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Alt 09.05.2011, 22:36   #1
Löwenzahn
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 03.12.2010
Beiträge: 143
Standard eigenwillig

eigenwillig

weich sein
dass jede ausgestreckte hand
mich kneten kann
mich formen und verbiegen
wie es gefällt?

fest will ich sein
und hart
und dennoch biegsam
dass es gelingt
mich gutem zuzuwenden
verbeugen will ich mich
allzeit davor
doch beugen lassen
nie!
Löwenzahn ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.05.2011, 20:03   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
Standard

Salve Frau Löwenzahn,

gefällt mir sehr die Aussage, sie klingt sehr positiv und entschlossen.

Der Text ist gut angelegt und sinnvoll untergliedert, so daß automatisch die Betonung einer natürlichen Sprache zustande kommt. Ich würde sagen, hier liegt ein schöner Vers libre vor, ohne Reime, aber metrisch strukturiert.

Idee, Umsetzung, Wortwahl und Titel sind äußerst gelungen und spielen Hand in Hand.

Der eigenwillige Protagonist, das LI, stellt sich zunächst die Frage, ob es oportun sein soll und dadurch weitestgehend ein fremdbestimmtes Leben führen will.
Das birgt natürlich auch die Gefahr, nach jeder Seite offen zu sein, natürlich nur um des eigenen Vorteils willen, es strecken sich viele Hände entgegen.

Jedoch zeigt LI sich entschlossen, solide und fest zu bleiben, aber dennoch flexibel genug, wahrscheinlich gegen sich selbst, sich dem Guten zuzuwenden, weil das ja oft mit Aufwand und Entbehrung verbunden ist.
Dem Guten zu dienen, zeigt sich LI also bereit und erklärt dies somit zu seiner Lebensphilosophie.
LI ist so, wie es ist und wird sich demnach nie einer gegensätzlichen Macht unterwerfen und beugen.

Wie ich eingangs erwähnte, kann ich dieser Aussage nur zustimmen, weil ich mir vorstellen kann, wie sie gemeint ist.

Aber Kritik muss sein und ich möchte als Denkanstoß nun einmal die gegensätzliche (s.o.) Stellung einnehmen:

"Schönes Gedicht, gute Aussage, ich stimme dir zu.
Ich werde mir die Aussage in diesem Text zur Maxime machen und genau so nach meinen Moralvorstellungen von Gut und Böse, meinen Neigungen und meiner individuellen Vorstellung vom angestrebten Zustand meiner Glückseligkeit künftig handeln.
Ich muss mich nur dem Guten zuwenden und was Gut ist, entscheide ich."

Siehst du, worauf ich hinaus will?
Die Aussage ist zweifellos "gut" gemeint, bleibt jedoch durch den relativen Begriff "das Gute" sehr weit auslegbar.
Dem "Guten" muss erst eine Bedeutung beigelegt werden, bevor die moralische Bewertung stattfinden kann.
Alleine steht es da auf ziemlich verlorenem Posten.

Nun ist es so, ich will diese Kritik jetzt auch nicht überziehen, daß diesbezüglich die Moralvorstellungen der meisten Menschen eine große Schnittmenge besitzt, jedoch schon im Speziellen abzuweichen beginnt, bis hin zu gänzlich anderen Motiven.

Und manchmal liegt die Gefahr einer moralischen Aussage eben darin, daß die ihr zugrunde liegende Idee, wenn sie im Kernbegriff zu unbestimmt bleibt, auch gegensätzlich zur Intention des Autors ausgelegt werden kann.

Aber das sind nur Wortspielereien und der Text hat mir gefallen.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.05.2011, 23:27   #3
Löwenzahn
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 03.12.2010
Beiträge: 143
Standard

Sei ebenso gegrüßt, lieber Herr Falderwald

Doch, doch, ich verstehe Deine Kritik schon. Man kann sich an dem
"Guten" durchaus stören. Es gibt im Grunde genommen nichts allgemein
verbindliches Gutes. Es ist letztendlich immer der eigene Maßstab
der da eingesetzt wird. Daher habe ich auch den Titel "eigenwillig" genommen. Damit will das Lyrich sagen, dass es selber bestimmen will
was gut ist. Sobald sich der Mensch jemandem, oder einem Etwas
zuwendet, muss er es irgendwie angenommen haben, er muss es für gut
befunden, als gut anerkannt haben, sonst würde er sich ja eher ab als zuwenden. Letztendlich, da es nichts allgemeingültiges Gutes gibt
(es sind immer nur entweder Persönlichkeiten, oder Gruppen, oder Gesellschaften die eine Güte festlegen) kann nur der Einzelne, oder eine Gruppe, oder eine Gesellschaft für sich festlegen was Gutes ist.
Hier ist das Lyrich einenwillig und will selber (in dem es sich zuneigen will, ja sogar davor verbeugen) für sich bestimmen was das heißt "Gutes".
Es will sich jedoch nicht beugen, sprich nicht von anderen bestimmen lassen
was gut ist. Einen eigenen Maßstab haben und danach leben.
Wahrscheinlich ist dieses Lyrich sogar nicht "gruppenfähig" Einzelgänger.
Hier besteht natürlich die Gefahr, dass es auch allgemein für schlecht
Befundenes von ihm als gut betrachtet/bewertet werden kann. Das ist bei Eigenwilligkeit immer so. Ich wollte, dass man sich daran stößt, dass man sieht wie relativ der Begriff sein kann und dass man natürlich auch sowas wie Eigenwilligkeit in Frage stellt.

Ich freue mich über Deinen Besuch, lieber Herr Falderwald
DANKE! herzlich und grüße ebenso in den späten Abend hinein,
Frau Löwenzahn
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