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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 16.07.2015, 20:51   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich, moin wolo,

entschuldigt, dass ich mich hier einmische.

Die von wolo angeführte Stelle in Zeile 2 mit "sich"/"dich" ist mir zunächst gar nicht aufgefallen.

Ich habe den Text daraufhin noch mehrere Male durchgelesen.
Meines Erachtens erfolgt durchgehend an den Zeilenanfängen eine direkte Ansprache an den Baum:

1. Du, im Verzweigten auferstanden,
2. Du, in des Jahres Kreis geboren,
3. Du bist der Baum...

Zudem habe ich mir die erste Zeile noch einmal genau angeschaut:

Du, im Verzweigten auferstanden,
sich nährend aus der Erde Kraft,
vermehrt von grünenden Gewanden,
und von den Lüften aufgerafft -


Die ganze Strophe ist eine Aufzählung von aktiven und passiven Eigenschaften und ergibt noch nicht einmal einen vollständigen Satz, da die Aufzählungen ja in der zweiten Strophe weiter gehen und erst in der ersten Zeile der dritten Strophe zusammengeführt werden, auch um den Satz grammatisch zu vervollständigen, was vollkommen in Ordnung geht.

Wenn ich mir die erste Strophe so anschaue, dann sehe ich dort, wie schon erwähnt, aktive und passive Eigenschaften.
Am Anfang der Strophe steht "Du" und dieses "Du" ist für jede nachfolgende Zeile präsent.

Erste Version:

Du (bist) im Verzweigen auferstanden,
(du) nährst dich aus der Erde Kraft,
(du wirst) vermehrt von grünenden Gewanden
und (du wirst) von den Lüften aufgerafft -

Hier hätten wir auf jeden Fall "dich", so hat es wolo gemeint.

Zweite Version:

Du (bist) im Verzweigen auferstanden,
(du,) der sich nährt aus der Erde Kraft,
(du wirst) vermehrt von grünenden Gewanden,
und (du wirst) von den Lüften aufgerafft -

So würde es funktionieren und wir hätten "sich" und ich denke, so hat es Erich gemeint.

Alle Zeilen funktionieren nach demselben Schema:

Du, im Verzweigten auferstanden, bist der Baum, an den ich lehne.
Du, sich nährend aus der Erde Kraft, bist der Baum, an den ich lehne.
Du, vermehrt von grünenden Gewanden, bist der Baum, an den ich lehne.
Du, von den Lüften aufgerafft, bist der Baum, an den ich lehne.

Du, in des Jahres Kreis geboren, bist der Baum, an den ich lehne.
Du, erhoben in des Tages Licht, bist der Baum, an den ich lehne.
Du, dem ewig Wandelnden verschworen, bist der Baum, an den ich lehne.
Du, wurzelnd wie im Gleichgewicht, bist der Baum, an den ich lehne.

Fazit:

Du, sich nährend aus der Erde Kraft, bist der Baum, an den ich lehne.
Du, dich nährend aus der Erde Kraft, bist der Baum, an den ich lehne.

Ich finde den ganzen Satz mit seiner Partizipbildung an dieser Stelle ein wenig problematisch, doch ich denke, es geht beides.
Aber - entscheidet selbst...


Liebe Grüße

Falderwald


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.07.2015, 22:15   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Faldi!

Vielen Dank für die klärende Aufschlüsselung! Da war ich zu faul zu. Ich bin auch der Ansicht, dass beides möglich ist - je nach Bezugswort für das "dich" oder das "sich".
Ich hätte es so erklärt: Der Baum wird zwar anfänglich persönlich angesprochen, aber dann folgen viele das Baumbild beschreibende Teilsätze, die nicht unbedingt den Baum direkt ansprechen müssen, sondern teils ganz allgemein Eigenschaften erläutern.
Bezöge ich jede Zeile auf das einleitende "Du", so müsste ich "dich" nehmen. Beziehe ich die Sprachbilder aber alle auf "der Baum", das Gleichsetzungsglied in S3Z1, so passt das "sich".
Also ist diese Zeile (S3Z1 - "Du bist der Baum") die entscheidende - der Kulminationspunkt dieses Konstrukts.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.08.2015, 07:10   #3
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
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Hey, Erich,
Bäume sind was ganz Feines, besonders Laubbäume:
Sie zeigen uns ihre innere Struktur und Ordnung auf einen Blick!.
Die verwirrrenden Verästelungen mögen auf den ersten Blick chaotisch erscheinen, folgen aber doch dem inneren Gesetz von Differenzierung und Verfeinerung.

Ich denke, so ist das " von außen leicht" zu verstehen.
Das LyrIch erkennt sich in dem Baum wieder, indem es meint:
Das, was euch an mir so banal, nebensächlich erscheinen mag, hat tiefe Wurzeln und gute Gründe, die oft weit in die Vergangenheit zurück reichen!

Die Verbindung mit der Erde berührt uns, wohl deshalb, weil Bäume mitunter an geradezu unmöglichen Stellen wachsen.

Und:
Wir werden sie noch dringend brauchen, um das Klima der Erde zu stabilisieren.

In dem Sinne: Liebt sie Bäume!

Danke, dass du uns daran erinnert hast.
LG, larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
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