30.03.2018, 23:44 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
|
Lord oft the Flies
Lord oft the Flies
Der liebe Gott wär ich recht gern, ich säß vergnügt im Himmel und blickte auf den blauen Stern samt menschlichem Gewimmel. Ich freute mich an Käferlein, die still im Grase krabbeln, und lachte, hörte ich Partein von hohen Zielen babbeln. Ich gäbe ein Flasche Wein dem Penner in der Gosse, dem Banker stellte ich ein Bein samt seinem hohen Rosse. Die eitlen Gecken strafte ich mit Rotz und Hautkrankheiten, und armen Kindern würde ich ein Mittagsmahl bereiten. Ich wäre ziemlich ungerecht, den Reichen und den Großen erginge es bei mir sehr schlecht, jedoch die Hoffnungslosen, die pflegte ich und machte dann sie heil und ganz gesund. Das Mütterchen, der alte Mann, sie lachten ohne Grund. Ach, wäre ich das Superding, vielleicht nur eine Stunde, bei Gott, ich schwöre euch, es ging das Macht-Geschmeiß zugrunde.
__________________
© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (31.03.2018 um 00:26 Uhr) |
31.03.2018, 00:10 | #2 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
|
Hi Thomas!
Besagt der Titel, dass der Teufel hier das LyrIch darstellt und reüssiert, was er an Gottes Stelle tun würde? Interessant - Das "Gute" liegt eben immer im Auge des Betrachters ... Folgende Änderungen schlage ich vor: Der liebe Gott wär ich recht gern, ich säß vergnügt im Himmel und blickte auf den blauen Stern samt menschlichem Gewimmel. Ich freute mich an Käferlein, die still im Grase krabbeln, und lachte, hörte ich Partein von hohen Zielen babbeln. Ich gäbe ein Flasche Wein dem Penner in der Gosse, dem Banker stellte ich ein Bein, Kein Komma hier. samt seinem hohen Rosse. Die eitlen Gecken strafte ich mit Rotz und Hautkrankheiten Hier Komma ans Zeilenende. und armen Kindern würde ich ein Mittagsmal bereiten. "Mahl" bitte mit "h". Ich wäre ziemlich ungerecht Komma ans Ende! den Reichen und den Großen erging es bei mir ziemlich schlecht, Besser: "erginge es bei mir sehr schlecht," jedoch die Hoffnungslosen, die pflegte ich und machte dann sie heil und ganz gesund. Das Mütterchen, der alte Mann, sie lachten ohne Grund. Wie? Wenn sie gesund gemacht werden, HABEN sie doch einen Grund zum Lachen! Das ergibt so keinen Sinn. Ach, wär ich das Superding, Für die Metrik: "wäre" oder "... wär ich doch das ...". vielleicht nur eine Stunde, bei Gott, ich schwöre euch es ging Komma nach "euch". das Macht-Geschmeiß zugrunde. Gern gelesen! LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
31.03.2018, 00:27 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
|
Lieber Erich,
danke für die Korrekturen. ich hätte es nocmals überprüfen sollen. Liebe Grüße Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
31.03.2018, 16:34 | #4 |
Gast
Beiträge: n/a
|
Ein zwielichtiges Gedicht!
Der Titel lässt einen an die gleichnamige, bittere Sozialdystopie von Golding denken und dem Leser schwant nichts Gutes. Die Anspielung wird dann aber nicht weiter vertieft und es stellt sich ein ganz anderer Ton ein. Wenn so niedlich von den im Grase krabbelnden Käferlein gesprochen wird, scheint es, als sei der alte Barthold Hinrich Brockes ("Irdisches Vergnügen in Gott") reinkarniert, nach dessen Theologie im Geist einer frömmelnden Frühaufklärung sich gerade im Unscheinbaren und in den bescheidensten unter den Mitwesen die Großartigkeit der göttlichen Schöpfung offenbart. Der Lord of the Flies, der Herr der Fliegen, im Titel wäre dann nur der Gott der kleinen, übersehenen und zurückgesetzten Wesen, der Beschützer der Schwachen. Kaum ist der Leser auf dieses Idyll eingestimmt, wechselt schon wieder der Tonfall: Das lyrische Ich geriert sich in größenwahnsinnigen Fantasien als Rächer der Zukurzgekommenen, eine ins merkwürdig Spießig-miefige verzerrte Westentaschenkarrikatur des strafenden Gottes alttestamenarischer Prägung: „ich wäre ziemlich ungerecht“… nunja… eher selbstgerecht… Und so schwadroniert hier also ein kleingeistiges lyrisches Ich drauflaus und ergeht sich in Machtphantasien gegen die Mächtigen. Dem will man keine Verantwortung in die Hände legen! Das lyrische Ich zerlegt sich dabei so gründlich selbst, dass man als aufgeklärter Leser nicht anders kann, als diese Verse satirisch zu lesen: Der Autor macht sich hier über ein (vom Verfasser streng zu trennendes!) lyrisches Ich lustig, dass gegen die Tyrannei der Mächtigen zu Felde ziehen will, nur um den bestehenden Machtmissbrauch durch einen neuen zu ersetzen. Aber es bleibt Beklemmung. Wird das jeder so lesen? Bekommt das Gedicht nicht womöglich Beifall von der falschen Seite? Unterdrückte, die gerne selbst einmal den Unterdrücker geben wollten? Und: Wie geschieden sind Autor und lyrisches Ich wirklich? Erich hat schon darauf hingewiesen, wer sich in Wahrheit hinter dem „Herrn der Fliegen“ verbirgt: Es ist die alte Bezeichnung für das Böse schlechthin, den Verführer und Weltzerstörer: Satan. Ein zwielichtiges Gedicht! |
01.04.2018, 11:07 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
|
Lieber sufnus,
vielen Dank für deine stimmige Analyse. Gedicht bergen eigentlich immer die Gefahr, missverstanden zu werden. Liebe Grüße Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
Lesezeichen |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
|
|