01.07.2014, 17:37 | #1 |
Von Raben umkreist
Registriert seit: 27.12.2009
Ort: Am Niederrhein
Beiträge: 1.053
|
Huldra
Hörst du sie auch, die berauschenden Töne,
leise vom Wald herübergeweht. Auffordernd spielt die betörende Schöne, lockt dich heran, sie bettelt und fleht. Wonne verheißt dir die schmeichelnde Flöte, kündet von Lust, verzaubert dein Herz. Keck weht ihr Haar in verwerflicher Röte, Jüngling gib Acht, du findest nur Schmerz. Ihre Gestalt, einer Sage entstiegen, zieht dich hinab in düsteres Reich, höre nicht hin, du wirst kläglich erliegen, folgst du ihr nach, vergehst du sogleich. Schelmischen Blicks schürzt sie lockend die Lippen, nur einen Schritt, du kannst nicht zurück. Wie es dich zieht, ihre Brüste sie wippen, süß der Moment, er kostet dein Glück. Disharmonie lässt die Töne zerschellen, tief war die Trance, du atmest dich frei, hörst deinen Hund die Versuchung verbellen, die Furie entweicht mit schaurigem Schrei.
__________________
Alle meine Texte: © Sidgrani "Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch"
»Erich Kästner« Geändert von Sidgrani (22.07.2014 um 18:22 Uhr) |
02.07.2014, 15:01 | #2 | |
ADäquat
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
|
Lieber Sid,
__________________
. © auf alle meine Texte
|
|
02.07.2014, 15:22 | #3 |
Kiwifrüchtchen
Registriert seit: 23.05.2009
Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
|
Lieber Sid,
sehr anschaulich stellst Du uns die Huldra vor, nach der ich erstmal googeln musste. Eine skandinavische Sagengestalt also. Man lernt nie aus. Mit Worten zu malen, ist Deine besondere Stärke... hier beweist Du es einmal mehr. Die 'verwerfliche Röte' ist eine ganz bezaubernde, sowie ausdrucksstarke Metapher. Dafür ein Extra Lob. Das 'herübergeweht' scheint mir irgendwie nicht korrekt zu sein. Sachlich begründen kann ich Dir's nicht... wieder mal einer der Fälle, wo mir das Bauchgefühl dirigiert. Es ginge: 'die leis vom Wald herübergeweht werden....' geht aber metrisch nicht... oder aber ohne das 'die': leis vom Wald herübergeweht... Ansonsten gibts nix zum Meckern. Geizkragen! Dein Text hat mir supergut gefallen. Schön, dass ich die Huldra kennenlernen durfte. LG von Lai PS: 'vom Wald herübergeweht' ist auch nicht prickelnd, weil der WALD ja nichts weht. Vllt: leis von der Brise herübergeweht....?
__________________
.................................................. ........................................... "Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal Geändert von Lailany (03.07.2014 um 04:57 Uhr) |
08.07.2014, 21:13 | #4 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.913
|
Moin Sid,
ich musste mich auch erst mal schlau machen. Die Huldra ist also so etwas, wie eine "norwegische Sirene", die Männer in das Verderben lockt, um sie zu vernaschen. Von manchen wird sie auch als Wächterin des Waldes angesehen. Und, was ich noch erfahren konnte, wenn ein Mann eiserne Gegenstände über den Kopf einer Huldra wirft oder schießt, muss er sie heiraten. Wenn er seine Angetraute liebevoll behandelt, bringt dies Kindersegen und Reichtum, wenn nicht verwandelt sie sich in eine hässliche und boshafte Furie. Also kommt es immer darauf an, wie man mit ihr umgeht, dann kann eine solche Huldra durchaus ein heißes Teil sein. Und dein Text macht ja fast schon Appetit auf eine solche kleine Furie. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
__________________
Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
09.07.2014, 12:23 | #5 | |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
|
Hi, Sid!
Eine sehr gelungene "Sage", erinnert an die Lorelei. Sprachlich wohlelaboriert, doch lesen sich in jeder Strophe die Zeilen 2 und 4 recht kantig, da fehlen mir einfach ein paar Silben für einen harmonischen Sprachfluss. Ich habe mir erlaubt, in deinem Zitat Änderungen anzudenken, die diese Brüche in der Sprachmelodie beheben würden. Du kannst dir natürlich auch eigene Varianten ausdenken, wenn du magst. In S5Z2 hängt das saubere Metrum von der Lesart des Wortes "Trance" ab. Spricht man es ohne hörbares "e", also einsilbig, geht es sich nicht aus. Um Missverstzändlichkeiten vorzubeugen, rate ich hier zu einem unverfänglicheren Vokabel, zB "tief war der Schlummer, du atmest dich frei,". Wenn du die nachstehende Version liest, wirst du merken, um wieviel weicher die Sprache hier fließt ohne die durch fehlende Silben verursachten Obstruktionen: Zitat:
Die letzte Zeile beginnt übrigens als einzige im Gedicht unbetont. Sollte das unbeabsichtigt passiert sein, schlage ich vor: "Huldra entschwindet mit schaurigem Schrei." - Oder so in der Art... Sehr gern gelesen und bearbeitet! LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (09.07.2014 um 12:40 Uhr) |
|
10.07.2014, 00:06 | #6 |
Marsmond
Registriert seit: 20.05.2009
Ort: im Weltall
Beiträge: 499
|
Hallo Sidgrani,
wunderbar gedichtet! Große Klasse! Gefällt mir richtig gut die Geschichte um die norwegische Sagengestalt. Da bleibt mir bloß noch mich den Loben der Vorschreiber an zuschließne! Gruß Deimos
__________________
„Seine Zeit als welthistorisches Volk liegt hinter ihm.“
Zitat aus Finish Germania von Rolf Peter Sieferle über die Deutschen |
Lesezeichen |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
Themen-Optionen | |
Ansicht | |
|
|