07.07.2013, 11:09 | #1 |
TENEBRAE
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Verbitterung
Die Zeit vergeht nicht mehr, sie geht vorüber
an einer Seele, die sie nicht mehr spürt, nur wach noch liegt, da sie zu zäh ist, über den Rand zu gleiten, der ins Leere führt. Sein Lied erklingt nicht mehr. Es flüstern Schatten aus dem Erkalteten, das ihn versiegelt, und all die Wünsche, die sein Wollen hatten, hat lang kein Auge mehr zur Welt gespiegelt. Wozu noch ringen mit dem Schein der Dinge, wozu sich stemmen gegen einen Sturm, der keinen trägt mit einer lahmen Schwinge aus all dem Elfenbein in seinem Turm? Der Tanz der Jahreszeiten wirkt verschwommen vor seiner Unbewegtheit, die verblasst, und alle Tage, die vielleicht noch kommen, sind ihm Gefängnis nur - und eine Last.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (24.06.2017 um 01:01 Uhr) |
08.07.2013, 23:36 | #2 |
Lyrische Emotion
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Servus Erich,
das ist schlicht und einfach ergreifend, man kann sich nahezu in den beschriebenen Zustand hineinversetzen. Da liegt jemand und ist zwar scheinbar wach, aber trotzdem nicht mehr bei Bewusstsein. Teilnahmslos geht die Zeit an ihm vorüber, nur noch die biologische Maschinerie funktioniert, er kann noch nicht sterben. Er hat seine Kommunikationsfähigkeit verloren, ebenso seine Erinnerungen und seine kognitiven Fähigkeiten sind somit zerstört. Es spiegeln sich keine Wünsche und Erwartungen mehr auf seinen Augen wieder. (Eine sehr, sehr schöne Strophe, diese zweite übrigens, Kompliment.) Da drängt sich die Frage auf, warum so jemand, der seine Persönlichkeit verloren zu haben scheint, noch auf diese Weise weiter existieren muss. Er ist gefangen in seinem Elfenbeinturm und ein Entkommen aus diesem unmöglich. Die Jahreszeiten ziehen unbemerkt an ihm vorüber, dieser Zustand wird für ihn zum Gefängnis und für alle anderen Beteiligten eine Last. Fazit: Ich denke, der Text beschreibt den Zustand einer schwer an Demenz im fortgeschrittenen Stadium erkrankten Person. Eine tückische Krankheit, die dem Betroffenen die Persönlichkeit nimmt, aber an der er im eigentlichen Sinne nicht sterben kann. Ein jämmerlicher Zustand für einen Menschen mit einem vorher gesunden Geist und eine Belastung und womöglich eine Gefahr für seine Umwelt, weil er noch nicht einmal mehr dazu in der Lage ist, seinen eigenen Zustand einzusehen. Er lebt in einer für ihn völlig fremden Welt, weil er einfach alles Bekannte vergessen hat. Ein sehr traurig nachdenklich machender Text, der das Schicksal eines Betroffenen erschreckend bildhaft nachstellen konnte. Sehr authentisch aus dieser Sicht heraus und wortgewandt. In diesem Sinne hat mir das Gedicht gut gefallen. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
09.07.2013, 00:09 | #3 |
TENEBRAE
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Hi, Faldi!
Deine Deutung ist interessant und durchaus berechtigt, aber in diesem Fall hätte die Lektüre des Titel wohl mehr über meine lyrische Intention verraten! Ich wollte den Zustand der inneren Antriebslosigkeit eines Menschen beschreiben, der in allem nur noch das Negative zu sehen vermag, dem nichts mehr schön oder heilig ist. Dies ist das lyrische Testaments eines melancholischen, selbstgerechten Zynikers, der über alles schon gerichtet hat...mit Parallelen zu einem gewissen Anteil meines eigenen Selbst! Mit der "Unbewegtheit", in der seine Seele liegt, meinte ich eine geistige, charakterliche, keine physische. Dem lyrischen Ausdruck dieses Details habe ich wohl zu wenig Rechnung getragen, deshalb will ich deine Deutung auch als gleichwertig stehen lassen und der meinen zur Seite stellen. Vielen Dank für diese "andere Sicht" auf meine Zeilen! LG, eKy
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09.07.2013, 00:55 | #4 |
Lyrische Emotion
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Servus Erich,
ok, diese Sichtweise kann ich ebenfalls nachvollziehen. Mir war nur bekannt, dass an Demenz Erkrankte auch oft Verbitterung zeigen und anderen gegenüber sehr verletzend sein können, was auch auf dieser Seite wieder Verbitterung hervorbringen kann. Auch kann man sehr verbittert sein über solch ein Schicksal, wenn es einem nahestehenden Menschen widerfährt. Gerade die zweite Strophe hatte mich eigentlich auf meine Fährte gebracht, aber so kann man irren. Es ändert aber nichts daran, dass hier ein sehr lyrischer Text vorliegt. Liebe Grüße Falderwald
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09.07.2013, 01:33 | #5 |
TENEBRAE
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Physische oder psychische Erkrankung - eigentlich Jacke wie Hose, bedingt eins doch oft genug das andere.
Was - vom hinteren Ende betrachtet - zuerst da war, spielt dann kaum noch eine Rolle - bestenfalls für Statistiker. So gesehen liegen wir wohl beide richtig... Danke für deine Gedanken! LG, eKy
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