15.09.2019, 13:50 | #1 |
TENEBRAE
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Festung der Einsamkeit
Was weiland dem Diogenes die Tonne,
das ist zuzeiten mir das eigne Haus, darin ich weile, mir zur eitlen Wonne, und in mich schaue und auch mal hinaus. Dort wagen die Gefühle keinen Reigen, der größer wäre als ich tanzen kann, und was mir dort die wachen Sinne zeigen, bleibt innerlich und geht die Welt nichts an. Ich könnte jederzeit den Bau verlassen und andere berühren und so fort - doch was ich wäre, würden manche hassen, und mich verletzen mit gewagtem Wort. So bleibe ich in meiner guten Tonne und forme wenig in den fremden Tag, und schaue aus dem Fenster in die Sonne und prüfe nüchtern meinen Zahnbelag. Die Erde dreht sich weiter ohne Ende, die Menschen wachsen weiter ohne Maß, und ich bin nur ein Echo meiner Wände, das sich in deren Schatten selbst vergaß.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
02.10.2019, 11:38 | #2 |
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hi erich,
rein technisch gibts zu deinem gedicht ( wie fast immer) nix zu bekritteln. das passt einfach. ich kann daher nur inhaltlich kontern: bis zu einem gewissen grad kann ich die "festung der einsamkeit" gut nachvollziehen: "my home is my castle"! auch mich ziehts schier unhaltbar heim ,wenn ich müde/krank/ erschöpft/ traurig oder sonst irgendwie unrund bin. jede schnecke hat ihr häuschen, jede muschel ihre schale. die annahme, dass man beim verlassen des häuschens NUR hassenswert wäre , klingt aber schon sehr traurig. ich denke, das kann so nicht ganz stimmen. das ist bloß eine ( irgendwo ,irgendwie) erlernte meinung/ grundannahme über sich selber, die man nach außen projiziert - und dort (fast zwangsläufig) widergespiegelt findet. . die welt hat die tendenz, unsere ängste zu erfüllen. sie kann aber auch auf unseren mut antworten ( siehe greta thunberg ) sicher: jeder von uns hat macken, mit denen er seinen mitmenschen den nerv zieht , aber: NUR macken, das hat bestimmt niemand! das echo meiner wände sein ? ich würd mich da mal lieber raus schmeißen - und den schmerz, den das manchmal kostet, als notwendigen preis ansehen. wirklich schwierig wirds, wenn man alt und krank und nicht mehr so mobil ist. da kostet auch das mentale sich- raus schmeißen schon manchmal echte überwindung! nichts desto trotz: übung macht den meister und sich regen bringt segen! ( sagt die, die unglaublich lange geschwiegen hat - aus erschöpfung !) na, vielleicht ist jetzt ein bissel widerhall in die einsame festung reingekommen! lg, larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich! |
02.10.2019, 12:10 | #3 |
TENEBRAE
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Hi larin!
Du hast mich kommentiert, während ich dich kommentierte! Witztig! Erst mal: Ich schrieb, dass "manchen" hassen könnten, was ich bin, und mich hassen würden - nicht alle, wie du unterstellst. Es geht darum, dass man es eben niemals allen recht machen kann, irgendwer wird dich immer "nicht riechen" können. Du würdest ausbrechen, Gesellschaft suchen, im Miteinander aufgehen - das sei dir gegönnt, aber ich bin eben ein anderer. Ich steige eher in mich selbst und bin mir damit genug Gesellschaft, wenn auch nicht immer angenehme. Zuviel Nähe beängstigt und verunsichert mich, weil ich damit nicht umgehen kann. Ich gehe wie auf rohen Eiern, wirke nur nach außen selbstsicher und souverän, trage meine Rüstung aus Zynismus und meinen Schild aus aufgesetztem Gleichmut vor mir her, und bebe doch innerlich bei jedem Sozialkontakt fragend, was ich wohl diesmal wieder falsch machen werde, in welches Fettnäpfchen ich unwissend diesmal trete - denn das werde ich, weil ich sozial gehemmt und ungeübt bin, dazu ein Egoist (hatte ja meist nur mich allein als Vorschulkind) und ein in die eigenen Argumentationsgirlanden verliebter Kopfmensch, der verletzte Gefühle - wenn überhaupt - immer erst viel zu spät bemerkt. Oft beherrsche ich mich und schweige einfach, nehme mich zurück - aber irgendwann entzündet sich mein Geist an einem Thema, und dann wird jede Opposition freiflottierend niedergeschmettert! Dann erzählt man der Familie eines Sterbenden in dessen Beisein von der logischen Unwahrscheinlichkeit eines Nachlebens, nur weil man "recht" haben muss! Solche und ähnliche Sachen haben mich die meisten Bekanntschaften gekostet, die zu Freundschaften hätten wachsen können. So bleibe ich lieber für mich und schreibe ab und zu ein Gedicht - der geringe Trost menschlicher Gesellschaft lohnt (für mich) nicht den potentiellen Ärger und das Leid, das ich verursachen oder erdulden könnte. Der Alterungsverfall - da sagst du was! Dir wünsche ich diesbezüglich natürlich das Beste (Frauen altern ja bekanntlich viel langsamer als wir Mannsbilder ), aber ich merke in den letzten Jahren doch schon deutlich die Einschränkungen: die schwachen Muskeln, die schmerzenden Gelenke, die Rheuma- und Gichtsymptome, die Verspannungen, die träge Verdauung, das extreme Übergewicht (Adipositas), das extreme Schnarchen, das schmerzende Kreuz, das müde Bindegewebe, die immer schlechter werdenden Augen usw. - die Liste ist lang! Noch bin ich gut mobil, bedenkt man die Menge der Wehwehchen, aber irgendwann ist man eben wirklich hilfsbedürftig. Ich habe jedenfalls schon Geld beiseitegelegt für eine Pflegekraft, denn mich bringen keine zehn Pferde in ein Altersheim - diese Tempel menschlichen Zerfalls sind mir unheimlich! Und der Umgang vieler "Schwestern" mit einem ist entwürdigend bis bevormundend. Habe diesbezüglich bei Besuchen meiner Tanten genug erlebt und mitbekommen. Vielleicht habe ich Glück und gebe rechtzeitig den Löffel ab - die Chancen stehen gut mit meinem Lymphom im fortgeschrittenen Stadium! Erschöpfung - kann ich gut nachempfinden! Mein Mantra, wenn ich in der Schule bin: "Nur noch neun Jahre! Nur noch neun Jahre! Nur noch ..." Wie es dir ergehen mag, kann ich nur vermuten - wie schwer es anch dem Auszeitjahr gewesen sein muss! Ich freue mich jedenfalls kringelig, dass du wieder da bist! Vielen Dank für deinen kundigen Kommi! LG, eKy
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02.10.2019, 15:13 | #4 |
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Hi Erich,
damit, dass dich zuviel Nähe nervös macht, stehst du gewiss nicht allein da. Glaube mir, das geht vielen Männern so. (Und gerade an diese wollen sich manche Frauen so unglaublich gerne ankleistern -das kann ja nur schief gehen. ) Aber wird arbeiten halt alle aneinander unserer Neurosen -und röschen ab. Die einen müssen Nähe erlernen, die anderen Distanz. Und was man vor allem lernen muss: Es mit uns selber auszuhalten! Ach, manchmal geh ich mir ja sooo auf die Nerven! Letztlich ist Glück auch nur eine Frage des richtigen Abstandes. Das Recht - haben wollen - um - jeden- Preis seh ich auch als etwas Tückisches an. Aber es scheint mir vor allem eine "Männerkrankheit" zu sein : Meiner ist größer! (Und wenns der größere Atomknopf wäre!) Ich denke, euch Männern vernebelt manchmal das Testosteron die Birne - frau kann also die Männer ernst nehmen, wenn sie will - aber sie ist nicht dazu verpflichtet! Ich denk mir immer: Wer Recht haben muss, hats nötig! Der Kampf um die "wahrere Wahrheit" ist schließlich Legion - in allen Bereichen und Belangen des menschlichen Lebens. Eigentlich wäre durchaus mehr sokratische Gelassenheit angebracht, weil wir ja letztlich alle nicht wissen, ob und was wir wissen. Was die Mobilität anlangt: Nach Einsatz einer neuen Hüfte gehts wieder besser bei mir, doch die Quadratlatschen sind flachgetreten, was das Arbeiten auch nicht einfacher macht. Jenseits der 60 wirds echt zäh! Ich zähle auch schon. Denn langsam reichts. Ich will aber nicht jammern. Heuer sind zwei Schulkolleginnen von mir verstorben - beide jünger als ich. Da kann man schon zu grübeln beginnen. Also gilt, trotz allem: Hurra, wir leben noch! Lass uns genießen, was wir haben. Und die Tatsache, dass du dich über mein Wieder-Erscheinen freust, beweist mir: Ganz so kontaktscheu, wie du dich gibst , bist du ja doch nicht. (Ihr Kerle wollt doch alle irgendwie erraten werden! ) Ich freue mich auch, wieder hier zu sein - danke für den freundlichen Empfang. Hoffentlich schaff ichs mit meiner Energie öfter mal vorbei zu schauen - in den letzten Monaten war das ja nicht so. lg, larin
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02.10.2019, 19:55 | #5 |
TENEBRAE
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Hi larin!
Was man gerne tut, BRINGT Energie! Also dichte und gewinne! Dem Sokrates hat seine Gelassenheit sicher geholfen, würdevoll abzukratzen, als man ihn zum Schierlingstod verdammte, bloß weil man ihm vorgeworfen hatte, die Jugend zu verderben! Hätte mich interessiert, was da wirklich gelaufen ist hinter den Kulissen ... Das mit dem Testosteron ist so ne Sache - aber wenn Östrogene so friedlich und vernunftstauglich stimmen, fragte ich mich, welche Hormone tätig sind, wenn zwei Frauen sich in so einen typischen Zickenkrieg werfen ... - wehe, wenn die dann womöglich rote Atomknöpfe hätten, und wären die auch noch so klein ... LG, eKy
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04.10.2019, 06:45 | #6 |
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hi erich,
stimmt - WENN sich mal zwei frauen bekriegen, dann aber ordentlich, NUR: die wahrscheinlichkeit, DASS sie mal bis an die atomknöpfe geraten, ist immer noch relativ gering , denn die knöpfe/ töpfe der macht werden nach wie vor in der hauptsache von männer umlungert. die frage , die sich stellt ist eher die: wieso geraten ausgerechnet die hitzköpfe an solch prekäre stellen? und wer wählt die - und warum? da fängt doch der blödsinn schon ganz unten an..... wollen wir das wirklich IMMER wissen, was sich da HINTER den kulissen der politik abläuft? manchmal reichts doch schon, was VOR der kulisse sich abspielt...... nach der wahl ist vor der wahl! schau ma mal, wie das kasperletheater weitergeht! lg, larin
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04.10.2019, 15:02 | #7 |
TENEBRAE
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Hi larin!
Diese Frage habe ich in den Foren schon öfter beantwortet! Warum kommen so oft die schlimmsten Soziopathen und Gestörten in Machtpositionen? Ganz einfach: Weil sie es am dringendsten wollen und am rücksichtslosesten versuchen. Für psychopathische Komplexhaufen ist Kontrolle das entscheidende Mittel zur Selbstbestätigung, sie definieren sich geradezu über das Maß an mnaipulierbarer Masse, das sie bewältigen können! Sie sind herrische Ehemänner, die ihre Familien als Besitztum begreifen, und in Machtpositionen sind sie rücksichtslose Selbstdarsteller. Am schlimmsten sind jene mit allumfassenden "Visionen" - vom Sektenguru bis zum Staatenlenker! Dieser verselbstständigten Idee ordnen sie alles unter, nötigenfalls auch sämtliche Leben, für die sie verantwortlich sind. Siehe Diktatoren oder Terroristen - selbstverliebte Möchtegerngötter, allesamt: Stalin, Hitler, Mao (in der Reihenfolge der Anzahl an Toten, für die sie verantwortlich zeichneten - ja, Mao hat durch Hunger dank verfehlter Zwangspolitik mehr Menschen ermordet als Hitler mit dem gesamten 2. Weltkrieg - man geht von etwa 76 Millionen Toten auf Maos Konto aus, und es hat ihn keine einzige schlaflose Nacht gekostet) waren die schlimmsten. Der Gestörte hinwiederum sucht allumfassende Anerkennung in oberflächlichem Ruhm - er will "in die Geschichte eingehen", um so seine Komplexe zu kompensieren. Er will "der Größte" sein, bloß weil sein Papi ihn nie liebgehabt hat - oder was auch immer der Auslöser war. Alexander der Große ist dafür ein schönes Exempel. In der allgemeinen Politiklandschaft unserer "Demokratien" ist es so, dass das korrupte System selbsterhaltend ist: Damit ein Politiker, der "aufräumen" will, überhaupt in eine Position gelangen kann, in der er aufräumen könnte, muss er sich so oft die eigenen Finger schmutzig machen (Tu mir heimlich diesen kleinen Gefallen, und ich lege ein Wort für dich ein usw ...), dass er, wenn er diese Position tatsächlich erreicht, längst Teil des Systems und damit erpressbar geworden ist. Wenn jede Hand weiß, wann und mit wessen Hilfe sich die andere zuletzt gewaschen hat, gibt es kein "Aufräumen" mehr! Das Gute daran ist, dass die meisten Soziopathen sich so gegenseitig eliminieren. Die Causa Strache war letzthin ein schönes Beispiel dafür: Man hatte das geheime Filmchen schon über ein Jahr lang in der Schublade, aber erst, als man Strache tatsächlich ernsthaft loswerden wollte, wurde es veröffentlicht. Wahrscheinlich hat er irgendjemanden verärgert, wollte bei irgendetwas anderem nicht "mitspielen" - und wurde öffentlich bloßgestellt. Weh denen, die denken, niemand hätte etwas gegen sie in der Hand! Beantwortet das in etwa deine Frage? LG, eKy
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