09.07.2010, 02:06 | #1 |
der mit dem Reim tanzt
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Rasengebet
Lieber Gott von allen Wesen,
ich bin hier nur etwas Gras. Du kannst doch Gedanken lesen, also tu für mich etwas. Nur im Schatten hier am Baum friste ich ein karges Leben, denn die Sonne scheint dort kaum, kann ihr nicht entgegenstreben. Warum kann ich nicht so leuchten, wie die Blume nebenan. Muss hier stehen in dem feuchten Teilabschnitt vom Gartenplan. Ständig werde ich getreten und am Samstag noch gestutzt, deshalb will ich zu dir beten, hoffe, dass es etwas nutzt. Will nicht Kuh und Schaf begegnen, nicht der Kälte in der Nacht. – Gott ließ es nun heftig regnen. Was hätt er denn sonst gemacht?
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gestörte Kreise Geändert von Archimedes (09.07.2010 um 11:19 Uhr) |
09.07.2010, 09:45 | #2 | ||
lebendig
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Hallo Archimedes,
eine wirklich interessante Perspektive bietest du hier Ich finde das Gedicht sehr amüsant und doch zur Nachdenklichkeit anregend. An ein paar Stellen stolpere ich beim Lesen: Zitat:
Zitat:
Witzig finde ich insbesondere den Hinweis auf Kuh und Schaf Gern geschmunzelt Gruß von Quicksilver
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09.07.2010, 11:04 | #3 |
der mit dem Reim tanzt
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Hallo Quicksilver ( so unverbindlich, bis ich weiß, bist du ein Lyro oder eine Lyra),
natürlich hast du recht mit deinen Betonungsanmerkungen. Im ersten Fall war das Absicht. Ich spiele gerne mit rhytmischen Ausnahmen in den Zeilen, um so bestimmte Wirkungen zu erzielen. Hier versuche ich die Betonung des "etwas" nachzuvollziehen, wenn man sagt: "also tu doch wenigstens etwas". Deine zweite Anmerkung ist völlig richtig und eine Nachlässigkeit von mir. Habe deshalb auch verbessert. Vielen Dank für den freundlichen Kommentar und die hilfreichen Anmerkungen Gruß Archimedes ...der mit den Rasenkreisen
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gestörte Kreise |
09.07.2010, 21:48 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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hallo archimedes,
ich bin sicher , dass gott der herr dem rasen nach der beregnung noch etwas neckisches ins ohr geflüstert hat: Sei nicht traurig, lieber Rasen, wenn ein Mensch dich mal betritt, kühlst du ihm am Fuß die Blasen, machst ihm sein Gewölbe fit! Auch ist nicht zu unterschätzen für die Lieb dein grünes Kleid, wenn an ganz verschwiegnen Plätzen SIE sich öffnet, IHM zur Freud! Denn so wirkst du treu ergeben mit am alten Schöpfungsplan! Bastelland fürs Menschenleben - ist doch Klasse! Freu dich dran! wies aussieht, haben wir beide ein ohr am puls der natur! sehr gerne gelesen und beantwortet! lG, larin |
14.07.2010, 21:38 | #5 |
Slawische Seele
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Lieber Archi,
dein Gras hat nur einen falschen Standort. Ich war heute mit meiner Tochter schwimmen - im Garrensee. Dafür mussten wir Ratzeburg Richtung Mustin verlassen, auf einem Waldparkplatz halten und ein gutes Ende zu Fuß gehen. Junge, standen da Gräser - wirklich meterhoch. Sie leuchteten grün und in grünen Blüten. Nachdem wir uns einmal über Metrik und Betonung (in Ratzeburg )unterhalten haben, kann ich dein Anliegen nachvollziehen. Besonders das Beispiel zum Gesang hat mich mehr als überzeugt. Wir sprachen auch über Inversionen, die ich inzwischen nicht mehr gar zu kritisch verfolge. Es kommt immer darauf an, ob und wie man sich einliest. Manchmal erzeugen jene auch eine besondere Art der Lyrik. Jedoch ich schweife ab. Dein betendes Gras fordert ein Grinsan ab - aber ohne jede Häme. Man kann das Stutzen und Treten der höheren Kultur zurechnen. Die anderen Gräser sind eben die "Wilden". Hoffentlich kommt der Mensch nicht darauf, diese zu "missionieren". Ein feines Rasengebet. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
16.07.2010, 00:38 | #6 |
der mit dem Reim tanzt
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Liebe Larin, du hast meine Pflanzen-Fabel wunderbar ergänzt und dem egoistischen Gras Seele eingehaucht. Denn dem Menschen hilft es nichts, wenn er betet um etwas zu bekommen, dann lässt es Gott nur regnen. Wenn er aber, wie in deinem Ergänzungsgedicht, versucht einen Sinn in seinem Sosein zu sehen, hat er denselben gewonnen.
Liebe Dana, den falschen Standort hat der Mensch (Gras), wenn er egoistisch mit Hilfe von Gott nach höherem trachtet, denn dieser ( so es ihn gibt) wird nicht Naturgesetze und -gewalten ändern um einem einzelnen Vorteile zu verschaffen. Daher wäre es besser, er akzeptierte seinen Platz und nutzte den vorhandenen Spielraum. Der Mensch kann das Leben besser ertragen, wenn er es schön findet. Danke euch beiden für die Kommentare Gruß Archimedes ...der mit den Missionskreisen
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gestörte Kreise |
22.08.2010, 10:47 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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hallo archimedes,
du hast eine wunderschöne und tiefsinnige erklärung für meine paar reimchen gefunden. Ja - genauso ist es: jede noch so kleine kleinigkeit spiegelt die weisheit des universums wider! und darum ist es so bedeutsam, nicht geringschätzig damit umzugehen - und wenn man doch den inneren antrieb dazu verspürte, sich wenigstens zu fragen : WARUM? die sache an sich ist nämlich immer etwas wert - auch wenn der betrachter sie nicht ( noch nicht) verstehen kann. jeder grashalm und jedes wort, jeder kieselstein und jeder wassertropfen: da, wo nicht in liebe begegnet werden kann, ist es angemessener , zu schweigen. dem rauschen der vielen, vielen grashalme lauschend, larin |
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