Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Ausflug in die Natur

Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 22.03.2017, 01:24   #1
bobo
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Der Ruf

Der Ruf

Ich besinge in der Nacht
das dunkle und edle Schaudern
Und die mondbeglänzte Pracht
im ewigem Sehnen auftönt

Das Glänzen leiser Sterne
es sanft in Bäumen sich wiegt
ruf ich in schwarzer Ferne
das Kind, was in mir liegt.

22.03.2017 © bobo

  Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2017, 11:42   #2
fee_reloaded
heimkehrerin
 
Registriert seit: 19.02.2017
Ort: im schönen Österreich
Beiträge: 389
Standard

Das hat was, lieber bobo!

Die Nachtstimmung, die du eingefangen hast, dringt da definitiv durch die Zeilen bis zu mir durch. Ich kann den Ruf hören. Und die Uhrzeit, zu der du den Text eingestellt hast, sagt mir, das Gedichtlein könnte aus der Situation heraus entsprungen sein. Aus einer dieser typischen spät-nächtlichen Stimmungen geboren sozusagen.

An ein paar Stellen hakt es für mich aber sprachlich und stört das nächtliche Schwingen, weil es einen aus der Melodie reißt:

Zitat:
Zitat von bobo Beitrag anzeigen
Der Ruf

Ich besinge in der Nacht
das dunkle und edle Schaudern
Und die mondbeglänzte Pracht
im ewigem Sehnen auftönt
ist kein Satz und auch kein künstlerisches Satzfragment. So verdrehen kann man die Satzstellung einfach nicht - auch nicht als "Kunstgriff".
"Während mondbeglänzte Pracht..." wäre eine Möglichkeit. Dann ist auch die hässliche Inversion weg. Die letzte Zeile würde ich wegen der Sprachmelodie mit den Hebungen und Senkungen umstellen : auftönt in ewigem Sehnen. Dann endet es mit einer weiblichen Kadenz und macht die Sache runder und passt auch zu "Schaudern"


Das Glänzen leiser Sterne
es sanft in Bäumen sich wiegt "es" ist Doppelmoppel, wenn das Glänzen ohnehin nur eine Zeile davor steht und wirkt ein wenig unbeholfen. Lass es doch einfach weg.
ruf ich in schwarzer Ferne klingt wie die Fortsetzung eines Satzes, passt aber zum Teil davor grammatikalisch nicht. Mach doch "ich ruf" daraus - dann passt es wieder. Auch klanglich wäre es runder.
das Kind, was in mir liegt. sprachlich nicht korrekt. "das in mir liegt" muss es heißen.


Dann hieße es also:

Ich besinge in der Nacht
das dunkle und edle Schaudern
während mondbeglänzte Pracht
auftönt in ewigem Sehnen

Das Glänzen leiser Sterne
sanft in Bäumen sich wiegt
Ich ruf in schwarzer Ferne
das Kind, das in mir liegt


Wortschöpfungen wie "mondbeglänzt" finde ich persönlich sehr schön! Dafür stoße ich mich an dem "auftönen" etwas - eventuell möchtest du ja damit eine Doppeldeutigkeit ausdrücken: den Ton, den man hören kann und den Farbton, der gehoben wird oder aufglänzt. Aber so wirklich funktioniert das sprachlich nicht. Dem Leser verlangst du da schon seeeeehr viel an gutem Interpretationswillen ab. Dazu ist aber wiederum der Rest des Gedichtes zu "lesbar" und nah an grammatikalisch richtiger Sprache - dadurch wirkt dieses Wort wie ein Ausreißer und als nicht geglückt oder nicht gekonnt. Und das ist schade.

Mit den vielen verdrehten Satzstellungen verstellst du für mein Gefühl eigentlich die Sicht auf die schönen Bilder, die du mit den Worten malst. Ich würde viel geradliniger schreiben und eher die Bilder wirken lassen (denn die sind gut) anstatt mit Sprachgekünstel etwas zu be"wirken" zu versuchen. Das hat der Text gar nicht nötig.

Gern gelesen!

Lieber Gruß,
fee

Geändert von fee_reloaded (22.03.2017 um 15:39 Uhr)
fee_reloaded ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2017, 14:32   #3
bobo
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Ich habe mal schnell einen einfachen 5-Heber mit Jamben geschrieben, aus dem Gefühl heraus, hat keine fünf Minuten gedauert.

Das sollte passen:

Ich schreibe heute ein Gedicht so dicht
in dem der Dichter von der Laune spricht.
An schlechten Tagen bin ich mieß gelaunt
so dass sogar die schlechte Laune staunt.
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxXx

Am Morgen ist die Laune richtig schlimm
dann denkt mein Hund ich wäre der "Jong-Kim".
weil ich - ein pseudo großer dichter Dichter -
nur "oxycodon" schluck mit Wein und Trichter. <- ("oxycodon" unterbricht lesefluss, müsste es auf "oxy" amputieren, aber keine fünf Heber mehr)
xXxXxXxXxX
xXxXxXxXxXx
xXxXxXxXxXx
xXxXxXxXxXx

In den zwei Strophen sollten vier weibliche Kadenzen vorzufinden sein - der Rest sind männliche Kadenzen. Die Senkung am Versanfang sollten Auftakte sein?

Also es geht, wenn ich will - gesetz des Falls die Zeilen sind richtig (!). Und allein weil ich weiß, dass ich es vielleicht könnte... Ist der Preis schon nicht mehr heiß.

lg!

Wünsch dir einen schönen Tag liebe Fee und ganz großes Danke für deine Hilfe!

Geändert von bobo (22.03.2017 um 15:04 Uhr)
  Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2017, 19:36   #4
fee_reloaded
heimkehrerin
 
Registriert seit: 19.02.2017
Ort: im schönen Österreich
Beiträge: 389
Standard

Zitat:
Zitat von bobo Beitrag anzeigen

nur "oxycodon" schluck mit Wein und Trichter. <- ("oxycodon" unterbricht lesefluss, müsste es auf "oxy" amputieren, aber keine fünf Heber mehr)
Exakt - und darum funktioniert eben das Oxycodon so nicht. Vor allem nicht, wenn es an dieser Stelle in der Zeile steht.
Wenn's so aussieht:

schluck nur Oxycodon mit Wein und Trichter x X xXxX x Xx Xx

fühlt sich die Betonung beim Lesen natürlicher an und man kann es mit viel gutem Willen als Oxycodon lesen und damit passt es wieder ins Reimschema. Manchmal muss man eben an der Satzstellung feilen. Oder es geht eben einfach nicht und man muss versuchen, die Aussage anders zu treffen.

"Bieg dich oder ich fress dich" klappt aber nun mal nicht.

Du wirst darin noch besser, die Hebungen und Senkungen zu hören. Man ist auch nicht immer gleich konzentriert und dann kann man schon mal "wunschhören" beim Dichten oder ist nicht ganz sattelfest beim Orten von Hebungen und Senkungen.

Zitat:
Also es geht, wenn ich will - gesetz des Falls die Zeilen sind richtig (!). Und allein weil ich weiß, dass ich es vielleicht könnte... Ist der Preis schon nicht mehr heiß.
jaja, der Hochmut des jungen Dichtergenies. LOL
Ich müsste jetzt lügen, wenn mir dieser Gedanke mal völlig fremd gewesen wäre.
Klar machen die "großen Sachen" mehr Spaß - aber man überschätzt sich doch. Einfach, weil man noch gar nicht weiß, was man noch alles NICHT weiß.

There's so much more to it than meets the eye.

Aber ja - du kannst ganz gut, wenn du willst. Den Eindruck hab ich auch. Das mit dem Wollen scheint dir da eher im Weg zu stehen. Du willst zu viel zu rasch. Man kann da aber nichts überspringen. Das zeigt sich sofort und jeder halbwegs aufmerksame Gedichteleser spürt solche Aussetzer in den Gedichten. Und für die Unaufmerksamen möchte man ja nun nicht schreiben, oder?

Du malst ja auch nicht gleich die Fresken in der Sixtinischen Kapelle, wenn du grade mal seit drei, vier Wochen mit Pinsel und Farben hantierst.

Lieber Gruß,
fee
fee_reloaded ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2017, 19:58   #5
Kokochanel
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

ja, geht doch.

Das Oxy muss ja nicht sein, das kann man ja durch ein anderes Wort ersetzen. ich stimme Fee zu. Dichtung ist auch Handwerk und irgendwann automatisiert sich das. Ist bei allem so, beim Kochen, beim Sport, beim Musizieren. Irgendwann denkt man nicht mehr drüber nach, braucht keine Rezept mehr, keinen Trainer, keine Noten und es geht von alleine. Aber bis dahin ist der Weg "der Weg des schnöden Übens"
Schmunzeln von Koko

Tipp: ich versuch es mal als Anschaungsmaterial- um dir zu zeigen, wie man an einem Werk arbeiten kann, um es zu perfektionieren.So hätten wir zumindestens mal die Heber gleichmässig und die Bezüge logisch.

Nun haben wir aber in Vers 1 und 2 immer noch kein gleiches Reimschema. Man könnte dies hier so lassen, wenn es einem so reicht, da in Vers 1 ja nur 1 Reimpaar ist. Man könnte sich aber jetzt auch noch weiter daran machen und noch einen Reim auf Sehnen machen.

Ein Gedicht schreiben ist "Arbeit"..., das ist auch bei versierten Dichtern nicht anders. Zumal man mit zunehmendem handwerklichen Können immer anspruchsvoller an sich selbser wird. So war es zumindest bei mir.

Der Ruf

Ich besinge in der Nacht 4
das dunkle,edle Schaudern 3
und in der mondbeglänzten Pracht 4
vertönt ein stummes Sehnen. 3

Wenn fragend es in Bäumen wiegt 4
im Glanze leiser Sterne 3
dann rufe ich in schwarzer Ferne 4
das Kind, das in mir liegt. 3


Geändert von Kokochanel (22.03.2017 um 20:17 Uhr)
  Mit Zitat antworten
Alt 22.03.2017, 22:00   #6
bobo
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

Ihr habt schon recht, ich sollte mich wohl zügeln.
Ist nicht so einfach, wenn der "Durst" einsetzt.

Was sind denn die Konsequenzen, wenn eine Strophe von dem Reimschema der anderen Strophe abweicht?

Ich kann doch, meinetwegen auch

A B C D A B A C reimen um individuelle Bezüge zum vorhergesagten herzustellen.

Wieso muss es immer ABAB oder ABBA etc sein?

Geändert von bobo (22.03.2017 um 22:13 Uhr)
  Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 13:44 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg