23.01.2015, 20:44 | #1 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Offenes Ende
Die alten Beine haben weit getragen,
viel weiter als er dachte, dass er käme. Er spricht nicht eben viel, man hört kein Klagen, kein Lästerwort und keine blanke Häme beklagt das Schicksal, das ihn nun verhindert. Er nimmt es an wie all die guten Dinge, die es ihm gab und schreitet unvermindert durch jede Stunde, dass sie wohl gelinge. Geprüfte Hände haben viel geschaffen, solang sie konnten, die nun müde sind. Sie trugen Lasten wohl, doch keine Waffen, und sorgten zärtlicher für Frau und Kind. Er weiß sein Werk vollendet, sein Verweilen bedeutet nichts. Er wagte zwar zu hoffen, sich mit dem Sterben nicht so zu beeilen, das Ende aber kommt - und es bleibt offen.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
28.01.2015, 18:08 | #2 |
ADäquat
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Servus Erich,
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28.01.2015, 18:17 | #3 |
Lyrische Emotion
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Beiträge: 9.914
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Servus Erich,
ein sehr schöner Text ist das, der ein kurzes und bündiges Resümee eines langen, erfüllten Lebens darstellt, welches allerdings offen bleibt, bzw. zu diesem Zeitpunkt offen bleiben muss. Und das ist ja auch letztendlich gut so, das Leben wäre wohl schlecht zu ertragen, wenn sein Ende bekannt wäre. Inhaltlich habe ich dem auch nichts hinzuzufügen. Díe Zeilen sprechen für sich und beinhalten auch die nötige Emotionalität. Auch formal gibt es fast nix zu kritteln, die Wortwahl ist gediegen, der Text fließt. Allerdings ist mir die (quasi) Doppelung von Klagen / beklagt (S1/Z3 + S2/Z1) aufgefallen, das habe ich beim ersten Lesen schon bemerkt. Das erste "Klagen" ist natürlich schon wegen des Reims unantastbar, das zweite "beklagt" aber ist durchaus ersetzbar und zwar besser, weil es zudem schwer vorstellbar ist, dass "keine blanke Häme das Schicksal beklagt". "Häme" bedeutet ja Hohn, Sarkasmus, Spott, Verspottung, Zynismus etc. Da läge doch "verhöhnt" viel näher...? Ansonst alles solide "Kykal-Qualität". Gern gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
28.01.2015, 22:07 | #4 |
TENEBRAE
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Hi, Chavi!
Ich erfuhr von der - nach eigenen Angaben - unheilbaren Erkrankung eines Bekannten und wollte dies poetisch verarbeiten, ohne dass es kitschig oder verletzend wirkt. Dabei orientierte ich mich an der eigenen Wunschvorstellung, wie man gerne mit so einer Mitteilung umgehen können würde - mit abgeklärter Gelassenheit das Unausweichliche akzeptieren. Die Realität mag anders aussehen ... Hi, Faldi! Du hast recht, das "beklagen" ist nicht optimal, aber "verhöhnen" war mir zu negativ, das wollte ich dem LyrIch nicht unterstellen. Ich denke, man kann auch mittels Lästern und Häme eine Tatsache beklagen. "Drüber sudern oder raunzen", wie wir in Österreich sagen - eine eher weinerliche, Mitleid heischende sarkastisch/zynische Auseinandersetzung mit ungeliebten Fakten, denen man unterliegt. Ich hasche noch nach einem geeigneteren Begriff, habe aber bis dato nichts gefunden. Suche läuft ... Vielen Dank euch beiden für die Kommis - ich dachte schon, dieses Gedicht geht womöglich leer aus. LG, eKy
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14.06.2015, 19:46 | #5 | |
Slawische Seele
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Lieber eKy,
nach längerer Pause schaute ich nach, ob ich viel übersehen habe. Habe ich und leider hat es weniger mit meiner "Zwangspause" zu tun. Ich habe ein gutes Werk von dir einfach übersehen - verzeih. Ein sehr bewegendes Gedicht, gerade weil es vom Umgang mit einem Schicksal spricht. Es beinhaltet Bewunderung für den Betroffenen und macht den Leser persönlich betroffen: "Wie reagierte ich, wenn ..." (Nur allzu oft mit eben nicht jener bewundernswerten Gelassenheit. Diese ist erst eingetreten, wenn sich das Schicksal wieder gnädig zeigte.) Da ich aber alles gelesen habe, bringe ich mich mit einer Idee ein, die schlichter nicht sein kann. Schau mal, ob ... Zitat:
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
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14.06.2015, 19:59 | #6 |
TENEBRAE
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Hi, Dana!
Ist doch keine Sache! Wenn's dich wirklich interessiert, wirst du's schon finden! Vielen Dank für die lobenden Worte! Deine Version hängt die Zeile an das obige Verb "hört" (S1Z3), während meine Version dem Gliedsatz ein eigenes Verb verleiht (beschenkte). Meine Version macht den Text etwas weniger komplex, wie ich finde. Kommt zu lange kein Verb, hat man es zuweilen schwer, noch die korrekten Sinnzusammenhänge zu bestimmen. Nicht dass dies hier der Fall wäre, ich wollte nur eine allgemeine Tendenz aufzeigen! Ich überlege es mir. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (14.06.2015 um 20:03 Uhr) |
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