28.12.2011, 14:47 | #11 | |
asphaltwaldwesen
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Zitat:
ich werds schon wieder wegstecken, wüstenvogel. wird nur eine weile dauern. mach dir keine gedanken deswegen. aber heut war bei mir einfach dieser dialog von euch der tropfen, der das fass zum überlaufen gebracht hat. und mich betroffen gemacht hat. (das thema ist ja hier über die letzten wochen aktuell und findet sich in mehreren beiträgen und diskussionen - stets mit ähnlichem grundtenor, wenn auch nicht so unverhohlen agressiv formuliert wie hier. und als jemand, der genau hinliest - auch bei texten, die ich selbst so nicht schreiben würde - trifft mich eben eine solche botschaft - mitsamt derjenigen zwischen den zeilen - schneller und heftiger als andere. so bin ich nun mal. das ist gabe und handicap zugleich. ohne die könnte ich aber auch viele lyrische texte nicht so lesen und verstehen, wie ich es tue und oft damit in meinen rezensionen freude bereite). ich werd allerdings sicher in nächster zeit texte von mir nicht mit derselben unbeschwertheit und freude einstellen können wie bisher. das braucht seine zeit, bis ich mich da wieder wohl fühlen werde damit. etwas angeknackster lieber gruß, fee Geändert von fee (28.12.2011 um 14:54 Uhr) |
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29.12.2011, 12:39 | #12 |
TENEBRAE
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Ich entschuldige mich gern für die unnötig heftigen Ausdrücke - die waren überflüssig und meiner nicht würdig. Ich schrieb dies in einem Augenblick des "Aufkochens", des heiligen Zornes über jene "freien" Dichter, deren eindeutiges experimentalsprachliches Wischiwaschi vielen Leuten den Spaß an der althergebrachten Lyrik verdorben hat, die sie abfällig als "biederes Zeux" bezeichnen und als "im Sinne der Zeit unkreativ". Sowas ärgert MICH sehr.
In einem Augenblick solchen Ärgers schlage ich dann schon mal um mich. Allerdings ohne jemanden bewußt verletzen zu wollen! Da soll nur mein eigenes Verletztsein ein Ventil finden, und zwar durch solche Leute, die tatsächlich glauben, wirres Zeux "abtropfen" zu lassen, sei schon hohe Sprachkunst - ich dachte, ich hätte dies oben eindeutig spezifiziert. Wenn ich den Beitrag nun aber - mit Abstand - wieder lese, muss ich eingestehen, dass der Schlag wesentlich "rundumschlagender" geriet als gedacht! Du tust Recht daran, fee, dich darob gekränkt zu fühlen, und ich entschuldige mich aufrichtig bei dir für diesen Lapsus! Ich meinte allerdings wirklich eigentlich jene "Flachsprachschaukler", die sich absolut keine Mühe machen wollen, nur eine exaltierte Show abziehen, um sich mit dem Nimbus zutiefster "Künstlerhaftigkeit" zu schmücken für jene, die ihnen das dann auch noch abkaufen. Tatsache ist, dass solche Blender sich in 99 von hundert Fällen der "modernen Lyrik" bedienen, weil es scheinbar soviel leichter ist, damit zu blenden. DIE hatte ich auf dem Kieker, nicht jene, die sich ernsthaft um eine Aussage und die tiefstmögliche Vermittlung derselben bemühen! Ich gebe zu, dass ich mit verse libre nichts anfangen kann, und auch, dass ich dieser Form extrem reserviert gegenüberstehe, ob jemand nun Tranströmer heißt oder nicht. Meine Verachtung soll aber nur jene "Abstauber" treffen, die sich leider auch zuhauf in den Foren tummeln. Es tut mir leid, wenn ich es so formuliert habe, dass sich ALLE Vertreter dieser Richtung gekränkt und herabgesetzt fühlen. Ich hätte auch nicht gedacht, dass ausgerechnet die Meinung von so einem alten Suderer hier derart ins Gewicht fallen könnte. Also nochmal: Sorry für die verdorbene Laune. Ich werde fürderhin versuchen, mich noch eiserner zurückzuhalten. Am besten, ich ziehe wieder über Frauen her. Obwohl... LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (29.12.2011 um 13:10 Uhr) |
29.12.2011, 14:43 | #13 | |
asphaltwaldwesen
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dacht ich mir schon, lieber erich.
entschuldigung angenommen. Zitat:
du hast übrigens bestätigt, was ich schon lange meine wahrzunehmen: dass nämlich beide seiten gekränkt sind durch die ab-urteilung oder auch nur das un-verständnis der "anderen seite". meist liest man ja nur solch gekränktes "gewetter" - entsprungen aus eigenem frust über das nicht-akzeptiert oder erst-gar-nicht-wahrgenommen-werden-wollen. so gut wie nie lese ich, dass mal einer einlenkt und meint "ich lass mir das gern mal näherbringen und hör mir unvoreingenommen deine überlegungen zu deiner wahl von form und mitteln an". auch nicht jenen gegenüber, die das gerne versuchen würden zu erklären, dass sie sich dabei viel überlegen und sehr bewusst und gezielt versuchen, ausdrucksformen für ihre gefühls- und beobachtungswelten zu finden. die crux am ganzen: es lässt sich nur schwer erklären. vieles ist tatsächlich bauchgefühl. das allerdings lese ich z.bsp. auch in vielen deiner gedichte, die sehr durchkonstruiert und von gut erkennbaren äußeren gerüsten getragen sind. da du die aber mit links beherrschst, ist der hauptanteil deiner schreibarbeit inzwischen - so empfinde ich es jedenfalls - auch schon bauchgefühl. du hast sozusagen deine "dichter-stimme" schon so "intus", dass du sie ganz selbstverständlich gebrauchen kannst. nicht, wie andere, um jede formulierung hart ringen musst. das bauchgefühl der vers-libre-schreiber, die ernsthaft bei der sache sind, spielt da eine ebenso große rolle, um ein gedicht auch zu beseelter lyrik zu machen. es sieht eben nur ganz anders aus. und ich behaupte mal, es ist immer rechtens, zu sagen "bei mir kommt nichts rüber". aber dann sollte es mit der sehr bewussten wahrnehmung dessen geschehen, dass man sich selbst beobachtet, ob man sich überhaupt auf die "andere" sprache einlassen wollte dabei oder nicht. und das frust-gewetter, das sich ja mit regelmäßigkeit in foren immer wieder mal von gekränkten reim-dichtern über die gesamtheit der vers-libre-möchtegerns entlädt, fördert eben nicht grade die bereitschaft, einander zuhören und die andere sprache ein stück weit erforschen zu wollen. irgendwie haben also beide seiten dasselbe problem. oder? sich kränken und mauern wird das aber nicht lösen, sag ich mal ganz gradheraus. ich wünsch dir - und allen dichtern aller "sparten" und "sprachen" - in diesem sinne einen guten rutsch ins neue jahr!!! liebe grüße, fee |
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29.12.2011, 17:10 | #14 |
TENEBRAE
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Hi, Fee!
Gleich mal eine kleine Lektion in gegenseitigem Verständnis: Diese "Gerüste", wie du die Reimschemata und Stropheneinteilungen nennst, musste ich nie beherrschen lernen! Die waren einfach schon da - irgendwie. Ein innerer Rhythmus, das Begreifen von Sprache als eine sich wiegende Melodie... Selbst die verschiedenen Reimschemata habe ich mir selbst "aufgeschafft", einfach indem ich eine Liste mit Möglichkeiten machte, sie durchprobierte und jene, die mir am besten gefielen oder lagen, immer weiterverwendete. Beim Dichten selbst ist es immer die erste Strophe, deren "Konstruktion" über das laufende Schema entscheidet. Ein Gedanke wird lyrisch umgesetzt, und je nach Bau der ersten Zeilen ergibt sich das Schema für die restlichen Strophen, das dann nur fortgeführt oder regelmäßig mit einem anderen Schema abgewechselt wird. Ich kenne die ganzen Fachbegriffe bis heute nicht... Diese "Schematisierung" war also NIE ein zu Erlernendes für mich, das, mühsam erarbeitet, mir erst das Dichten ermöglicht. Es fügt sich alles quasi nebenbei. Bewußter ist da schon der Akt, am Klang meiner Zeilen zu feilen, die Satzmelodie obstruktionsfrei fließen zu lassen, ohne vom Inhalt abzuweichen, obwohl ich dazu tendiere, eher den Inhalt dem Fluß unterzuordnen als umgekehrt (den Inhalt von Gedichten halte ich für beliebiger und austauschbarer, als die meisten glauben wollen, aber dazu später und weiter unten mehr...). Und natürlich interessante, unverbrauchte Bilder mit Worten zu malen. Die Feinheiten sind Erfahrungs- und Übungssache, aber das "Gerüstbauen" war bei schon im genetischen Bausatz mit dabei. Vielleicht führt diese starke Sprachmusikalität auch mit dazu, dass ich zu reimloser Lyrik keinen Bezug finde - bestenfalls einen grob intellektuellen. Das Herz ist aber nie dabei. Das schwingt nicht, das klingt nicht, das singt nicht in mir...da weigert sich der Rest beinahe schon automatisch, sich weiter damit zu befassen. Für mich ist Lyrik immer auch Melodie und Gleichklang, und genau das fehlt mir bei diesen Werken der großen "Erneuerer" um jeden Preis. Da finde ich leider einfach nicht rein! Auch gebe ich dieser Art, Gedichte zu schreiben, einen Gutteil Schuld daran, dass breite Anteile der Bevölkerung das Interesse an Lyrik verloren haben. Ich weiß, eine sehr subjektive Sicht, eher eine Theorie, die ich aber gut nachvollziehen kann. Mir fehlt einfach "das Schöne" in dieser Dichtung, es ist zu kopflastig nach meinem Geschmack, und ohne den Sang und Klang von Reimen und Rhythmus klanglich einfach zu flach, um tief in mir zu schürfen. Ich postuliere also mal frech, dass es vielen ehemaligen Lesern ebenso erging, als diese moderne Kunst aufkam, und sie wandten sich von dieser Literatursparte ab. So ging die (ohnehin nie sehr große) Breitenwirkung verloren, und Zeitungen, Zeitschriften und Magazine brachten bestenfalls noch Politsatire in Gedichtform, meist auch noch laienhaft gemacht, jedenfalls keine "ernste" gereimte Lyrik mehr, und das "moderne Zeug" wollte ohnehin keiner, der die klassische Lyrik gewohnt war und noch im Ohr hatte. So denke ich mir das. Denn eines wirst du nicht absprechen können: Für die Breitenwirkung von Lyrik sorgte immer das "gereimte Zeug", das die Schönheit der Sprache selbst feierte, und nicht der "Mitdenksport" moderner Lyrik, der nichts in einem zum Singen oder gar zum Weinen bringt (zuindest in "einem" wie mir...)! Wenn ich Rilke lese, passiert mir das regelmäßig: Ich heule - nicht der Inhalte wegen, sondern einfach, schlicht und ergreifend nur deshalb, weil sie SPRACHE selbst so wunder-, wunderschön ist!!! Kannst selbst du als Verfechterin des verse libre dir so etwas bei reimloser Lyrik ernstlich vorstellen? Wenn ja, dann leben wir tatsächlich auf verschiedenen Planeten! Dies alles hat mich übrigens zu einer weiteren Theorie geführt, die mein Schaffen tiefgreifend beeinflusste: Bei (wirklich guter) Lyrik ist der Inhalt fast Nebensache und beliebig austauschbar. Man liest sie der schönen Sprache wegen - die Sprache selbst ist hier im Mittelpunkt. Bei der mod. Lyrik ist es anders: Hier wird entweder experimental mit Sprache "gespielt" (zB Jandl), oder sie ist nur das schlichte Transportmittel für die ach so wichtig geglaubten Inhalte, die man als sozialkritischer oder ethisch motiverter Mensch zu vermitteln verpflichtet zu sein glaubt. Betrachten wir aber die Geschichte der Lyrik, stellen wir fest: 100 Jahre später vollzieht kaum jemand noch nach, WAS einen Dichter dazu bewog, dies oder jenes aussagen zu wollen. Was man dann noch immer liest, muss das Schöne sein, das die Wandel der Zeiten überdauert. Oder kannst du mir auch nur ein ungereimtes Gedicht nennen, dass es je bis ins sog. Volksgedächtnis geschafft hat? Nein, die sog. Klassiker sind jene, die deshalb noch heute gelesen werden, weil sie immer noch gut KLINGEN! Keinen interessieren dabei vordergründig die damaligen sozialen Verhältnisse, die den Dichter zu dem einen oder anderen Text bewogen haben mögen. Die Sprache zählt! Nun denke 100 Jahre weiter. Wieviel Ungereimtes wird dann wohl noch erinnert, wenn die dem Text zugrundeliegenden Probleme und Motive längst obsolet sind, weil die Menschen lange schon ganz andere haben? Nun, vielleicht unterschätze ich tatsächlich die Bedeutung des verse libre, weil ich sie mit meinen Sinnen und Werkzeugen ganz einfach nicht zu erkennen vermag. Vielleicht straft mich die Zeit und der Geschmack der Leser irgendwann Lügen. Bis dahin (und selbst dann noch) bleibe ich aber ganz der reimenden Fraktion verhaftet - ich KANN nicht anders! JA - das ist ganz klar einseitig und scheuklappig bis zum Abwinken. Aber man muss ja keinen Spinat essen, wenn einem Spinat nicht schmeckt, egal, wie "gesund" er angeblich sein soll (was mittlerweile ja relativiert wurde...sieh mal einer an!). Ich stehe zu meiner lyrischen Eindimensionalität, allerdings, ohne diese Form FÜR ANDERE herabwerten zu wollen. All das hier Beschriebene gilt ausschließlich FÜR MICH! Ich hoffe, du verstehst nun etwas besser, was mich vordem so erboste, dass ich mich zu jenem Beitrag hinreißen ließ. Es ist nicht leicht, ein einmal gefasstes inneres Vorurteil nicht so übermächtig werden zu lassen, dass es sogar das Toleranzprinzip erstickt! Ich bemühe mich. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (29.12.2011 um 17:20 Uhr) |
29.12.2011, 19:23 | #15 | |
asphaltwaldwesen
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Zitat:
siehst du, erich, so geht es mir mit dem erfassen reimloser lyrik auch von anfang an. ich höre und spüre da rythmus und melodie, wo du - weil deine sprache so anders gepolt ist - diese vermisst, weil sie dir nicht erkennbar sind. die festen, gereimten formen haben da den vorteil, dass melodie und rythmus in ihrer strengen form gar nicht zu übersehen bzw. -hören sind. ich vergleiche die zwei lyrik-sparten gerne mit klassischem ballett und modernem tanz. da verhält sich das ganz ähnlich. doch beiden ist rythmus und melodie und tiefe der aussage dennoch gemein. deine und meine sprache und deren wahrnehmung und empfinden scheinen da also an gänzlich entgegengesetzten polen verortet zu sein. denn all das, was du hier so wortreich aufführst, finde ich auch da, wo du es versuchst wegzuargumentieren. nur eben anders. andere melodie, andere darstellung von lebendigkeit. einfach andere wirkung. ja - sicherlich um einiges abstrakter. und ja - die sprache sehe ich bei solchen texten formal ganz stark zurückgenommen, um mit reduziertesten mitteln den inhalt hervorzuheben. also die ganz gegenteilige erwartung im vergleich zu deiner. nein - ich sehe den inhalt nicht als austauschbar. für mich sind sprache UND inhalt immer eine einheit und bilden im besten fall mehr als die summe ihrer teile - ein wirkendes gesamtes, das erst im zusammenspiel seine qualität entfaltet. aber ich hab nicht vor, dir hier eine gegenlektion zu erteilen. ich weiß und erkenne und schätze, was du an der von dir bevorzugten lyrik schätzt, ich habe aber eben auch ein sensorium und ein gehör und gespür für die, die dich nicht erreicht. keiner sagt, dass du alles mögen und gut finden musst. und ich erwarte und verlange das auch nicht. aber ich erwarte mir dieselbe toleranz und aufgeschlossenheit und unvoreingenommenheit, die auch ich an den tag lege. nicht mehr, aber auch nicht weniger. lieber gruß, fee Geändert von fee (29.12.2011 um 19:26 Uhr) |
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30.12.2011, 13:38 | #16 |
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hallo ihr beiden,
also - ich habe da zu eurer diskussion auch noch was zu sagen, nämlich, dass mir ( im gegensatz zu erich ) die FORM beim schreiben nicht als das primär wichitge erscheint. warum wird der zauberlehrling immer noch rezitiert? weil er eine interessante geschichte hat. was macht faust zum klassiker? nicht die reime! ( die manchmal sogar ein wenig hinken) es sind die charaktere und die durch sie aufgezeigten lebensthemen, deren "ewige" gültigkeit und bezug zum menschen. was ein gedicht , einen text interessant macht, ist, ob er etwas widerspiegeln kann von dem, was auch andere bewegt. und wenn er das kann, dann ist die form zususagen nebensache. der text, das gedicht wird - form hin, form her - etwas auslösen und bewirken! die form über den inhalt zu stellen, das hieße für mich: "ich backe napfkuchen wegen des napfes!! ich bin verfressen, ich halte mich da lieber an den kuchen - und den schäle ich mir heraus, egal, in welchem napf er steckt! liebe grüße, larin
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31.12.2011, 01:37 | #17 |
TENEBRAE
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Hi, larin!
Ich gebe dir durchaus Recht. Indes... Meine Gedichte sind doch nicht sinnentleert, nur weil ich mittendrin woandershin abgebogen bin als zuvor avisiert - im Gegenteil, oft trifft der Instinkt, das "Überlyrich", die bessere Entscheidung als der verkopfte Teil, der "plant". Wenn mich die Form also zu einem anderen Inhalt lenkt, um den harmonischen Fluss nicht zu verlieren, heißt das ja nicht, dass hier ein Napfkuchen des Napfes wegen gebacken wird. Es heißt nur, dass es ein anderer Kuchen wird, der sich perfekter an die Form schmiegt. Es heißt nur, dass ich mich nicht von vornherein auf eine Thematik festlege - ich lasse es fließen und schaue, wo es mich hinträgt. Ich backe also nicht nach fixem Rezept, sondern intuitiv und nach Gusto beim regelmäßigen Abschmecken. Sag selbst, was da wohl am Ende besser mundet! Um im Gleichnis zu bleiben, könnte man auch sagen: Ich backe nicht, um das Volk zu ernähren - ich backe, weil es mir Freude macht, und weil der Kuchen mir schmecken soll und jenen, die gern Kuchen essen. Den inhaltlich Hungernden dieser Erde ist mit dem Brot der Prosa ohnehin besser gedient. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (31.12.2011 um 01:40 Uhr) |
31.12.2011, 09:47 | #18 | |
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Hi Erich,
Zitat:
Im Grunde mach ich es genau wie du: ich schreibe - und warte, wohin es mich führen will. Schreiben ist in gewisser Weise auch ein reflexiver Prozess. Insoferne nährt man sich dadurch selbst. Ich glaube kaum, dass irgendjemand schreiben würde, wenn dem nicht so wäre. (Aber wenn zufällig ein zweiter, dritter auch noch was davon hat und dies zum Ausdruck bringt, dann ist der Handlungsgewinn ein doppelter. Würde man sonst versuchen, seine Gedankenergüsse zu verbreiten? Der Mensch ist ein soziales Wesen - in dem Sinne wird Schreiben dann kommunikativ oder appellativ, es fügt sich in die Situation ein.) Was als "passend" empfunden wird, ist sehr subjektiv. "Passende" Schuhe sind daher nicht für alle gleich. Manchmal backe ich so einen "Schuh" auch für jemand anderen, aus einem - sagen wir mal "pädagogischen" - Interesse daran, was Menschen weiterbringt. Der Hunger der menschlichen Seele, da gebe ich dir Recht, ist nicht ( nur)durch Gedichte zu lindern. Was heilt, ist die Qualität von Beziehung. Und die ist dann gegeben, wenn hinter den verschiedenen (Lebens)Formen das Gemeinte wahr- und angenommen wird. Die Kunst des Schreibens und die Kunst des Kommunizierens sind für mich daher untrennbar verbunden. Ich sehe das Schreiben als Aufgabe: Sich selbst und andere weiter zu bringen - in welcher Form auch immer! Lg, larin
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31.12.2011, 10:26 | #19 | |
asphaltwaldwesen
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Zitat:
mache ich bei meinen form-freien gedichten kein fitzelchen anders, lieber erich. dennoch habe ich einen inhaltlichen impuls, mich überhaupt erst an den schreib-platz zu setzen und versuche dann auch diese mischung an gefühl und geplanter aussage zu einem sich-selbst-findenden und dennoch in seinem ausdruck bestmöglich "gelenkten" ganzen zu fügen. ich schreibe nicht um der sprach-"bastelei" und um des "werkelns" mit schönem wortklang willen meine "ernsthaft gemeinten" gedichte. (das gilt nur für meine fingerübungen, wie ich sie nenne. da ist mir dann auch jedes thema willkommen, das mich grade anspringt). ich schreibe, weil ich etwas festhalten und sichtbar machen will - und das auf meine ganz eigene art. ich schreibe wie ich male oder fotografiere - das heißt: ich drücke der welt in der darstellung durch mich meinen stempel auf, meine handschrift, meinen pinselschwung, meine wahl der perspektive. dabei versuche ich gesetzmäßigkeiten in der handhabung der mittel, die ich dazu wähle, zu beachten, die genau DEN ausdruck erzeugen, der auch mein gefühl zu dem "eingefangenen" wiedergibt. das gefühl macht sich oft an der nuance einer kleinen sprach-wendung fest, an einem um ein paar millimeter aus der symmetrieachse verschobenen bildmittelpunkt, an einem gewählten farbfilter, einer ausgefallenen perspektive, die die welt, wie ich sie erlebe und wahrnehme, bewusst "speziell" zeigt. das "fixe rezept" ist also nur sehr grob vorhanden. die haupt-zutaten jedoch sind der inhalt, die "botschaft", wenn man so will. die "geschmacks-hauptnote". die würze dazu und die beilagen bestimmen, wie die hauptzutat ins rechte (geschmacks)licht gerückt wird. darum gehts mir in erster linie. ein zusammenspiel von kontrast-geschmäckern, abrundenden gewürzen, die nicht vorschmecken und dennoch dem gericht eine gewisse "note" geben. und einen - so hoffe ich im besten falle - nachgeschmack, der noch eine weile positiv andauert nach dem letzten bissen. die starren fixe-rezept-dichter gibts. bei den festen formen-rezepte-köchen wie auch bei den vers-libre-köchen. auch für mich wirken derart "erkochte" produkte leblos. man erkennt, welches gericht gemeint ist, doch es wird nicht lebendig, berührt keine geschmacksknospen, ihm fehlt das gewisse "etwas". klar mundet das besser, dem der koch sein eigenes gespür und seine interpretation des gerichts hat angedeihen lassen! ich glaube aber, das war gar nicht gemeint, wenn larin oder ich sagen, der inhalt hat für uns ein wenig mehr gewicht als die "zubereitung" oder form der präsentation. aber wie ich eben lese, hat sie es selbst schon treffend erklärt. mir war in erster linie wichtig, dass hier nicht schon wieder in schwarz oder weiß unterteilt wird beim interpretieren der ausführungen zu "werten", die uns persönlich bei lyrischen werken wichtig sind, um diese überhaupt erst dazu zu machen. und ich lese prosa, wenn ich "lange am stück lesen möchte - um des lesens willen. da darf dann auch der inhalt ein wenig qualitativ zersetzter sein und manchmal ein bisschen schwächeln - wenns nicht über allzu weite etappen geht. wenn ich aber lyrik lese, erwarte ich mir auch und gerade vom inhalt, dass er der verdichtung und wahl der worte entspricht und mich nicht enttäuscht. lieber gruß fee |
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