29.04.2013, 18:25 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Ein kleines Lied
Ein kleines Lied
Mein Lied hab ich vergraben, versenkt ins Herz hinab und einen treuen Raben ich dort als Wächter hab. Er sitzt und äugt verdrossen, und wacht, dass nichts mehr klingt, dass alles fest verschlossen und nichts nach außen dringt. Doch wenn durch niedre Bäume die Abendsonne flieht, dann horch: Als ob er träume, krächzt er ein kleines Lied!
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
29.04.2013, 21:54 | #2 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 9.913
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Moin Thomas,
das ist ein schönes kleines Lied und gefällt mir sehr gut. Ich glaube, ein solch treuer Rabe sitzt ebenfalls in meiner Brust, auch wenn meine Lieder oft anders klingen. Aber auch ich kann ihn manchmal dort mit krächzender Stimme singen hören. Allerdings hätte ich da noch einen Vorschlag. In S1 schreibst du: "und einen treuen Raben ich dort als Wächter hab." Das ist eine sehr unschöne Inversion. Warum ersetzt du das "und" dort nicht durch ein "weil"? Das passt dann grammatisch und auch sinngemäß, denn in der letzten Strophe laufen die Fäden doch wieder zusammen. Hier das vergrabene Lied, dort das gekrächzte kleine Lied. Ich finde das passt. Möge der Rabe deinem Protagonisten noch lange seine Lieder krächzen... Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
30.04.2013, 16:25 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Lieber Falderwald,
ich wusste, dass du auch solch einen Raben hast. Sehr liebenswerte Vögel sind das. Der Rabe ist ja ein Singvogel, auch wenn einige seinen Gesang nicht verstehen und deswegen nicht besonders schätzen mögen. Die Inversion könnte man mit "weil" beseitigen, etwa so: weil ich dort einen Raben als treuen Wächter hab. Ich möchte das aber nicht tun, da durch das "weil" eine zu logische klingende Folge entsteht, die mir an dieser Stelle zu sehr den Geist anspricht. außerdem wird, so wie ich es sehe, durch die Inversion das Wort "Rabe" hervorgehoben (und "ich" tritt dafür etwas in den Hintergrund), was mir im Grunde gelegen kommt. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (02.03.2017 um 20:00 Uhr) |
30.04.2013, 20:08 | #4 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
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Hi, Thomas!
Was die Inversion in S1 angeht, muss ich Faldi beipflichten. Solltest du ändern - solche Verdrehungen sind einfach sprachlich unschön. Zudem hätte ich einen ähnlichen Vorschlag für S2, wo meines Erachtens in Z3 ein Hilfszeitwort fehlt: "dass alles fest verschlossen ist" Um diese Unvollständigkeit zu umgehen - wie wäre dies? "hält alles fest verschlossen, dass nichts nach außen dringt." So hättest du auch mehr Abstand zwischen den beiden "dass", was den Sprachfluss harmonisiert. Auch mir gefällt die Conclusio sehr gut! Sehr gern gelesen! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
07.05.2013, 16:50 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Lieber Erich,
ich habe jetzt hin und her überlegt. Bitte halte mich nicht für dickköpfig, wenn ich diesmal auf deine Vorschläge nicht eingehe. Beim Überlegen ist mir wieder recht klar geworden, dass wir beide unterschiedlich schreiben. Für deine Gedichte ist ein fliesender Rhythmus typisch, während meine Gedichte bisweilen einen eher gestauten Rhythmus haben. Gerade in den ersten beiden Strophen dieses Gedichtes passt das meiner Meinung nach auch, d.h. die schnelle Aufeinanderfolge von „dass“ und das folgende „und“ vor dem Umschwung in der letzten Strophe erscheinen mir gerade gut, genau wie die Inversion in der ersten Strophen begründbar ist, weshalb sie meiner Meinung nach erlaubt ist. Inversionen sind nicht an sich unschön. Unschön sind sie meiner Meinung nach nur dann, wenn sie des Metrums wegen oder der Reimes wegen da zu sein scheinen, was ich an dieser Stelle nicht so empfinde. Übrigens benutzt man sogar in Prosa Inversionen als ein Mittel der Betonung, und genau so sollte das im Gedicht möglich sein. Liebe Grüße Thomas
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07.05.2013, 16:57 | #6 |
nach vorn sehen und nicht
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Ort: Rathenow
Beiträge: 265
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Hallo Thomas,
dein Lied hat mich erreicht und es gefällt mir sehr gut, manchesmal müssen wir warten bis es uns erreicht. Herzlichst Timo
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Nach vorn sehen und nicht zurück! |
17.06.2013, 11:51 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 3.375
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Lieber Timo,
Danke für deinen Kommentar. Da ich i.A. nur ab und zu im Forum vorbeischauen kann, habe ich ihn fast übersehen. Das Gedichtlein liegt mir sehr am Herzen und es freut mich, dass es dich erreicht hat Liebe Grüße Thomas P.S.: Ich habe auch eine Melodie dazu im Ohr, es ist ein richtiges Lied.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (02.03.2017 um 20:01 Uhr) |
20.02.2017, 15:27 | #8 |
heimkehrerin
Registriert seit: 19.02.2017
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Beiträge: 389
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Wunderschön in seiner scheinbaren Schlichtheit des kleinen Lieds, das jedoch eine Tiefe entfaltet, die den Leser dort berührt, wo sich im Gedicht das vergrabene Lied des Protagonisten befindet.
Was darauf schließen lässt, dass wir wohl alle das eine oder andere Lied in uns tragen, das wir behütet wissen wollen und das mit niemandem außer dem treuen Raben geteilt sein will. Raben sind ja äußerst kluge, soziale und wachsame Vögel! Wer einen solchen zum Freund und Wächter hat, der braucht nicht mehr um sein vergrabenes Lied zu fürchten! Ein Bild, das ich hier wunderschön in leichten Pinselstrichen gemalt finde - der Rabe, der - wie für Raben typisch - oft verdrossen wirkt und einen dann mit einem unerwartet sanften oder melodiösen Krächzen zu überraschen. Dann, wenn es der rechte Moment dafür ist. Er weiß es einfach. Noch bevor wir selbst es wissen. Sehr gerne gelesen! Liebe Grüße, fee PS: die Zeile "ich dort als Wächter hab" würde ich auf keinen Fall ändern. Sie klingt für mich so total stimmig und trägt die Melodie entscheidend mit. |
20.02.2017, 21:48 | #9 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe fee,
dein Kommentar ist so einfühlsam und hat meinen Raben so angerührt, dass er erst einmal im Laub herumpicken musste und nicht gleich antworten konnte. Er hat jetzt aber gemeint, ich solle deinem Raben herzliche Grüße sagen. Was ich hiermit tue. Liebe Grüße Thomas
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21.02.2017, 11:27 | #10 |
Gast
Beiträge: n/a
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das kleine Lied ist sehr anrührend, Thomas. Es spricht von Rückzug, aus Vorsicht, nicht verletzt zu werden. Wer zuviel "rauslässt", macht sich schnell angreifbar. Das sagt es mir. Der Rabe wacht darüber. Und doch singt er. Leise eben, unauffällig, mit seinem Krächzen, das wohl niemand als Singen wahrnehmen würde, vorsichtig, sich nicht exponierend.
Diese Aussage gefällt mir sehr gut. Die Inversion erinnert mich an alte Versschen (von Goethe?), mag dir deshalb als Stilmittel wichtig sein. Man könnte dies der Eleganz wegen ändern. Sicherlich. Auch das Verschlossen könnte man durch ein bleibt ergänzen im Zeilensprung, da der Satz unvollendet ist. Die Atmosphäre, die ich im Gedicht eher als kindlich bezeichnen würde, ginge dadurch allerdings verloren. Diese scheint mir aber wichtig zu sein für das kleine Lied, wo mich der Prot auch an ein Kind erinnert, das sich versteckt im Heuhaufen und auf Sicherheit hofft. Es passt also stilistisch durchaus. Sehr gerne gelesen mit lG von Koko |
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