24.02.2017, 22:54 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Irgendwann
Irgendwann
lebensmüde geworden, begab er sich hinauf auf die Dachterrasse des Wolkenkratzers, auf die Sommerwiese seines Bürohauses, und verkroch sich in eine indianische Schwitzhütte. Erstarkt kam er zurück an den Schreibtisch und gereinigt, ohne seinen Anzug, die Krawatte gebunden zu einem Lendenschurz, kappte er mit dem Tomahawk den dünnen Draht des Kapitalisten zu der Goldader seines Stammes, dem dunklen Seelengrund, wurde ganz Indianer; während ich versuchte an die Cowboyidentität meiner Ahnen anzuknüpfen, mir einen Westernhut aufsetzte und mit einem Ford-Mustang durch die Häuserschluchten fuhr. Erst als ich mir eine Marlboro anzündete, schien der Funke übergesprungen zu sein zu meinen Vorvätern, und ein Gefühl war in mir inhaliert von Unabhängigkeit und Abenteuerlust.
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"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne so, als hätten wir alles im Blick." (Fenek) Geändert von Fenek (26.02.2017 um 08:18 Uhr) |
26.02.2017, 17:28 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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kunstvoll
zuerst Suizid, Klischee, dann aber rasch die Schwitzhütte und Sommerwiese, bunt doch sengendes Hochsommerlicht, der Kratzer wird zum Haus.
Geniale Verwandung der Reinigung, aber die Stelle die ich echt bewundere ist die mit dem Tomahawk im Konkreten und echt stark fortgeführt im Mystischen. Ein Text der Gegensätze und Verwandlung auf der Grenze von Lyrik und Prosa, Ich und Ich? Der erste Teil ist viel schöner, auch wenn man einen Gedanken oft zuende führen will- rein künstlerisch stört außerdem die klare Dialektik in Klischees was jetzt mehr bewusst gekünstelt als wie oben gezwungen nachgespielt wird (vom Ich) und der Turn mit inhaliert, die Häuserschluchten und der Mustang gefällt aber man weiß worauf es hinausläuft und die Zeilen schlagen sich ein wenig aber man merkt sie wurden schon gerundet. Immernoch sind sie viel härter als der erste Teil, vorallem ,,Erst" ist sehr hart, anzündete, übergesprungen zu sein- ist einfach zu lang und die Üs und die Endungen auf en und te stören vl.. Wobei, ist schon in Ordnung, aber vom verspielten geht es gleich zu einem kühlen vollbewussten Teil, der ist auch gut, also Kritik auf hohem Niveau oder so vl. muss das Conclusio nicht sein und die vorletzte Strophe, vl. kann man da noch besser die gelungenen Dinge mischen zu einer Strophe, was immer. Wollte da etwas Technischeres anfügen aber vorallem Lob aussprechen, dem sehr kreativen ersten Teil! Amüsiert gelesen. Aja und ohne zu schmeicheln, die Signatur gefällt! LG Chris
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wenn ich mein Leben auslass, geht es den Bach runter Geändert von Christian Wolf (26.02.2017 um 18:02 Uhr) |
26.02.2017, 18:09 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Danke, Christian, für deine wohlmeinende Rückmeldung. Ja, ich habe den 2. Teil rangehängt, um zu zeigen, dass so eine Identitätsfindung auch eine eingebildete sein kann. Im Falle des Mannes mit indianischen Wurzeln sollte sich für den Leser so zumindest die Frage nach dessen Echtheit stellen.
LG Fenek
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"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne so, als hätten wir alles im Blick." (Fenek) |
26.02.2017, 21:55 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Ok, verstehe, es ist sein Bürohaus? Ich habe den Kapitalisten als anonyme Cheffigur gelesen. Weil ich so drei physisch getrennte Personen gesehen habe, war es für mich dann der Bruch der Dialektik, weil es dann zwei verschiedene Geschichten sind mit jeweils zwei und dann nurmehr einer Person. Jetzt sind es wieder zwei Thesen und damit bleiben zwar noch Punkte offen aber wenn dein Schluss so sein soll, passt gut, auch wenn ich mich wundere wer jetzt der Cowboy ist, so sind es wirklich eher zwei Fragen und zwei Möglichkeiten mit ihnen umzugehen oder davon besessen zu werden, die sich der Autor anhand von zwei Figuren gestellt hat.
Liebe Grüße und gerngeschehen, Chris
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wenn ich mein Leben auslass, geht es den Bach runter |
22.12.2017, 11:30 | #5 |
Gast
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symbolhaft sehe ich diesen Kurzprosatext, lieber Fenek, der wie ein gedicht gesetzt ist.
Wieviel unsrer Ahnen schwingt in uns? Wie oft versuchen wir aber auch, sie in uns hinein zu interpretieren, weil der Lebensweg in der kalten Leistunggesellschaft kalt und schwer ist. Wo hört Träumen und Wünschen auf und wo beginnt Realität? Viele Spektren eröffent dein antithetischer Text und ich habe gerne drüer nachgedacht. LG von Koko |
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