Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Prosa und Verwandtes > Kurzgeschichten > Kurzgeschichten

Kurzgeschichten Geschichten, Erzählungen, Märchen, Fabeln

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 05.10.2024, 18:08   #1
ralfchen
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von ralfchen
 
Registriert seit: 05.10.2009
Ort: Bratislava-Wien
Beiträge: 616
Standard Nach dem Sterben

Nach dem Sterben

….Es dringt aus mir, wärmt meine Haut und umspült mich. Meine Mum streichelt mich und blickt mich in High Definition an. Sie singt den kleinen Menschen in den Schlaf. Winzig meine Kinderstimme.

„Gute Nacht Mammi.“

Ich verschwimme blickwärts. Es salzt mir über die Lippen.

„Es ist zu spät Mum.“

Eine Trägheit nimmt in mir Platz, wie der Arsch einer geilen Mieze in Übergröße. Sanftes Fleisch duftet auf meinem Gesicht. Weiße Mamorwände umwölben mich und drücken steinern auf meine Lider.

„Keine Lieder mehr Mutter. Ich werde nie ein Sänger.“

„Ach Baby, du wirfst dein Talent in den Abfall.“

Ich falle ab. Der Raum wird kleiner über mir. Was sagt man vom Sterben? Du gehst in Richtung Licht, dass am Ende der Strecke neont. Mal ehrlich: Nein. Es ist Dunkelsein, das mich umschmiegt und mich die wenigen Zeiteinheiten auf einer Grauskala - gerade noch -erkennen lässt. Darunter lese ich diese verschwimmenden Glyphen aus einer fremden, wahrscheinlich zeitlosen Epoche, in der Herzen pochten.

Du warst.

***

Hier kam ich ans Ende. Meine Hand glitt vom Keyboard und ich sank zurück auf den sicherheitshalber vorbereiteten Berg von fellgehüllten Kissen.

So - das ist also das Sterben im Rahmenwerk eines sorgfältig geplanten Suizids? Na ja nicht ganz, denn wenn man sich mordet passiert schon einiges spontan. Man kann das Zittern, das einen wimmernd berauscht, nicht unterdrücken und muss sich schon ordentlich zurecht-ruckeln um die Sache durchzuziehen. Mensch es gäbe so viele Methoden sich abzumelden. Warum hatte gerade ich eine derart fuse Misch-Masch-Sterbung durchgezogen? Und ich sage euch per Garantierung: Pentobarbital ist besser und schneller. Zumindestens schneller. Wie es erfolgreich verblichene Sterber berichten….hhhhhhhh!

Nun gut zur Sache im weiteren Ablauf, der im eigentlichen Sinne auch ein Umlauf oder Verlauf sein könnte. Angeblich hat man 13 Minuten lang noch die Fähigkeit kratzende Gedanken im schneller und langsamer blutleer werdendem Gehirn rumzirkulieren zu lassen. Dann sind die Synapsen stromleer. Irgendwie komme ich mir eine wenig vor wie der rosarote Duracell-Klopfer aus dem Spot, der hastend ans Batterie-Ende spurtet…hahahahaha.

Okay! Aber welche Gedanken haben Primetime? Gute Frage wenn man nur 13 minuten – was weiß ich und wer anderer - Zeit hat? Was für eine Zahl! Ob das stimmt und was danach kommt ist nun die Frage, die sich nur Neurologen aber kaum jemals Poeten gestellt haben. Ich erinnere mich noch kurz an den assistierten Suizid von meiner geliebten Frau Lucy. Am 13-12-12: vor allem ihren Eintrag in den rosa lila Kalender: 13-12-12:Ab ins Universum. Hm – na dann werde ich schon bald mal unblickend visionieren, ob ich sie und die Hunde irgendwo finden kann. Der nächste Spot wäre die Andromeda. Denn in unserem Sonnensystem ist kein Platz für Verblichene. War das Leben schon schwer genug. Tote erwarten was Besseres.

Komischer Synaptus. Ja.

Ok…Moment was läuft da retour. Spüre da ne Verlangsamung und das Dunklerwerden von Gedanken, als würde man mir eine Mattglasscheibe nach der anderen vor meine Vision schieben und ich kann die Gedanken nicht mehr halten.

Die Gedanken-Worte werden Fetzen wie von der Sonne auf einem Wäscheseil durcheinandergewirbelt. Nur ohne Sonne eben einfach Opaque. Wird es irgendwann mal Licht - wie die dummen Berichte der Wiederkehrenden aus den Randkomas? Hm…wie soll ich das nun hier festhalten? Fühle mich wie ein Liliputaner der große Schritte machen will…Zwerge sind rund um mich und lachen mich völlig aus. Obschon ich wäre gerne eingelacht oder eingemacht wie eine Gurke in süßer Säure mit Zucker und Zitrone.

Was kann ich dazu beitragen um nicht hier zwischen den Zwergen unterzugehen?

Mensch oder menschlos wie ich nun bin - irgendwie wo - wird es geil, weil ich komme mir vor wie aufm‘ Airport und warte, dass ich hier auf nen Trip geh und es öffnet sich die Schwärze und ich sehe kaum nichts mehr und ja - Galaxien tun sich auf - und da diese Stimme, die fragt wie aus dem Laustsprecher wie ein Auf-und Abruf: "Der Sterber Ralf wird zum Ausgang 666 gebeten - bitte melden."

Hey Frau - bei wem melden? Ich bin tot oder nichtgesagt oder was. Ich will ja nur wissen und glauben wo sie ist und vielleicht auch andere - halt ein paar wirre Bleicher abgucken…hey ich muss weg und kann mich nicht bewegen und da ist die voice wieder, die mich aufruft und ich will doch mitreisen.

Eine Reise in die Ferne. Und nein was mach ich hier noch. Das außerkörperhafte Erlebnis gibt’s nicht. Ich; sinke unclever ins Opaque und spüre die riesigen Flügel des schwarzsamtenen Schmetterlings. Ist er mein Flieger in die neue Suite? Welche Zimmernummer frage ich stimmlos - ohne Antwort. "Der Sterber Ralf wird ein letztes Mal auf gerufen." Und ich? Stiere blindlings gegen die toten Deckel meiner Augen: what the fuck geht hier ab:

Und dann bin ich back in diesem schwarzen OP meiner Babyheit und schreie, weil man mir die Vorhaut inkriminiert. Wegen einer scheiß winzigen Problematik - und ich husche zu meiner Omi, die mir Kirschen über den Rand des Gitterbetts reicht und ich weine mich zehn Jahre weiter, als ich mutig im dunkelblauen Mäntelchen zur Schlachtbank der Mandelresektion durchziehe…und das Sexysein wird schneller und ich onaniere el permanento, weil ich die geile Nachbarin am second floor so begehre; nur sie stinkt am ganzen Körper. Als ich dort laute Kanonenkracher im Gemeindebau explodieren lasse…hahaha. Ich + denke an ihre weiche Körperlichkeit und dann mi o mi ein Blitzlicht - was soll das?

Scheiße ich bin mit Lucy und wir saufen uns in Malibu an unserem Privatstrand voll und ganz zu und die Hunde blödeln uns an…

Der gleissende Sturm weht mich in Businessclass back and forth und ich kann nicht mehr destinieren und da ist sie: die Sombrero-Galaxie - ich wollte immer nach Mexiko und nun…eine ganze Galaxie für mich - oh fuck..und ich sinke ab und das Signal ist nur mehr ein zartes Krähen der Cicadas, die in den Palmen in Phuket lärmten…

...und sie nimmt mich in ihre weichen Arme und ihr Kuss flüchtet in den Rest meiner Seele …

„Lucy…“

"Ja Baby da bin ich…warte Süsser - wir haben nur den Planckschen Moment, aber der genügt…um unsere ewige Liebe zu ersehen…hey…see you in a trillion trillion trillion trillion years…!

Ich liebe dich…“

„Ich liebe dich Lucy - mehr als mein Sterben….!“

Nur mehr ein Bellen…

ralfchen ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 3 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 3)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu

Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Das Sterben des Mönches Chavali Finstere Nacht 6 23.02.2016 17:17
Im Sterben Erich Kykal Denkerklause 12 11.01.2012 15:23
golden sterben wolo von thurland Der Tag beginnt mit Spaß 0 16.11.2011 08:48
Das sinnlichste Sterben Blaugold Abends am Strand 2 18.04.2010 00:46


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 21:29 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg