwerg!"

Noch einmal schuf er einen Schinken: Nur den Himmel, wie er strahlt.
Er hat dazu die ganze Leinwand dicht mit Sternen vollgemalt.

Ach, wunderschön sei dieser Ausdruck. Besser als das Or'ginal.
Ein Engel fehlt, meint eine, und der Künstler windet sich in Qual.

Er malt dann auch zunächst nicht mehr, im Glauben fühlt' er sich erschüttert.
Denn and're malen Dinge so, womit er nie sein Hirn gefüttert.

Doch eines Tages, still und leise, stellt er stolz sein Meisterstück,
inmitten unter tausend Werken in die Galerie zurück.

Hart in die Kunstwelt eingedonnert, sah man vorher nie dergleichen:
Das Himmelsbild harmonisch jetzt. Nur Engel A.*, der musste weichen.

Die linken, rechten, unt'ren Ecken wunderbar mit Schwung gemacht.
Im ob'ren Teil des Bildes blank. Der Maler sich ins Fäustchen lacht.

"Der unvollendet' Himmelsblick". So heißt das Bild, mehr schlicht als schlecht.
Und endlich wird die Vision vom Jenseits auch der Kunst gerecht!

[Walther]

Lb. Blaugold,

man mag das als Gleichnis über alle mittelmäßigen Künstler deuten. Jedenfalls habe ich es mit Schmunzeln gelesen - auch, da ich bekennder Fan der frühen Asterixe bin, als Goscinny und Uderzo noch gemeinsam diese Heftchen machten.

Mit einem Schmunzeln gelesen, mich selbst erkannt und aus dem Eiland-Archiv gehoben.

LG W.

[Blaugold]

Hallo Walther

Ja, das Gedicht ist ganz sicher gleichnishaft über Künstler aller Art zu lesen. Aber auch sogenannte Kunstsachverständige können sich, wenn sie wollen, den Schuh anziehen. Ebenso der biedere Kunstinteressierte allgemein. Und mein integriertes Augenzwinkern gibt sogar noch was über den Jenseitsglauben preis: Unvollendet.
Wenn ich meine eigene Kenntnis der Kunst, z.B. der Lyrik zugebe, dann bin ich nach selbstbewusster Einschätzung ein interessierter Übender.
Deshalb trifft auf mich Strophe2 im 6.Vers ganz sicher zu:
Der Maler (Dichter)jauchzt entrückt und stolz: "Ha, endlich ein paar, die's versteh'n !

Ich finde auch, dass Asterix ohne Goscinny ziemlich lau ist. Aber gottseidank gibt es durchaus noch Funnies unter den Comics, die überdurchschnittlich sind und die ich auch heute noch begeistert lese, z.B. TROLL VON TROY. Kennst du den?

Es freut mich, dass du schmunzeln konntest und dass das Gedicht von dir kommentiert wurde.

Blaugold