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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 30.12.2011, 14:19   #1
Stimme der Zeit
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Standard (J)a(n)ussicht

.
(J)a(n)ussicht

Wie wunderbar war doch die Zeit der Jugend!
Die Welt, sie bot mir tausend Möglichkeiten,
als frische Kraft und Zukunft, sich verfugend,
mir halfen, grüne Wege zu beschreiten.
Voran! Voran! Das Vorwärts war mir Tugend,
noch frei vom Gestern, von Vergangenheiten!
Ach, damals schien die Zeit sich auszudehnen,
erfüllt von immer wieder neuen Plänen!
Wie fern der Tod, wie fremd Vergänglichkeiten!

Wie eilt die Zeit dahin, nicht aufzuhalten,
beständig wird die Welt ein Stückchen kleiner,
wenn Schmerz und Kummer ihrer Ämter walten.
Konturen werden scharf, der Blick ist feiner
und nicht nur mein Gesicht trägt heute Falten,
auch manche Tugend wirkt jetzt weit gemeiner.
Im Fluss des Lebens schrumpft ein Jahr zum Tage,
was damals leicht erschien ist Müh und Plage.
Wie nah der Tod. Ich zähle zu den Alten.

.
__________________
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Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



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Alt 30.12.2011, 19:46   #2
Chavali
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Hallo liebe Stimme,

mir geht es bei deinen Texten in der letzten Zeit des öfteren so:
Lese ich etwas von dir, fällt mir ein, dass ich ähnliche oder gleiche Themen auch schon bedichtet habe.
Unsere Ausdrucksweise ist aber sehr unterschiedlich und das finde ich faszinierend!

Tolles Reimschema!
abababccb
abababcca

Hexameter?

Zum Inhalt:
Ja, wir werden älter und weiser und bekommen eine andere Sicht auf die Dinge.
Es ist ein schleichender Prozess und irgendwann wird es einem bewusst.

Wunderbar geschrieben.
Kraftvoll, ehrlich, rückblickend und gleichzeitig vorausschauend und gegenwartlich.
Janusköpfig aber nur bedingt, dem fortschreitenden Alter geschuldet...

Sehr gern gelesen!

Lieben Gruß,
Chavi


__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 30.12.2011, 20:51   #3
Thomas
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Liebe Stimme der Zeit,

da hast du dir kurz vor Jahresschluss noch etwas sehr Schönes einfallen lassen. Die Form des Neunzeilers ist geradezu genial, weil die Vorwärtstendenz des Fünfzeilers durch den Vierzeiler mit umarmendem Reim aufgefangen und zum Stillstand am Strophenende gebracht wird, trotz der sechshebigen Jamben. Vielleicht könnte man in dem Vierzeiler sogar noch zum Trochäus übergehen, um die 'Bremswirkung' zu verstärken. Passt natürlich auch sehr gut zu Inhalt. Wenn du weiter solche schönen und neuartigen Gedichte machst, dann zählst du nie zu den Alten.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 30.12.2011, 20:58   #4
Dana
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Liebe Stimme,

ich bin froh, dass die (J)a(n)ussicht in er Denkerklause steht.
(Klar ist mir bewusst, dass die Verfasserin das wohl bedacht hat.)
Völlig fehl stünde sie in Trauer und Düsteres, denn damit hat die Zeit nichts zu tun - sie geht unaufhaltsam durch Traurigkeiten und Fröhlichkeiten hindurch.

Mir gefällt das dynamische aber auch nicht neue "Trompeten" über den Lauf der Zeit, die unantastbare Jugend und die erkenntnisreiche Weisheit des Alterns.

Ja, es war so: Vergänglichkeiten erschreckten kurz, betrafen aber nur die "Alten".
Die Zeit dehnte sich einst aus und damals nicht schnell genug. Man konnte sie kaum erwarten. Jetzt schrumpft sie zu Falten in einem unerwünschten Tempo.

Dein Gedicht klingt wie eine "Marschmelodie", die den Gleichschritt ab zweiter Strophe ob der Zeitempfindung beschleunigt und zugleich zeigt es auf, dass man das Tempo längst nicht mehr halten kann.

Genau darin ist die Denkerklause begründet:

Die von uns "erdachte, richtungsweisende Zeit" ist immer gleich. Nur uns verging sie einst zu schleppend. Wir kamen nie schnell genug an Ereignisse heran, die wir erdachten und erträumten. Und dann, ohne jeden Grund () rasten die erdachten und erträumten Ereignisse an uns vorbei.

Du hast die "Erkennis" super gut verdichtet. Ich habe deine Verse nicht ohne Grinsen, bzw. mit weisem Lächeln gelesen.

Aber!

Ich möchte etwas zur Diskussion stellen:

Wenn ich an die Jugendzeit denke, die ich heute deinem Gedicht ähnlich betrachte, mir aber die Gedanken von einst getreu wiederherstelle, dann erinnere ich keine grenzenlose Freiheit. Dort waren Ängste vom Schaffen und Sein und tausend "Weltuntergänge". Jede Klassenarbeit, jede Prüfung und jede noch so unbedeutende Verliebtheit entschied damals (für mich) über mein Sein überhaupt.
Das Glück und die Unbedarftheit der Jugend empfinde ich erst im Nachhinein, bzw. die damals ungesehennen Möglichkeiten.
Erst die heutige "Gelassenheit" lässt mich auf diese Weise an die Jungen appellieren - aber nehme ich ihnen damit ihre Ängste?
Ich denke nein, denn damals haben die "Alten" ähnlich (evtl. weniger offen) an uns appelliert.
Nicht selten überließ ich es meinen Kindern oder der Jugend zu entscheiden, ohne überzeugt zu sein, weil ich mich an dieses Bedürfnis zu tief erinnert habe.
Bis heute weiß ich nicht, ob diese "Version" die "besseere" war, trotz der Beteuerung der Kinder, dass sie es als wohl empfunden haben.

Jetzt fällt mir noch etwas auf:

Ich drifte in das Wohl der nächsten Generation ab und lasse mich aus. Ist das auch typisch für das Sein?
Insofern stimmt es wieder: Ich zähle zu den Alten.

Gern gelesen, für gut befunden und gern sinniert,
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 31.12.2011, 13:03   #5
Stimme der Zeit
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Liebe Chavi,

Zitat:
mir geht es bei deinen Texten in der letzten Zeit des öfteren so:
Lese ich etwas von dir, fällt mir ein, dass ich ähnliche oder gleiche Themen auch schon bedichtet habe.
Unsere Ausdrucksweise ist aber sehr unterschiedlich und das finde ich faszinierend!
Mir geht es genauso, und ich finde es ebenfalls sehr faszinierend! Ich habe von deiner "Art zu schreiben" auch schon vieles "gelernt" (nicht übernommen, das liegt mir fern), das meine "Schreibentwicklung" vorangebracht hat. Ich bin überzeugt, dass wir sowohl die Liebe zur Dichtkunst als auch die Gedanken, die wir uns über bestimmte "Themen" machen, gemeinsam haben. Da "treffen" wir uns sicher "immer wieder" - nur unsere "Wege" sind verschieden. Ich schätze das sehr.

Zitat:
Tolles Reimschema!
abababccb
abababcca

Hexameter?
Die Strophenform nennt sich "Nonarime"; man könnte auch sagen, dass es Stanzen mit einem zusätzlichen, neunten Vers sind. Strophe 1 ist "brav", abababccb entspricht dem "korrekten" Reimschema einer Nonarime. Da ich es aber mal wieder "nicht lassen konnte" (), habe ich das frecherweise in Strophe 2 variiert, um den Inhalt von Vers 9 mit Vers 1 zu "verbinden". Ja, ja, ich immer ...
Das Versmaß ist ein fünfhebiger Jambus mit durchgängig weiblichen Kadenzen. Im Unterschied zur dritten "Möglichkeit", der Spencerstrophe, bei der der 9. Vers ein jambischer Sechsheber ist, bleibt er bei einer Nonarime im fünfhebigen Jambus.

Zitat:
Zum Inhalt:
Ja, wir werden älter und weiser und bekommen eine andere Sicht auf die Dinge.
Es ist ein schleichender Prozess und irgendwann wird es einem bewusst.
Ich erinnere mich noch gut daran, dass mir als Schülerin die Sommerferien immer sehr "lang" vorkamen. Wenn ich heute Urlaub habe, dann macht es - Husch! - und schon vorbei. Und ich sage mir: Was? Schon wieder vorbei? War das kurz! Das "fühlt" sich mit jedem Jahrzehnt "schneller" an. Ich frage mich beispielsweise am heutigen Tag auch, wo das letzte Jahr eigentlich "hin ist" - es ist "schon wieder" Silvester. Ganz zu schweigen davon, dass ich meine erwachsene Tochter ansehe - und mich frage, wie es nur kommt, dass sie so "schnell" erwachsen wurde. Wie "kann" die "Zeit" nur so rasch vergehen, wie "kann es sein", dass schon "so viel Zeit" vergangen ist - sie ist ja "schon" eine erwachsene Frau ...

Zitat:
Wunderbar geschrieben.
Kraftvoll, ehrlich, rückblickend und gleichzeitig vorausschauend und gegenwartlich.
Janusköpfig aber nur bedingt, dem fortschreitenden Alter geschuldet...
Janus war der "Gott mit den zwei Gesichtern". Ich meine das im Gedicht nur in "zweiter Linie" im Sinne von "zweideutig/zwiespältig" (nicht negativ konnotiert). Er war der Gott, der gewissermaßen gleichzeitig in "beide Richtungen" sehen konnte - nach "hinten" und nach "vorne". Und er war der Gott von "Anfang und Ende", "Ein- und Ausgang" und der "Türen und Tore" - man geht "hinein" und wieder "hinaus". In diesem Sinne ist der Titel auch ein "Türschloss", mit dem sich der Inhalt der Gedichts "öffnet". Das LI steht nämlich "in der Mitte" - es schaut "zurück" und "voraus". Natürlich sehr "subjektiv", und ich bin nicht das LI. Es steckt lediglich, wie es bei Gedichten ja immer ist, ein "bisschen was" von mir "mit darin". Hier sind es "zwei Sichtweisen", "zwei Perspektiven".

Zitat:
Sehr gern gelesen!
Vielen, herzlichen Dank!

Liebe Grüße

Stimme

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Lieber Thomas,

Zitat:
da hast du dir kurz vor Jahresschluss noch etwas sehr Schönes einfallen lassen. Die Form des Neunzeilers ist geradezu genial, weil die Vorwärtstendenz des Fünfzeilers durch den Vierzeiler mit umarmendem Reim aufgefangen und zum Stillstand am Strophenende gebracht wird, trotz der sechshebigen Jamben. Vielleicht könnte man in dem Vierzeiler sogar noch zum Trochäus übergehen, um die 'Bremswirkung' zu verstärken. Passt natürlich auch sehr gut zu Inhalt. Wenn du weiter solche schönen und neuartigen Gedichte machst, dann zählst du nie zu den Alten.
Interessant, dass du hier einen Aspekt entdeckt hast, der "zusätzlich" (was das "Formale" betrifft) im "Gedicht liegt". Zur Erklärung, was ich meine, hat Goethe ein Distichon über die Stanze (die Nonarime gehört ja auch "dazu") geschrieben:

Stanze, dich schuf die Liebe, die zärtlich schmachtende: Dreimal
fliehst du schamhaft und kehrst dreimal verlangend zurück.


Drei Verse, drei Verse (nicht im Sinne einer Anthithese!); im Verspaar (cc) wird der Inhalt zusammengefasst oder gesteigert / pointiert. Je nachdem, und das "Thema" muss natürlich nicht die "Liebe" sein. Bei der Nonarime "schließt" der 9. Vers gewissermaßen zusätzlich einen "Kreis", bezogen auf den Inhalt. Daher auch mein "Reimschema-Verstoß" in Strophe 2: Ich fand den "Kreis" besser durch die Verbindung "a/a" "vollzogen", also war ich so dreist und machte das einfach.

Wenn du mir nun schreibst, dass der Inhalt "gleichzeitig" auch "zweigeteilt" ist, dann sitze ich gerade hier und freue mich sehr darüber. Mein "Unterbewusstsein" hat sicher "mitgeschrieben", denn jetzt erkenne ich das auch - und das ist ja ganz im Sinne von "zwei Sichtweisen". Manchmal erstaunt mich, was ich alles mache, ohne es zu "wissen".

Ich bedanke mich auch bei dir herzlich für dein Lob!

Liebe Grüße

Stimme

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Liebe Dana,

Zitat:
ich bin froh, dass die (J)a(n)ussicht in er Denkerklause steht.
(Klar ist mir bewusst, dass die Verfasserin das wohl bedacht hat. )
Völlig fehl stünde sie in Trauer und Düsteres, denn damit hat die Zeit nichts zu tun - sie geht unaufhaltsam durch Traurigkeiten und Fröhlichkeiten hindurch.
Das Gedicht ist auch "nachdenklich" gemeint, ich fügte nur zur inhaltlichen Verstärkung der beiden "Blickrichtungen" ein wenig Resignation und einen "Hauch" Melancholie mit ein. Ich stimme dir zu, Trauer ist da nicht, und auch keine "Düsternis". Wie ich bei Chavi schrieb: Das LI steht "dazwischen".

Zitat:
Mir gefällt das dynamische aber auch nicht neue "Trompeten" über den Lauf der Zeit, die unantastbare Jugend und die erkenntnisreiche Weisheit des Alterns.
Ich verstehe meistens nicht, weshalb ich so oft (nicht hier im Forum!) lesen muss, dass Interpunktion "unwichtig, vernachlässigbar" ist. Dabei kann man mit ihr so vieles "unterstreichen", auch sie hat ihre (nicht zu unterschätzende) Wirkung. Ich denke nun einmal, dass "Alles" beachtet werden sollte, weil "Alles" eine Wirkung hat. Es ist das "Zusammenspiel aller Kräfte", das ein Gedicht ausmacht. Das gilt ebenfalls für das bewusste "Weglassen", das ebenfalls eine Wirkung besitzt. Die Wortwahl, die Satzstellung, die Zäsuren, die Formulierungen, die "Sprache", die Silbenbetonung, der Rhythmus, der Takt, die Melodie - Vokale, Konsonanten, Interpunktion, das Reimschema (oder keines), etc., kurz: eben "Alles".

Zitat:
Ja, es war so: Vergänglichkeiten erschreckten kurz, betrafen aber nur die "Alten".
Die Zeit dehnte sich einst aus und damals nicht schnell genug. Man konnte sie kaum erwarten. Jetzt schrumpft sie zu Falten in einem unerwünschten Tempo.

Dein Gedicht klingt wie eine "Marschmelodie", die den Gleichschritt ab zweiter Strophe ob der Zeitempfindung beschleunigt und zugleich zeigt es auf, dass man das Tempo längst nicht mehr halten kann.
Weißt du, die Ausrufezeichen setzen deutlichere "Pausen" als Punkte, da "stoppt" man beim Lesen "länger", und zugleich erzeugen sie, wie du sagst, "Dynamik". Daher auch die Ausrufezeichen in Strophe 1 und die Punkte in Strophe 2 (die Zahl der Kommata differiert auch: 10 zu 6). Aber "innerhalb" der Verse in Strophe 2 sind weniger Interpunktionszeichen. "Beschleunigtes Zeitempfinden", das sagst du sehr schön.

Zitat:
Genau darin ist die Denkerklause begründet:

Die von uns "erdachte, richtungsweisende Zeit" ist immer gleich. Nur uns verging sie einst zu schleppend. Wir kamen nie schnell genug an Ereignisse heran, die wir erdachten und erträumten. Und dann, ohne jeden Grund () rasten die erdachten und erträumten Ereignisse an uns vorbei.

Du hast die "Erkennis" super gut verdichtet. Ich habe deine Verse nicht ohne Grinsen, bzw. mit weisem Lächeln gelesen.
Ich habe bereits bei Chavi dafür ein Beispiel beschrieben. Meines Erachtens nach liegt auch die bekannte "Ungeduld der Jugend" in dem sehr unterschiedlichen "Zeitempfinden" begründet. Nichts, das "erwartet" wird, kommt "schnell genug" (Warum dauert das denn so lange?); werden wir älter, würden wir den "Lauf der Zeit" gerne manchmal "bremsen", wenn wir könnten ...
(Und ein Extra-Dankeschön für "supergut". )

Zitat:
Aber!

Ich möchte etwas zur Diskussion stellen:

Wenn ich an die Jugendzeit denke, die ich heute deinem Gedicht ähnlich betrachte, mir aber die Gedanken von einst getreu wiederherstelle, dann erinnere ich keine grenzenlose Freiheit. Dort waren Ängste vom Schaffen und Sein und tausend "Weltuntergänge". Jede Klassenarbeit, jede Prüfung und jede noch so unbedeutende Verliebtheit entschied damals (für mich) über mein Sein überhaupt.
Das Glück und die Unbedarftheit der Jugend empfinde ich erst im Nachhinein, bzw. die damals ungesehennen Möglichkeiten.
Erst die heutige "Gelassenheit" lässt mich auf diese Weise an die Jungen appellieren - aber nehme ich ihnen damit ihre Ängste?
Ich denke nein, denn damals haben die "Alten" ähnlich (evtl. weniger offen) an uns appelliert.
Nicht selten überließ ich es meinen Kindern oder der Jugend zu entscheiden, ohne überzeugt zu sein, weil ich mich an dieses Bedürfnis zu tief erinnert habe.
Bis heute weiß ich nicht, ob diese "Version" die "besseere" war, trotz der Beteuerung der Kinder, dass sie es als wohl empfunden haben.
Zitat:
Das Glück und die Unbedarftheit der Jugend empfinde ich erst im Nachhinein, bzw. die damals ungesehenen Möglichkeiten.
Ja, liebe Dana, genauso geht es dem LI ja auch - es "empfindet" im "Nachhinein". Und auch Erinnerungen sind nicht "objektiv". Ich erinnere mich daran, dass ich den Eindruck habe, in meiner Kindheit hätte es viel mehr Schnee gegeben als heute. Faktisch ist der "Unterschied" aber viel "geringer", als er mir "heute" vorkommt - ich habe eben nur die Winter, in denen es Schnee gab, "besser bzw. vermehrt" in Erinnerung, die "verregneten, uninteressanten" merkte ich mir offenbar "weniger". Ich glaube, als zweites Beispiel, dass es dir wohl auch so geht: Klassenarbeiten. Du erinnerst dich daran, aber wenn du einmal eine besonders gute Note erhieltest, dann enthält die Erinnerung "mehr Details", sie ist intensiver, stimmt's? Das gilt allerdings auch für "besonders schlechte" Einzelfälle. Das "Gewöhnliche" verschwimmt mit der Zeit. Das menschliche Gedächtnis ist übrigens nicht unbedingt "zuverlässig", es "verfälscht" auch - und zwar nach unserem eigenen "Gutdünken". Wir "bewerten" auch unsere eigenen Erinnerungen, und "stufen sie ein". Da kann etwas Schönes heute "schöner" in unserem Gedächtnis sein, als es "objektiv" tatsächlich war und auch etwas "Schlechtes" kann "schlimmer sein", als es war. Das liegt daran, dass wir "emotionale Bezüge mitspeichern". Erinnerungen, die mit intensiven Gefühlen verbunden sind, speichern wir viel "deutlicher". Indirekt gilt das auch für "Erlerntes". Etwas, das uns "beeindruckt" hat, "behalten" wir mit Details - wo, wann, wie es gelernt wurde. "Nebeninformationen" speichern wir auch, aber wir wissen dann oft nicht mehr, "woher wir es haben". Wir "speichern" im Grunde alles - aber wir haben, so würde ich es ausdrücken, sowohl "verschiedene Speicher" als auch ein "Bewertungssystem".

Hier blickt das LI mit Wehmut "zurück", das sorgt dafür, dass verstärkt die "guten Erinnerungen" hervortreten. Und das LI blickt, da es schon seine "Erfahrungen" gesammelt hat, wesentlich "gedämpfter" in die Zukunft - es "sieht" mehr "negative Möglichkeiten".

Und was die "Gelassenheit" betrifft: Das ist in jeder Generation so. Ich hatte in meiner Jugend auch den "Kopf voller Pläne" - ich wollte mit 10, 11 Jahren sogar mal später Pferdewirtin werden. (Das war während meiner "Pferdephase". Was habe ich nicht alles an Pferdebüchern verschlungen, war auf einer Jugendfarm, ritt auf Ponys. Und ich schrieb damals, ganz heimlich und nur für mich alleine, ohne sie jemandem zu zeigen, ein paar Pferdegeschichten. Na ja, du weißt ein wenig "über mich", das "verlor" ich leider bald darauf - aber ich habe "es" ja "wiedergefunden". )

Liebe Dana, ich "appelliere und appellierte" auch an meine Tochter. Sie wird es "verstehen", wenn sie da ankommt, wo ich bin. War bei mir ja auch so!

Zitat:
Jetzt fällt mir noch etwas auf:

Ich drifte in das Wohl der nächsten Generation ab und lasse mich aus. Ist das auch typisch für das Sein?
Insofern stimmt es wieder: Ich zähle zu den Alten.
Ich bin älter als ich bin, daran liegt das wohl. (Darüber weißt du ja auch etwas. ) Daher liegt mir auch das "Wohl der nächsten Generation" sehr am Herzen. Tja, da gehört ich wohl irgendwie auch zu den Alten.

Aber!

Manchmal bin ich auch erst 16.

Zitat:
Gern gelesen, für gut befunden und gern sinniert,
Vielen, herzlichen Dank.

Liebe Grüße

Stimme
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Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



Geändert von Stimme der Zeit (31.12.2011 um 13:33 Uhr) Grund: Kleine Korrekturen bzgl. eines Irrtums - Zählen will gelernt sein.
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