18.01.2013, 18:59 | #1 |
TENEBRAE
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Mein Dieb
Und wieder geht mir Licht verloren
auf meiner Seele schlankem Pfad, und wie aus Dunkelheit geboren wird mir ein Wille - und wird Tat. Und wieder wächst ein Finsterwerden in mir heran wie eine Brut, die auf dem Spielplatz dieser Erden sich selber nur Gefallen tut. Und wieder bin ich unversehens mein eigner Schatten und mein Dieb, der trotz vergeblichen Erflehens nur rafft und fordert: Hab mich lieb!
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (18.01.2013 um 21:00 Uhr) |
30.01.2013, 19:57 | #2 |
Lyrische Emotion
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Servus Erich,
ein sehr interessanter Text, der mich jetzt aber ein wenig in Konflikt mit meiner Weltanschauung (und auch mit der von dir angenommen) bringt. Denn immer wenn mir in letzter Zeit der Begriff "Seele" begegnet, schrillen bei mir die Alarmglocken, weil ich mich strikt weigere, die Gesamtheit eines lebenden Wesens in mehrere Teile zu splitten. Wohl unterscheide ich zwischen Physis und Psyche, wohingegen ich diesen beiden Begriffen aber lediglich einen Zustand zubilligen kann, nämlich den äußeren, sichtbaren, die Physis und den inneren, unsichtbaren, die Psyche oder den Charakter betreffend, also dort wo die Motive für die Handlungen entstehen. Im Menschen ist dies durch den vorhandenen Intellekt relativ gut ausgebildet, da scheint eine klare Trennlinie zu sein, aber wir können es drehen und wenden, wie wir wollen, der eine Zustand könnte gänzlich ohne den anderen nicht existieren. Beispiel: Nimm einen völlig psychisch gestörten Menschen, also den Extremfall eines sogenannten "Schwachsinnigen". Physisch ist er völlig normal, doch er ist nicht in der Lage, irgendeine für uns normale Tätigkeit auszüben. Er spricht nicht, er reagiert nicht, wenn man ihn anspricht usw. Er ist gerade noch in der Lage, seine körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen, um diesen am Leben zu erhalten. Der ist näher am Tier, als der Delphin, der einen menschlichen Taucher um Hilfe bittet, weil sich eine Angelschnur um seine Brustflosse verwickelt hatte, was ihn stark einschränkte. Doch wir sehen den "Schwachsinnigen" immer noch als Menschen an, im Gegensatz zu diesem Delphin, weil er eben aussieht wie ein Mensch. Umgekehrt ein schecklich entstellter physischer Zustand, ein Körper, der kaum noch an einen Menschen erinnert (z.B. "Elefantenkrankheit" im Endstadium"), aber noch in der Lage ist, die Lebensfunktionen aufrecht zu erhalten. Solange dieser sich irgendwie verständlich machen kann, erfährt man seine innerliche Menschlichkeit, weil er handelt und kommuniziert wie ein Mensch. Nur wenn Physis und Psyche in einem schwer zu definierenden Gleichgewicht zueinander stehen, kann man von einem artgerechten Menschen sprechen, bei dem alles, ohne Berücksichtigung irgendwelcher gesellschaftlichen Zwänge oder besonderer Fähigkeiten, normal ist. Durch die verschiedenen Zusammensetzungen aller vorhandenen Möglichkeiten, unterscheiden sich auch die Bedürfnisse und die Motive dieser Individuen, womit wir endgültig mitten in deinem Gedicht angelangt wären, weil es ja hier um einen Dieb geht, der dem Protagonisten eine bestimmte Lebensqualität zu stehlen scheint. Der Text beginnt: "Und wieder geht mir Licht verloren auf meiner Seele schlankem Pfad...". Wenn etwas verloren geht, muss es vorher vorhanden gewesen sein, sich also im Besitz des Protagonisten befunden haben. Der schlanke Pfad aber führt weiter und so muss der Wille sich zwangsläufig aus der Dunkelheit erheben, um Tat zu werden. Dieser in Finsternis geborene und zur Tat gewordene Wille hat zur Folge, daß sich die Dunkelheit nun noch vergrößert. Die Umwelt wird zu einem Spielplatz, auf dem sich der Protagonist nur dessen bedient, was ihm das Leben weitestgehend leicht und bequem macht, aber auch möglichst viele Risiken ausschließt. Schließlich aber muss er erkennen, daß er sich lediglich in seinem eigenen Schatten befindet und sich um das Licht, aus dem sein eigentliches Ich diesen Schatten bildet, selbst bringt, weil er nicht aus aus diesem Schattenbild herauszutreten wagt. Er will geliebt werden, aber ist nicht in der Lage, die Liebe in diesem Zustand zu erwiedern. Und ein Nehmen ohne ein Geben kann auf die Dauer keine Befriedigung bringen. Jetzt fragt sich nur, aus welchem Grunde ihm wieder Licht verloren gegangen ist? Es scheint eine Angst zwischen den Zeilen vorhanden zu sein, dieses Licht festzuhalten und sich daran zu gewöhnen. Eine Angst, es dann wieder zu verlieren, so daß es sicherer ist, im Schatten zu bleiben. Aber ist es das wirklich wert? Ist dieser dunkle, sichere Weg, der nicht alles erkennen und erfahren lässt es wirklich wert, sich nicht dem Licht stellen zu wollen, nur weil die Möglichkeit besteht, es einmal wieder verlieren zu können? Das Licht ist genau so real wie die Dunkelheit und es ist ganz normal, daß sich beides im Leben abwechselt. Beide sind erfahrbar und ohne einander gar nicht denkbar, denn eines könnte ohne das andere nicht existieren, sie bedingen einander. Warum sollte man ein solches Gut freiwillig hergeben wollen? Und wer lässt sich schon gerne beklauen - und dann noch von sich selbst? Auf jeden Fall ist das ein sehr interessanter und nachdenklicher Text, mit dem ich mich gerne ausführlich auseinandergesetzt habe. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
30.01.2013, 21:00 | #3 |
TENEBRAE
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Hi, Faldi!
Danke für die ausführliche Deutung! Zunächst: Das Wort Seele verwende ich nur im lyrischen Sinne, weil es eben ein schönerer Terminus ist als Psyche, Denkungsart oder Bewusstsein. Aber genau das soll damit umrissen sein: Das Ich. Das Gedicht beschreibt das Versagen, wenn dunkle Triebe überhand nehmen und man sich wider längst besseres Wissen Mitmenschen gegenüber schuldig macht. Ich mache mich zu meinem eigenen Dieb, der mir Größe und Selbstbewusstsein stiehlt, indem er erlaubt, dass ich einem Drange nachgebe, und das auf Kosten meiner Mitmenschen. In meinem Falle: Zu nehmen, was im Glauben an Liebe gegeben wird, ohne VORHER darauf hinzuweisen, dass ich mich mangels Gefühlstiefe niemals binden werde. Ein Betrug, ein Ausnutzen... Es ist lange her, aber dies soll eine mahnende Reminiszenz an den sein, der ich einst war. LG, eKy
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31.01.2013, 11:30 | #4 |
Gast
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Hallo Erich,
zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, das m. E. ein Nachgeben, ein Sich-Verlieren im sog. "dunklen Trieb" keineswegs per se böse ist. Geplant, ungeplant oder nicht zureichend bedacht. - Hättest du dich hier nicht schon mehrfach als Atheisten geoutet, würde ich das beschriebene Verhalten als eine Art Disput mit der "Sünde" sehen. Mir fällt auf, dass du in den Auseinandersetzung mit diesem (Lebens?-) Thema stets nur eine Seite betrachtest. Nämlich deine. Vielleicht stellte sich die Sachlage für die Schöne im Nachhinein ganz anders dar? Vielleicht hatte diese Episode gar nicht den hohen, untilgbaren Stellenwert auf deren Weg? Vielleicht war diese vermeintliche Enttäuschung eine Erfahrung, wie es sie täglich in Millionenauflage gibt? Manchmal krankt die eigene Entwicklung an Selbst-Überschätzung. Ich meine dies hier nicht in einem boshaften Sinn, sondern im Sinne einer falschen Wahrnehmung. Es gibt kein Menschenschicksal ohne Verletzungen anderer, ohne ein Loslassen, ohne einen Neubeginn. Ohne den Tod, der seinen Schrecken besonders dann zeigt, wenn er als Stillstand, als ein Sich-Versagen fast ein ganzes Leben lang dauert. Und: Jeder will geliebt sein. marcy Geändert von marzipania (31.01.2013 um 11:33 Uhr) |
31.01.2013, 14:16 | #5 |
Gesperrt
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Mein Dieb
Hallo Antigone,
deine Spielchen machen wir nicht mehr mit, hier gelten unsere Spielregeln. Du wirst hier keinen Beitrag mehr verfassen, bis du meine Anfrage (klick mich) beantwortet hast. Danach stelle ich deine Beiträge gerne wieder im ursprünglichen Zustand her. i. A. der Moderation Falderwald Geändert von Falderwald (31.01.2013 um 14:30 Uhr) Grund: Geht aus meinem Schreiben hervor |
31.01.2013, 20:01 | #6 |
TENEBRAE
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Hi, Marcy!
Danke für deine freundlichen Gedanken. Mehr über die Leichen in meinem Keller werde ich nicht verraten, aber sei gewiss - ich hatte durchaus Grund, mich zu schämen und hinterher kleiner zu fühlen, auch wenn die "betrogene" Person mir vielleicht gar nichts nachtrug. Schließlich misst man sich ja immer an den Maßstäben der eigenen Moral. Aber wie gesagt: Ist seeeehr lange her, man könnte sagen: Ich war jung und brauchte den Orgasmus! LG, eKy
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31.01.2013, 21:21 | #7 | |
Lyrische Emotion
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31.01.2013, 22:33 | #8 |
TENEBRAE
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Suchtkrüppel!
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31.01.2013, 23:16 | #9 |
Lyrische Emotion
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Nein, Genussmensch!
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31.01.2013, 23:47 | #10 |
Slawische Seele
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Meine Herren,
bleibt bitte beide beim Text (bbbb) und seid froh, dass ich nicht kursiv schreibe. Hört auf zu spammen! Im Auftrag der Moderation, Dana Lieber eKy, ich kann diesem Gedicht viel mehr abgewinnen als mir (und euch) lieb ist. Die Zeit macht uns nicht nur erfahrener und weiser. Sie überlässt uns immer einen Funken, der einst ganze Feuer entfachen wollte - das reine, kindliche und ganz ursprüngliche: "Hab-mich-lieb!" Wir wollen geliebt sein und noch mehr wollen wir wirklich lieben: Z.B. Goethe: Und doch, welch Glück, geliebt zu werden, und lieben, Götter, welch ein Glück! Über die "Ernüchterung" durch Erfahrung in Zeit (Alter) bestehlen wir uns lieber selbst, bevor wir gestehen, dass wir eine tiefe Sehnsucht in uns tragen. Dein "Mein Dieb" ist viel schöner, tiefer und selbsloser als er (der Dieb) es je zugeben wird. Er rafft nicht, er fordert nicht - er sehnt. So kommt es bei mir an, so gefällt es mir. Nachdenklich (ungewollt wahr , es floss ja nur wieder so heraus ) und lyrisch selten gut umrundet. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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