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Alt 26.01.2013, 21:32   #1
Lisa
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 20.06.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 242
Standard Nacht

Nacht

Wenn sich die dunklen Schatten senken

und das Licht des Tages geht

nähr ich mich mit hellem Denken

falt die Hände zum Gebet

Erinnerungen leben

die unvergänglich sind

Gedanken schwingen lautlos
enteilen mit dem Wind

Ganz langsam und behutsam
entlass ich sie ins Nichts

und bedanke mich für diesen Tag

im letzten Schein des Lichts
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Alt 27.01.2013, 11:37   #2
marzipania
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Hallo Lisa,
ein tröstliches Gedicht für Gläubige. Mit schönen Bildern.
M. E. verschenkst du aber durch die Formatierung viel an Wirkung.
Vielleicht könntest du dich auch in folgender Version wiederfinden?

Zitat:
Nacht

Wenn sich dunkle Schatten senken
und das Licht des Tages geht,
nähr ich mich mit hellem Denken,
falt die Hände zum Gebet.

Auch Erinnerungen leben,
weil sie unvergänglich sind,
und Gedanken schwingen lautlos,
rasch enteilend mit dem Wind.

Langsam und behutsam
geb ich sie ins Nichts,

danke Dir für diesen Tag,
froh, im letzten Schein des Lichts.
Ein paar metrische Unregelmäßigkeiten habe ich gleich mit ausgebügelt.

LG, marcy
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Alt 27.01.2013, 12:15   #3
Lord Skarak
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Hallo Lisa

Ich bin am Anfang sofort über die Tautologie "dunkle Schatten" gestolpert. Mir ist die Abwesenheit von sowas ein bisschen wichtig. Dass die Metrik nicht einheitlich ist ist dir glaube ich absolut klar und du hättest wahrscheinlich metrischere Verse einflechten können als diese die da stehen, daher werte ich das erstmal als Verneinung eines Stilmittels um der Natürlichkeit oder etwas anderen willen. Nacht oder versterben, Bewusstseinsaufgabe, altbekannte Themen und sie werden durch den Widerspruch am Ende deutlich: Das lyrische Ich vertritt die Meinung Erinnerungen seien unvergänglich aber ist zugleich bereit seine Gedanken ins Nichts zu entlassen. Da Erinnerungen aber Gedanken sind und Gedanken ins Nichts entlassen werden können wo sie "nicht mehr sind", so gilt das auch für Erinnerungen, sie sind also vergänglich. Dass dein lyrisches Ich diesen Widerspruch anscheinend nicht mehr sieht führe ich auf sein bereits verlöschendes Bewusstsein zurück.

Grüße
Skarak

Nachtrag: Auch die gegen Ende des Gedichtes abflauende metrische Struktur lässt auf ein Verlöschen des Bewusstseins schließen, die Systematik vergeht, die Regeln verwaschen.

Geändert von Lord Skarak (27.01.2013 um 12:22 Uhr)
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Alt 02.02.2013, 14:00   #4
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard

Hi Lisa,

ja die Formulierung "dunkle Schatten" ist eine Doppelung (so wie es etwa der "lichte Tag" wäre) - doch ich glaube, hier hat die Wendung Berechtigung, weil sie Ausdruck einer besonders intensiv gefühlten Beklemmung sein soll.

Jedenfalls halte ich ein wenig den Atem an beim Lesen deiner Zeilen.

Mit den Erinnerungen ist es ja so:
Objektiv betrachtet wird man sagen müssen, dass mit dem Auslöschen eines Indivduums auch seine Erinnerungen erlöschen ( es sei denn, es hätte sie in bildlicher oder sprachlicher Form irgendwo festgehalten),
subjektiv betrachtet wird aber jeder schon einmal das Gefühl der "Unvergänglichkeit" gewisser persönlicher Erinnerungen gehabt haben.
Ins "Nichts entlassen" deutet wohl auf die Bereitschaft des LyrIchs hin, dem Leben Lebewohl zu sagen?
An dieser Stelle könnten jetzt die Philosophen und Religionswissenschafter zu diskutieren beginnen, ob dieses Nichts ein "leeres Nichts" oder ein "gefülltes Nichts" wäre....?

Ich denke aber, ein Gedicht ist keine wissenschaftliche Abhandlung und Darstellung von Fakten - daher kann ich mit der subjektiv empfundenen Unendlichkeit des Erinnerten gut leben und halte sie für authentisch.

Du hast einfach ein wunderschönes Gedicht geschrieben, das mich von seiner Atmosphäre her sehr packt.

Habs gerne gelesen!
LG, larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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