Ich bin nicht wie ihr

[Sebastian]

Ihr seid eingebildet und bildet euch was ein
doch euer auch so enges Verbunden sein
ist nicht mehr als ein erheuchelter Schein.

Ihr seid so pseudo ihr braucht Pseudonyme
doch das ist nichts mit dem ich mich selbst rühme
da spalt ich lieber weiter wie Enzyme.

Ihr seid so ganz anders ihr seid alle gleich
denn für Ecken und Kanten seid ihr viel zu weich
und auch deshalb nicht an Persönlichkeit reich.

Ihr seid so wirklich überhaupt nicht wie ich
doch ich begreife langsam das ist gut für mich
denn ihr seid so ernst - es ist lächerlich.

[Chavali]

Hi Sebastian,


dein Text wirft für mich viele Fragen auf, die ich aber selber beantworten möchte nach meinem Verständnis.
Du hast die Stammtisch-Rubrik gewählt, das ist mir zuerst aufgefallen.
Also eher etwas Gesellschaftliches.

Ihr seid so pseudo ihr braucht Pseudonyme

Dann ist die Passage mit den Pseudonymen, das spricht eher für eine Beleuchtung des Internets, rsp. die Forenlandschaft.
Ich meine, das ist einfach so üblich, selten, dass mal jemand unter seinem Klarnamen schreibt.
Wenn jemand anders tickt als die Masse, das kann doch gut sein.
Endlich mal jemand mit neuen Ideen.

Lediglich die letzte Zeile lässt mich etwas ratlos zurück:

denn ihr seid so ernst - es ist lächerlich.

Ich kann an Ernsthaftigkeit nichts Lächerliches erkennen.

Abschnitt 3 finde ich auch sehr gut aufgespießt: Es gibts viel zu viele Angepasste ohne eigenes Profil.

Alles in allem ein interessanter Text, aus dem man Enttäuschung, Resignation, Frust, Wut und auch
Hilflosigkeit, aber auch viell. ein stückweit Stolz auf seine eigene Befindlichkeit herauslesen kann.

Gern gelesen und kommentiert!
LG Chavali

[Sebastian]

Ersteinmal vielen Dank für eure Kommentare Chavali und Black Raziel.

Zuerst zu dir Chavali. Ja du hast Recht es ist üblich so und es kann auch etwas Gutes sein. Für Journalisten in der Türkei oder China sind Pseudonyme teilweise ein Schutz des eigenen Wohlergehens. Mein Problem ist eher, dass es in unserer heutigen Gesellschaft durch Pseudonyme oft zu einer Kultur des Duckmäusertums kommt, in der klare Kante immer seltener wird. Bezüglich der Ernsthaftigkeit muss ich zugeben, dass man die Zeile missverstehen kann. Ich meine hier Menschen, die so zwanghaft auf seriös und erwachsen machen, dass sie jeden Spaß und jede Freude im Leben als albern verdammen, womit sie sich selber als intolerant und lebensfern zeigen, was meiner Meinung nach alles andere als reif ist. Zu deiner Zusammenfassung am Ende kann ich nur sagen: Das hast du absolut richtig erfasst. Manchmal hilft es mit, dem auseinandergesetzt zu werden, was man nicht sein will, um sich seiner selbst sicherer zu werden.

Zu dir Black Raziel: Vielen Dank für das Lob für diese Metapher. ich weiß, dass sie etwas gewagt war, da es schon etwas um die Ecke gedacht ist. Umso mehr freut mich dein Feedback.