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Alt 04.02.2010, 09:20   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
Standard Die Lichter der Stadt

Die Lichter der Stadt


In meiner eigenen Unfähigkeit gefangen
wandele ich hier auf dunklen Wegen,
mein Blick getrübt, der dumpfe Himmel ist verhangen,
ins Gesicht weht mir ein Nieselregen.
Und vor mir glüh'n mit hunderttausend Watt:
Die Lichter der Stadt.

Ich strebe vorwärts durch die grauen Häuserschluchten
und seh' Nutten an den Straßenrändern,
für ein paar Euro zieh'n sie dich in Liebesbuchten,
Sehnsucht aber können sie nicht ändern.
Es locken mit Verführung und Rabatt:
Die Lichter der Stadt.

Auf bunten Litfasssäulen strotzt es voll Versprechen,
Politik und Wirtschaft lassen grüßen,
um mit Parolen ihre Opfer zu bestechen,
ist's vollbracht, dann tritt man sie mit Füßen.
So lachen sie am Ende heilig glatt:
Die Lichter der Stadt.

Der Menschen Ungeduld ist spürbar, alle eilen
hastig, um nur ja nichts zu versäumen,
denn Zeit ist schließlich Geld und Geld will man nicht teilen,
so verlernt der Mensch auch noch das Träumen.
Und über allen prunken breit und satt:
Die Lichter der Stadt.

Im tiefen Dschungel dieser grellen Großstadtlichter
tanzt das Chaos wild auf allen Rampen,
der Mensch mutiert zum eigenen Gefühlsvernichter,
und mein Blick streift schaudernd jene Lampen,
wie sie noch niemand je gesehen hat:
Die Lichter der Stadt.

Falderwald
. .. .
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 04.02.2010, 21:21   #2
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Lieber Faldi,
Der Titel verspricht etwas vom Großstadtleben - die erste Strophe zeigt ein einsames, verlorenes lyr. Ich. Dann das krasse Gegenteil:

Die Lichter der Stadt.


Mittels diesen Ausrufs geht der Leser mit und erwartet mehr - insgeheim vielleicht etwas Positives.

Doch der Großstadtdschungel bleibt kalt und mit eben diesem Licht ausgeleuchtet.
In jeder Strophe ein neues Bild, das den Leser frösteln läßt und über die Lichter erschreckt.
So viel Leben, so viel Licht - doch ohne Seele und Herz.

Zuletzt kann man eine oft gemachte Erfahrung nachvollziehen:
Nirgendwo ist man einsamer als in einer großen Stadt - fast paradox, aber wahr.

So kommt dein Gedicht bei mir an. Durch die Wiederholung: "Die Lichter der Stadt" erfährt man fast eine "Blendung" im dopelten Sinne.
Einmal per Licht und dann die künstliche Verblendung des Lebens.

Ein feines Gedicht, dass eine ganze Weile nachwirkt.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 04.02.2010, 23:45   #3
Chavali
ADäquat
 
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Beiträge: 13.004
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Lieber Faldi,

ein wundervolles Gedicht von der Idee und der Stringenz her.
Perfekt ausgearbeitet - na, was sag ich, das weißt du ja alles selber.
Bleibt mir nur, mich zum Inhalt zu äußern.

Die Lichter der Stadt - was für ein poetischer Titel.
Das, was du beschreibst, ist allerdings alles andere als poetisch.
Das Großstadtleben, wie es überall ist: grell, laut, schmutzig, korrupt, hastig, verderbt...

Die (manchmal schönen ) Lichter der Stadt lassen das alles noch mehr hervortreten.

Und doch hat die Großstadt auch etwas Faszinierendes an sich, ich meine die richtigen großen Großstädte
SB gehört nicht dazu - leider oder zum Glück...?


Grüße aus der Innenstadt,
Chavali


__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 06.02.2010, 04:16   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
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Liebe Dana,

in der Tat, manchmal kann die Einsamkeit nicht größer sein, als mitten in einer großen Stadt.

Ich habe das oft erlebt, vor allem des nachts, wenn ich unterwegs war.

Du bist umgeben von so vielen Menschen, aber niemand ist wirklich bei dir.
Und alles wird gut beleuchtet...

Du kannst in einer Stadt leben, doch dort gibt es viele Fallstricke, auf die du aufpassen musst.
Alles ist ein einziges großes Geschäft.
Dort kannst du alles kaufen und verkaufen, du musst nur die richtigen Quellen wissen.

Nur die wahren Gefühle bleiben dabei außen vor. Niemand hat Zeit und Muße, alles rennt und tickt und die Lichter scheinen dazu, als wachten sie darüber.

So sind sie, die Lichter, jedes einzelne, ob groß oder klein. .. .


Liebe Chavali,

du beschreibst das Großstadtleben, so wie es ist.

Alles ist auf Kommerz ausgerichtet, alle wollen nur dein Bestes.
Und dabei ist jedes Mittel recht.

Die "schönen" Lichter verblenden dies nur noch mehr, denn sie beleuchten die Szenerie prachtvoll.
Das grenzt schon an Zynismus der bittersten Art, denn es ist ja der Mensch selbst, der sich alles schön leuchtet, auch das, was gar nicht so schön ist.

Und trotzdem hast du Recht, diese Lichter können auch manchmal sehr beeindruckend sein und üben einen ganz speziellen Reiz auf den Menschen aus.

Der Mensch lebt von den Illusionen, die diese Illuminationen hervorrufen.
Licht und Helligkeit wird allgemein als positiv angesehen.

Doch manches ist eben dann doch nicht so toll, wenn es ans Licht kommt.

Wer die Augen offenhält, wird sehen.
Wer ins Licht schaut, wird geblendet.

So ist das nun mal, manchmal auch in der Innenstadt...


Vielen Dank für eure Kommentare und das dagelassene Lob...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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