08.11.2015, 11:09 | #1 |
/ Bil-ly /
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Brenne!
Lass dich fallen in die dunkle Nacht,
brenne, klage nicht, kein Tag vergeht, suche nicht im Licht mit aller Macht. Klug und wissend hast du dich erdacht, Zeit und Jahre - Jetzt ist es zu spät!? Geh nicht ruhig. Schau es neu erwacht, beug dich vor der wilden Wellen Pracht, müh dich tapfer, dass der Sturm dich schlägt, nimm die Dunkelheit als leichte Fracht. Stürz hinein in die geballte Kraft eines Sterns, der einfach geht, nicht wägt, nie verloren ist - sich neu erschafft. Kalt und schwarz ist dieser Weisheit Macht. Lache, fluche, sprich das Nachtgebet: Allein das Dunkel hat den Brand entfacht. *) nach "Do not go gentle into that good night" von Dylan Thomas Geändert von charis (09.11.2015 um 20:15 Uhr) |
08.11.2015, 12:59 | #2 |
TENEBRAE
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Hi, Charis!
Leider gefällt mir dieses Werk nicht so gut wie viele andere aus deiner Feder. Nicht inhaltlich, nicht wegen der gewählten Bilder, sondern weil es insgesamt sprachmelodisch zu stückwerkhaft bleibt, zu sehr dahinholpert. Die durchweg männlichen Kadenzen und die Terzettstruktur machen den Text zusätzlich härter, wie ich finde. Das heißt nicht, dass der Text schlecht sei, er entspricht meinem persönlichen Geschmack bloß nicht so gut wie andere! Lass dich fallen in die dunkle Nacht, brenne, klage nicht, kein Tag vergeht, suche nicht im Licht mit aller Macht. Klug und wissend hast du dich erdacht, Zeit und Jahre - Jetzt ist es zu spät!? Geh nicht ruhig. Schau es neu erwacht, beug dich vor der wilden Wellen Pracht, müh dich tapfer, dass der Sturm dich schlägt, nimm die Dunkelheit als leichte Fracht. Stürz hinein in die geballte Kraft eines Sterns der einfach geht, nicht wägt, nie verloren ist - sich neu erschafft. Kalt und schwarz ist dieser Weisheit Macht. Lache, fluche, sprich das Nachtgebet: Allein das Dunkel hat den Brand entfacht. Klarer wäre die Aussage von S1, hieße es in S1Z3: "suche nicht nach Licht...". Die Inversion in S2Z3 ist schauderhaft und schlechtes Deutsch, zudem fehlt ein Komma, nach "Schau". Lösung: "Schau, es ist erwacht!". S3Z2 - Er soll sich tapfer mühen, DAMIT der Sturm ihn schlägt? Philosophisch interessant, aber hier im Zusammenhang schwer verständlich. Altern.: "..., wo der Sturm dich schlägt,". S4Z2 - Komma, nach "Sterns". S5Z3 - beginnt unbetont, da stolpert man! Lösung: "Nur das Dunkel ..." Auch denkbar: Lass dich fallen in die dunkle Nacht, brenne, klage nicht, kein Tag vergeht, suche nicht im Licht, wo es noch wacht. Klug und wissend hast du dich erdacht, Zeit und Jahre - Ist es nun zu spät!? Geh nicht ruhig. Schau die dunkle Pracht, beug dich vor der wilden Wellen Macht, müh dich tapfer, wenn der Sturm dich schlägt, nimm die Dunkelheit als leichte Fracht. So klärst du elegant sowohl S1Z3 als auch S2Z3 - zwei Fliegen mit einer Klappe! Sehr gern gelesen! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (09.11.2015 um 19:43 Uhr) |
08.11.2015, 21:28 | #3 | |
ADäquat
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Liebe charis,
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. © auf alle meine Texte
Geändert von Chavali (08.11.2015 um 21:53 Uhr) |
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09.11.2015, 19:39 | #4 |
TENEBRAE
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Ich darf Chavi korrigieren: Es sind vier Reime:
1) Nacht/Macht/erdacht/erwacht/Pracht/Fracht/Macht/entfacht (Macht kommt 2mal vor) 2) vergeht/spät/Nachtgebet (spät unrein) 3) schlägt/wägt 4) Kraft/erschafft Eingedenk aller Änderungen würde die korrigierte Version nun so lauten: Lass dich fallen in die dunkle Nacht, brenne, klage nicht, kein Tag vergeht, suche nicht im Licht, wo es noch wacht. Klug und wissend hast du dich erdacht, Zeit und Jahre - ist es nun zu spät!? Geh nicht leise. Schau die dunkle Pracht, beug dich vor der wilden Wellen Macht, müh dich tapfer, wenn der Sturm dich schlägt, nimm die Dunkelheit als leichte Fracht. Stürz hinein in die geballte Kraft eines Sterns, der einfach geht, nicht wägt, nie verloren ist - sich neu erschafft. Kalt ist diese Weisheit, die dir lacht. (Verhindert, das "Macht" 2mal vorkommt) Schreie, fluche, sprich das Nachtgebet: Nur das Dunkel hat den Brand entfacht. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (09.11.2015 um 19:42 Uhr) |
09.11.2015, 20:12 | #5 |
/ Bil-ly /
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Lieber Eky, liebe Chavali,
Ich danke Euch sehr, dass ihr euch so intensiv mit meinem Text beschäftigt habt. Ich werde mich mit euren Vorschlägen noch intensiver auseinander setzen, möchte aber kurz meine Motivation erklären. Das ist es: Do not go gentle into that good night Dylan Thomas Do not go gentle into that good night, Old age should burn and rave at close of day; Rage, rage against the dying of the light. Though wise men at their end know dark is right, Because their words had forked no lightning they Do not go gentle into that good night. Good men, the last wave by, crying how bright Their frail deeds might have danced in a green bay, Rage, rage against the dying of the light. Wild men who caught and sang the sun in flight, And learn, too late, they grieved it on its way, Do not go gentle into that good night. Grave men, near death, who see with blinding sight Blind eyes could blaze like meteors and be gay, Rage, rage against the dying of the light. And you, my father, there on the sad height, Curse, bless, me now with your fierce tears, I pray. Do not go gentle into that good night. Rage, rage against the dying of the light. Im direkten Vergleich, wird natürlich noch deutlicher, wie schwach mein Text ist. Ich bin ja eine Lernende, deshalb arbeite manchmal mit fremden Stoffen, wenn sie mich berühren. Ich schlüpfe also in eine fremde Haut und forsche in diesem Zustand nach meinem eigenen Empfindungen. Für mich ist das eine gute Lernübung. Die leidenschaftliche (pathetische?) Art Dylans spricht mich persönlich einfach sehr an. Bei diesem Gedicht hat mich diese emotionale Intensität völlig gefangen genommen - es war wie ein Rausch damit zu spielen - und das wollte ich in meine Zeilen mitnehmen. Ich habe in meinem Rausch zu wenig über eine schöne Form und Lesbarkeit nachgedacht, muss ich gestehen. Meine Verse nehmen das Thema "Sterben und Tod" auf und auch Dylans "Gerüst", gehen aber in eine ganz andere Richtung. Die von dir vorschlagene "Zusammenfassung der Verse" gefällt mit ist sehr gut, liebe chavali. Aber vielleicht spiegeln die "zerrissenen" Strophe doch ganz gut diesen "Kampf mit den Gewalten", wie eine Brandung eben? S2V3, lieber Eky, ist keine Inversion, aber zugegeben umständlich formuliert. "Schau es" in einem Zustand "neuen Erwachtseins", sollte das bedeuten; was "es" ist will ich ganz bewusst offen lassen. Es sollte jedenfalls nicht: "Schau, es ist erwacht." bedeuten. S2V2: "dass" soll "damit" bedeuten, auch wenn es schwer verständlich ist. "wo" würde die beabsichtigte Bedeutung (eine Art Katharsis) völlig verändern; deshalb auch der Wellen "Pracht"...während im Licht (nach den "Dingen") suchen - und das auch noch "mit aller Macht" (S1Z3) - eine sehr irdische Verhaltensweise ist. Im letzen Vers ist ein Auftaktfehler. Stört das wirklich sehr? Dieser Satz hat eine besondere Bedeutung, ist für meine Gefühl die Erklärung für alles. "Nur" ist mir einfach zuwenig. Ich werde mir den Text nochmals vornehmen. Danke nochmals für eure Hilfe. Lieben Gruß charis Lieber Eky, Ich habe die doppelte "Macht" sehr bewusst gewählt, nicht aus Reimverlegenheit, weil sie hier ein Gegensatz (Widerspruch) zur "menschlichen Macht" in der S1 entstehen sollte. Ich danke dir nochmals sehr! Der Lacht-Reim gefällt mir, klingt aber für mein Gefühl etwas zynisch, das will ich eigentlich vermeiden, so lächerlich vielleicht dieses ganze Pathos meiner Zeilen auf manche Leser auch wirken mag. Lieben Gruß charis Geändert von Chavali (11.11.2015 um 18:38 Uhr) Grund: Doppelpost: 2 Beiträge zuammengeführt |
11.11.2015, 13:20 | #6 |
Gast
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Liebe Charis,
Hier spricht ein LI, das zutiefst erschüttert ist. Ich habe deine Kommentare durchgelesen, und muß gestehen, daß mein Englisch sehr schlecht ist. Also kann ich nur auf das reagieren, war du geschrieben hast. Es sind Bilder, die " Vom selbstherbeigeführten Lebensende" erzählen, von der Faszination in eine andere Welt zu wechseln. Es ist ein kraftvolles, in sich verzehrendes Nachdenken! Bei der Zeile stolperte ich: Geh nicht ruhig. Schau es neu erwacht, <<< das ist verdreht, aber eKy hat ja schon einen guten Vorschlag gemacht: Schau, es ist erwacht! Sehr gerne gelesen und kommentiert, ich mag die Sprache. LIebe Grüße sy |
11.11.2015, 20:23 | #7 |
TENEBRAE
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Hi, Sy!
Ich habe es auch erst später verstanden! Sie meint an dieser Stelle: "Schau" im Sinne von "Erblicke es neu erwacht", nicht von "Schau hin". Das ist zwar korrekt (wenn man es weiß), aber leider so missverständlich formuliert, dass hier jeder an eine Inversion denkt! Eine denkbare Lösung wäre: "Geh nicht still. Beschau es neu erwacht," LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
13.11.2015, 09:02 | #8 | |
/ Bil-ly /
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Zitat:
Freut mich, dass du es magst, liebe Sy, Es ist nicht unbedingt ein "selbstherbeigeführtes Lebensende" gemeint, aber es trifft ganz gut, worauf ich eigentlich hinaus will - ich denke nicht nur an den körperlichen Tod, sondern auch an eine geistige Wandlung. Den problematischen Vers S1V3 habe ich ja schon erklärt und Eky auch. Eky, ich dachte es ist einfacher zu verstehen, spätestens wenn man den Satz weiterliest, so kann man sich irren. Deine Variante ginge auch, ist aber für mein Gefühl zu undeutlich. "Still" und "ruhig" ist nicht dasselbe. Man kann durchaus "still" sein, aber innerlich total in Aufruhr. Dieses "nicht ruhig" soll geradezu eine Aufforderung zu einem solchen "Aufruhr" mit Hilfe dieser Metapher eines sterbenden Sterns seins. "Erblicke" trifft es aus meinem Empfinden heraus ebenfalls nicht wirklich. Dieses "schau" bedeutet, "Schau hin!", im Sinne von "verdränge nicht", "stell dich den Dingen (endgültig)". "Erblicke" verstehe ich dagegen eher auf einen kurzen Augenblick bezogen, also im Sinne von "wirf einen (kurzen) Blick darauf". Schon lustig wie man ein paar scheinbar einfache Worte so unterschiedlich wahrnehmen kann. Danke für die erhellende Diskussion und eure Beschäftigung mit diesen Zeilen! Lieben Gruß charis |
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