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Alt 02.05.2011, 23:11   #1
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Moin Erich,

guter Ansatz, aber ich befürchte, du denkst die Denkfehler selbst hinein.

Das mag daran liegen, daß wir hier sicherlich nicht in der Lage sind, philosophische Abhandlungen zu verfassen, das würde nämlich Zeit und Rahmen sprengen, sondern lediglich die Oberfläche jener Thematik tangieren können, so daß meine Ausführungen vielleicht einen missverständlichen Charakter hatten.
Ich bin nämlich davon ausgegangen, daß wir über die Personifizierung der Thematik und gewisser daraus resultierender Eigenschaften schon längst hinaus seien, so daß ich nicht mehr jeden verwendeten Begriff erst näher erläutern müsste.

Der Begründung deiner Interpretation meiner verwendeten Termini würde ich sogar zustimmen, jedoch stimmen deine Auslegungen mit meiner zugrunde liegenden Intention nicht überein.

Das Konzept ist so zu verstehen:

Dieser Terminus ist gleichzusetzen mit einer Zusammenfassung gleicher oder vergleichbarer Beziehungen von Gegenständen oder Sachverhalten untereinander.

Du sagst:

Zitat:
Das Leben ist ein elektrochemischer Selbsterhaltungsprozess auf der Basis von Aminosäuren, der nach Milliarden Jahren der "Verfeinerung" ein Bewußtsein entwickelt hat, das noch sehr fehlerhaft und unfertig ist und deshalb keine Erklärung für sich selbst hat.
Betrachten wir einmal den fettgedruckten Teil deiner Aussage näher:

Selbstverständlich können wir Aminosäuren mit chemischen und physikalischen Methoden analysieren und Aussagen über Reaktion und Verhalten dieser organischen Verbindungen treffen.
Aber ihre eigentliche Substanz (hier: das selbstständige oder wesentliche Seiende) können wir nicht ermitteln.
Die Aussage " Das Leben ist ein elektrochemischer Selbsterhaltungsprozess" bleibt aber zu oberflächlich, denn der genannte Prozess beinhaltet lediglich die Aufrechterhaltung des Organismus' durch das vegetative Nervensystem, sowie die Wahrnehmung innerer und äußerer Vorgänge als einen unbewussten Vorgang.
Die Umwandlung von elektrochemischen Reizen der Großhirnrinde in optische, akustische und andere Wahrnehmungen ist ebenfalls ein autonom ablaufender Prozess.
Von dem aber, was diesen Prozess erzeugt und in Gang hält, wissen wir gar nichts, denn wenn es so einfach wäre, könnten wir künstliches Leben erschaffen, was aber definitiv nicht der Fall ist.
Wenn wir diese Aussage, trotz aller eingeworfenen Bedenken, jetzt aber einmal zugrunde legen, dann ergibt sich daraus, daß dieser Prozess nur unter bestimmten Bedingungen aufrecht erhalten werden kann.
Und hier kommt nun wieder das Konzept zum Tragen, nämlich die Zusammenfassung gleicher oder vergleichbarer Beziehungen von Gegenständen oder Sachverhalten untereinander.
Nun bräuchten wir also ein gemeinsames Merkmal, das ganz klar zu definieren ist:

Eine Eigenschaft der Menge aller (uns bekannten) Lebewesen ist, dass jedes Element dieser Menge Wasser zur Selbsterhaltung benötigt.

Somit muss zumindest diese Voraussetzung gegeben, also "konzeptioniert" sein.

Jetzt kommen wir zum Willen.

Bei diesem Terminus müssen wir unterscheiden zwischen dem individuellen Willen und dem Weltwillen.
Im Gegensatz zum menschlichen (individuellen) Willen, der ein geistiger Akt ist, von dem ein Impuls zur Verwirklichung bestimmter Ziele ausgeht, steht der Weltwille. Dieser ist absolut blind und vernunftslos und stellt die Urkraft und somit das Wesen der Welt dar, die damit zum Erzeugnis eines grundlosen Willens wird.

Der Wille an sich ist nach den Gegebenheiten seines Wirkens abzustufen und ist Ursache, wenn die Wirkung diesem gemäß ist, wie z. B. beim elastischen Stoß, ist Reiz, wenn die Wirkung ein Energiepotential entlädt, und schließlich Motiv, wenn die Wirkung als Umsetzung bestimmter Absichten berechnet wurde.
In diesen Formen also bestimmt der Wille alle Vorgänge der organischen und anorganischen Natur. Er objektiviert sich in der Erscheinungswelt als Wille zum Leben und zur Fortpflanzung. (Frei nach Arthur Schopenhauer)

Ich hoffe, die Verwendung dieser Termini nun klar dargestellt zu haben und verweise daher noch einmal auf meinen vorhergehenden Eintrag.

Ich gehe auch davon aus, daß der Mensch ein absolutes Zufallsprodukt ist, obwohl wir nicht wissen können, ob unter ähnlichen Bedingungen und Umständen auf anderen Planeten eine vergleichbare Evolution stattgefunden haben könnte.
Trotz allem bleibt der Mensch, nach unseren jetzigen Erkenntnissen, das komplexeste und komplizierteste Konstrukt der Natur, dem wir durchaus Hochachtung schenken und nach den Ursachen seiner Entstehung forschen sollten. Ursache und Wirkung bleibt daher eine wunderschöne Phrase, mehr aber auch nicht.
Zitat:
Es gab nie eine "Schöpfung" als bewußten Akt.
Das habe ich auch nirgendwo behauptet.
Zitat:
Der Zusammenschluss mehrerer Molekülketten funktionierte einfach "besser" in punkto Selbsterhalt, und die Möglichkeit der Zellteilung (Klonung) schuf bessere Bedingungen zum Erhalt derselben - Masse macht's!
Worin liegt die Ursache dessen begründet, wenn nicht durch den Willen in der Natur und woher kam die erste Zelle? Es muss defacto eine Urzelle gegeben haben.
Zitat:
Die Teilung in Geschlechter funktionierte besser, da eine gewisse genetische Bandbreite eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit bietet, deshalb setzte sich dieses Konzept - zumindest für höhere und daher für Veränderungen anfälligere Lebensformen - durch.
Dieser Aussage stimme ich zu. Sie setzt aber wiederum einen Willen in der Natur voraus, denn hier ist schon eine Entscheidung gefallen und zwar weg von der simplen Zellteilung hin zur Geschlechterteilung. Da du dies selbst schon als Konzept bezeichnest, bist du auf dem richtigen Weg.
Zitat:
"Belebung" ist also nichts weiter als ein zufällig entwickelter elektrochemischer Prozess, der als simple Reaktion von Molekülketten begann und sich evolutionär fortsetzte.
Diese simple Reaktion von Molekülketten muss aber wiederum eine Ursache gehabt haben, denn jedes Sein oder Erkennen kann und/oder soll in angemessener Weise auf ein anderes zurückgeführt werden.
Was war also der Auslöser?
Zitat:
Daher ist das Herstellen von Leben nur eine Frage der Zeit und des angesammelten Wissens.
Diese Aussage bleibt rein spekulativ, denn noch fehlt dieses Wissen, weil uns der Zugang zur Substanz (hier wieder: das selbstständige oder wesentliche Seiende s.o.) nach wie vor versperrt ist. Wir besitzen bisher weder einen Schlüssel, noch haben wir das dazugehörige Schlüsselloch gefunden.
Und mit simpler Technik kommen wir hier nicht weiter, weil das nicht vergleichbar ist, mit den Möglichkeiten eines bemannten Raumflugs oder der Computertechnik.
Ich will nicht behaupten, daß es unmöglich sei, aber dies ist noch ein weiter Weg. Eher haben wir "überlichtschnelle" Raumschiffe entwickelt, weil dies auf dem physikalischen Wege geschehen würde.
Solange wir das Phänomen "Leben" aber nicht entschlüsselt haben, bleibt es metaphysisch.
Zitat:
Zu unterstellen, nur, weil wir es noch nicht ganz verstehen und nicht können, wäre da irgendein diffuser höherer Plan am Werk, ist hochgradig unzulässig, wenn man auf dem vielbesungenen Boden der Objektivität bleiben will.
Ich habe nirgendwo von einem höheren Plan gesprochen, lediglich von einem Konzept, was ich weiter oben erläuterte.
Zitat:
Es liegt also keineswegs "auf der Hand", dass da "noch irgendetwas" sein muss.
Selbstverständlich liegt es auf der Hand, daß da noch irgendetwas sein muss. Wenn dem nicht so wäre, wüssten wir ja alles.
Da wir das aber nicht wissen, bleibt mir keine andere Möglichkeit dies als "Irgendetwas" zu bezeichnen. Daß ich damit keine Magie oder irgendwelche anderen Fantasmen gemeint habe, sollte eigentlich klar sein.
Doch solange dieses "Irgendetwas" sich vor unseren Sinnen versteckt, gehört es eindeutig zum Supranaturalismus, weil wir hier mit dem gesunden und sonst normalen Rationalismus einfach (noch) nicht weiterkommen, da uns die genannte Voraussetzung für ein erkenntnistheoretisches Fundament schlicht und einfach fehlt.
Zitat:
So zumindest würde ein Naturwissenschaftler die Welt erklären, würde ich meinen.
Du hast, stark vereinfacht versteht sich, eigentlich schon gut dargestellt, wie Leben funktioniert, doch wir drehen uns im Kreise, weil wir die auslösenden Ursachen und das "Warum" es funktioniert, immer noch nicht zufriedenstellend geklärt haben.
Simple elektrochemische Prozesse mögen vielleicht in der Galvanotechnik zum Erfolg führen, jedoch reichen sie bei Weitem nicht aus, um Leben zu erzeugen, zu erhalten und dieses vom Grunde aus zu erklären.

Soviel erst einmal zu meinen Denkfehlern...


Liebe Grüße

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 05.05.2011, 12:56   #2
Erich Kykal
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Hi, Faldi!

Sehr schön erläutert! Ich denke, wir diskutieren vielleicht ein wenig aneinander vorbei und MEINEN in vielem ohnehin dasselbe.

Es ist nur so, WIE du manche Sätze formulierst, dass es für mich einen eher anthroposophischen Eindruck erwecken: So als gäbe es die Erde, wie sie ist, WEGEN uns, als Konzept für die Erhaltung unserer Existenz - was wiederum einen "göttlichen" oder zumindest übergeordneten Willen vermuten ließe...

Natürlich gehe ich davon aus, dass es genau umgekehrt ist: Die "Bedingungen" waren zuerst da, und das zufällig entstandene Leben passte sich evolutionär so an, dass es überhaupt erst mal überleben KONNTE!
Wahrscheinlich ist die ursächliche Entstehung des Lebens weit unspektakulärer, als du mit deinen "Konzepten" unterstellst - ein simpler Zufallsprozess. Mutation und damit Evolution laufen ja seitdem ebenso ab: Als Zufallsprodukte, die sich durchsetzen - oder eben nicht.
Ebenso die Entwicklung von "Bewußtsein": Als "Ichsimulation", die es dem Zellhaufen ermöglichte, sein Umwelt abgegrenzt - und damit exakter - wahrzunehmen, somit rascher und adäquater darauf (und darin) zu reagieren und sich so einen evolutionären Vorteil zu verschaffen, siehe auch: Geburt der Räuber...

Du weißt übrigens sehr wohl, wie ich das gemeint hatte, als ich schrieb, dass keineswegs "auf der Hand liege", dass "da noch irgendetwas sein müsse", nicht wahr. Da unterstellst du MIR nun, was du eingangs für dich selbst in Beschlag nahmst: Die Voraussetzung, über den Level gewisser "Missverständnisse" eigentlich schon hinaus zu sein.
Natürlich gibt es noch viel zu erfahren, zu lernen, zu erforschen. Aber all dem, was wir "noch nicht wissen", nun gleich ein tieferes Wollen und Wirken zu unterstellen, finde ich nicht folgerichtig. Was wir herausfinden werden, kann alles Mögliche sein, auch Banales, und muss nicht zwangsläufig den Weg zur Existenzerkenntnis einer "höheren Ordnung oder Willenskraft" ebnen - die vielleicht nie existiert hat.
So gesehen tu ich mich mit deiner Argumentationkette schwer, oder ich missinterpretiere schon wieder.

LG, eKy

PS: Ich find's übrigens recht lustig, wie wir hier daherschreiben: Ich bezeichne mich als Gefühlsdichter, dein Beiname lautet "lyrische Emotion"! Also, dafür fachsimpeln wir hier eher wie furztrockene Wissenschaftstheoretiker, findest du nicht? Sehr unterhaltsam, das...(schmunzel, zwinker, extrabreitgrins)
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 05.05.2011, 23:19   #3
Falderwald
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Moin Erich,

ich fang erst mal hinten an...

Zitat:
PS: Ich find's übrigens recht lustig, wie wir hier daherschreiben: Ich bezeichne mich als Gefühlsdichter, dein Beiname lautet "lyrische Emotion"! Also, dafür fachsimpeln wir hier eher wie furztrockene Wissenschaftstheoretiker, findest du nicht? Sehr unterhaltsam, das...(schmunzel, zwinker, extrabreitgrins)
Das liegt wahrscheinlich an meiner derzeitigen Lektüre. Neben Kant und Schopenhauer, sowie Philosophen des Zen-Buddhismus' kommt mir höchstens noch Goethe ins Hirn (damit ich den Bezug zur Lyrik nicht ganz verliere). Nebenbei noch Mathe auffrischen, dazu Physik, Chemie, (Human)Biologie und Psychologie, dann weißt du wohl, daß dies durchaus trockener Stoff sein kann. Was willst du also erwarten?

Zitat:
Es ist nur so, WIE du manche Sätze formulierst, dass es für mich einen eher anthroposophischen Eindruck erwecken: So als gäbe es die Erde, wie sie ist, WEGEN uns, als Konzept für die Erhaltung unserer Existenz - was wiederum einen "göttlichen" oder zumindest übergeordneten Willen vermuten ließe...
Mit Anthroposophie habe ich mich bisher noch nicht näher auseinander gesetzt. Nur ganz am Rande habe ich von Rudolf Steiner gehört, dessen Philosophie Elemente des deutschen Idealismus, der Weltanschauung Goethes, der Gnosis, fernöstlicher Lehren sowie der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse verbindet.
Das kommt noch und deshalb kann ich zu deiner Aussage wenig beisteuern.
Eigentlich vertrete ich mehr die Schopenhauersche Philosophie und spätestens seit Kants Kritik der reinen Vernunft ist der theosophische "Beweis" für die Existenz eines höchsten notwendigen Wesens widerlegt.
Natürlich fließen eigene, subjektive Vorstellungen immer mit ein. "Vorgekaute" Philosophien kritiklos anzunehmen, führte nur zu neuen Dogmen und wäre deshalb nicht besser als irgendein Glaube.

Zitat:
Natürlich gehe ich davon aus, dass es genau umgekehrt ist: Die "Bedingungen" waren zuerst da, und das zufällig entstandene Leben passte sich evolutionär so an, dass es überhaupt erst mal überleben KONNTE!
Wahrscheinlich ist die ursächliche Entstehung des Lebens weit unspektakulärer, als du mit deinen "Konzepten" unterstellst - ein simpler Zufallsprozess. Mutation und damit Evolution laufen ja seitdem ebenso ab: Als Zufallsprodukte, die sich durchsetzen - oder eben nicht.
Das ist nur teilweise richtig.
Selbstverständlich mussten erst die "Bedingungen" gegeben sein, dann aber entstand das Leben als eine logische und konsequente Folge daraus.
Vielleicht waren die entstandenen Bedingungen (hier auf der Erde) zufällig, weil dafür wiederum bestimmte "Bedingungen" gegeben sein mussten usw., nicht aber das daraus resultierende Leben.
(Wir können ja noch nicht einmal davon ausgehen, daß hier der erste Versuch der Natur stattfand, belebte Materie zu erschaffen.)

Wir können das aber jetzt drehen und wenden, wie wir wollen, es geht kein Weg daran vorbei, daß alles einen Grund hat.
Jeder Veränderung geht ein Grund voraus. Kein Ding kommt in Bewegung, wenn keine Kraft darauf einwirkt.
Schopenhauer sagt: "Wenn ein neuer Zustand einer oder mehrerer realer Objekte eintritt; so muss ihm ein anderer vorhergegangen sein, auf welchen der neue regelmäßig, d.h. allemal, sooft der erstere da ist, folgt. Ein solches Folgen heißt ein Erfolgen und der erstere Zustand die Ursache, der zweite die Wirkung."
Da wir Menschen und alle anderen empirisch fassbaren "Dinge" vorhanden sind, ist von einem Bestreben der Natur auszugehen, diese erschaffen zu haben und, solange keine gegebener Grund eine Veränderung bewirkt, sie in ihrem Zustand erhalten zu wollen, was ich weiter oben schon als blinden und vernunftlosen Weltwillen dargestellt habe, der keinem höheren Bewusstsein entspringt.
Wenn ich noch einmal darüber nachdenke, sind der Mensch und alle anderen Lebewesen auf diesem Planeten wohl doch keine bloßen Zufallsprodukte, wie weiter oben von mir vorschnell bestätigt wurde, sondern vielmehr eine zwangsläufige Folge der gegebenen "Bedingungen" auf unserer Erde, also eine Wirkung, die auf eine Ursache erfolgt.
Zufall ist vielleicht, daß das Leben gerade diesen Planeten verseucht hat (s.o.).
Wenn es nicht so wäre, würden wir uns heute vielleicht auf einem anderen, ähnlichen Himmelskörper befinden und intellektuell auseinander setzen.

Zitat:
Ebenso die Entwicklung von "Bewußtsein": Als "Ichsimulation", die es dem Zellhaufen ermöglichte, sein Umwelt abgegrenzt - und damit exakter - wahrzunehmen, somit rascher und adäquater darauf (und darin) zu reagieren und sich so einen evolutionären Vorteil zu verschaffen, siehe auch: Geburt der Räuber...
Das ist mir schlicht zu simpel. Was soll denn eine "Ichsimulation" sein?
Wer will hier etwas simulieren und vor allem warum und für wen und welchen Nutzen erfüllt dies?

Doch nehmen wir einmal an, daß es sich so zugetragen hätte, dann fragt sich, was den Zellhaufen plötzlich bewog, seine Umwelt abzugrenzen, damit exakter wahrzunehmen und somit optimaler zu reagieren?
Welche Notwendigkeit bestand darin, sich plötzlich einen Vorteil verschaffen zu müssen?
Doch nicht etwa der Wille zum Überleben, also zur Existenz überhaupt?

Der Wille der Natur manifestiert sich in allen Dingen.
Will der Vogel etwa fliegen, weil er Flügel hat?
Nein, er hat Flügel, damit er fliegen kann.
Genau so verhält es sich mit dem Menschen.
Er besitzt ein hochentwickeltes Gehirn, damit er denken kann (oder dies zumindest glaubt ).
Schon Aristoteles sagte: "Die Natur schafft die Organe der Betätigung willen, aber nicht die Betätigung wegen der Organe."

Zitat:
Du weißt übrigens sehr wohl, wie ich das gemeint hatte, als ich schrieb, dass keineswegs "auf der Hand liege", dass "da noch irgendetwas sein müsse", nicht wahr. Da unterstellst du MIR nun, was du eingangs für dich selbst in Beschlag nahmst: Die Voraussetzung, über den Level gewisser "Missverständnisse" eigentlich schon hinaus zu sein.
Nun, du verwendest diese Aussage aber so missverständlich, daß sie impliziert, aus meinen Ausführungen Rückschlüsse auf ein höheres Bewusstsein entnehmen zu können.
Zumindest Grundkenntnisse der Kant'schen und Schopenhauer'schen Philosophien, sowie den platonischen Ideen hatte ich jetzt auf diesem Niveau der Diskussion schon unterstellt.
Und keines dieser drei Genies, sah sich im Stande, alles erklären zu können, denn es wird immer auch auf den metaphysischen Hintergrund verwiesen.


Zitat:
Natürlich gibt es noch viel zu erfahren, zu lernen, zu erforschen. Aber all dem, was wir "noch nicht wissen", nun gleich ein tieferes Wollen und Wirken zu unterstellen, finde ich nicht folgerichtig.
Das habe ich auch nicht getan, im Gegenteil sprach ich von einem blinden und vernunftlosen Willen, der hinter all dem Wirken steckt.

Zitat:
Was wir herausfinden werden, kann alles Mögliche sein, auch Banales, und muss nicht zwangsläufig den Weg zur Existenzerkenntnis einer "höheren Ordnung oder Willenskraft" ebnen - die vielleicht nie existiert hat.
Eine höhere Ordnung ist aber schon anzunehmen und ich betone, dies bitte nicht gleich zwangsläufig wieder als Vermutung für ein höheres Bewusstsein zu interpretieren.
Bei allem was wir bisher in Erfahrung gebracht haben, folgt alles Sein biotischer, wie abiotischer Art bestimmten Naturgesetzen (die wir sicherlich noch lange nicht alle kennen).

Da wir aber nicht einmal den Begriff "Natur" definieren können, außer mit der allgemeinen Aussage "alles nicht vom Menschen geschaffene", bleibt er eigentlich eine leere Phrase.
Weil aber nun alle Dinge entstanden sein müssen, die sich zum jetzigen Zeitpunkt im momentanen Zustand ihrer Existenz befinden und zwar genau so und nicht anders, kann man daraus schlussfolgern, daß dies einem logischen System zugrunde liegt, dem alles und jedes unterworfen bleibt.

Da dies aber noch längst nicht entschlüsselt ist, liegt es weiterhin auf der Hand, daß da noch "Irgendetwas" (wahrscheinlich sogar ganz vieles) sein muss, von dessen Existenz wir keinen blassen Schimmer haben.

Und der Mensch und sein Intellekt, wie überhaupt alle uns bekannten Lebewesen, sind Produkte dieses Systems und somit etwas ganz Natürliches, aus der Natur Hervorgegangenes, also keinesfalls etwas Zufälliges sondern real verwirklichte Möglichkeiten, die sich nicht allein auf elektrochemische (Selbsterhaltungs)Prozesse auf der Basis von Aminosäuren reduzieren lassen.

Die Natur hat also "erkannt", daß sowohl Wahrnehmungen, d.h. das in Kontakt treten individueller Wesen mit Hilfe ihrer Sinnesorgane mit der Welt, als auch die Fähigkeit der Verknüpfung abstrakter Vorstellungen, also das Denken, möglich sind und diese auch realisiert.

Somit gehört die Lebenskraft oder -energie zum absoluten Willen in der Natur und manifestiert sich in allen Lebewesen als der Wille zum Selbsterhalt und zur Fortpflanzung.

Sinn oder Zweck muss da nicht gegeben sein.


Liebe Grüße

Falderwald


PS:

Zitat:
Zitat von Immanuel Kant
„Die Ordnung und Regelmäßigkeit an den Erscheinungen, die wir Natur nennen, bringen wir selbst hinein, und würden sie auch nicht darin finden können, hätten wir sie nicht, oder die Natur unseres Gemüts ursprünglich hineingelegt.“
Zitat:
Zitat von Immanuel Kant
Die menschliche Vernunft hat das besondere Schicksal in einer Gattung ihrer Erkenntnisse: dass sie durch Fragen belästigt wird, die sie nicht abweisen kann, denn sie sind ihr durch die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber nicht beantworten kann; denn sie übersteigen alles Vermögen der menschlichen Vernunft.
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 12.05.2011, 17:32   #4
Erich Kykal
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Hi, Faldi!

Zum Thema Ichsimulation:

Nach neuesten Erkenntnissen der Gehirnforschung ist eine Selbstsicht, also ein sog. "Ich", bei höheren Lebensformen deshalb entstanden, damit sie besser, abgegrenzter und also tendentiell selbsterhaltender mit ihrer Umwelt (und also auch ihresgleichen) interagieren konnten.
Dieses "Ich" ist aber - so die neuesten Erkenntnisse - kein wirkliches Bewußtsein im Sinne dessen, was Philosophie oder Religion darunter verstehen (Seele, Geist, usw..), sondern eigentlich eine Art Simulation von "Selbst", die auf unterster Ebene gesteuert wird, zu 99% unbewußt und ohne sog. "logisches" Denken. Wir sind also offenbar bei weitem nicht so autark, wie wir gern hätten. Wir sind nach dieser Theorie eigentlich nicht einmal "wir".
Genaues bitte selber nachschlagen - ist eine Weile her, dass ich die entsprechende Doku gesehen hab.

Was diese Theorie impliziert, auch im Hinblick auf unseren Diskurs hier, kannst du wohl ohne mich nachvollziehen, und was er für die Philosophie im allgemeinen bedeuten wird, ist noch gar nicht absehbar. Unsere "Zellhaufen" leisten sich sozusagen den Luxus von übergeordneten Pseudochefs, die sie auch noch glauben lassen, sie allein hätten das Sagen. Aber mal ehrlich - wieviele Entscheidungen treffen wir aus rein logischen oder sinnvollen Überlegungen heraus? Sind nicht die meisten solcher Argumente eigentlich nur dazu da, unsere "Bauchentscheidungen" vor uns selbst (bzw. vor unserem Egosimulacrum) zu rechtfertigen, damit die Illusion des übergeordneten Willens aufrecht erhalten werden kann? Auf kurze Distanz und bei bloßem Gerede können "wir" was bewegen - bei wesentlichen Entscheidungen aber regieren die Primärbedürfnisse der Zellhaufen, die uns spazierenführen!

Das wollte ich zum Ausdruck bringen.

LG, eKy
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.05.2011, 21:59   #5
Falderwald
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Moin Erich,

ich habe trotz ausdauernden Stöberns im Internet nichts über die Ichsimulation finden können.
Nicht mal bei Amazon konnte ich Literatur darüber entdecken, so daß ich mich größtenteils auf deine Aussagen beziehen muss.

Unter einer Simulation verstehe ich die Nachbildung oder Darstellung physikalischer, biologischer, chemischer, technischer oder ökonomischer Prozesse durch mathematische oder physikalische Modelle oder eben eine Vortäuschung "falscher Tatsachen".

Ich kann dies jetzt nicht mit dem sogenannten "Ich" in Verbindung bringen, weil dies m. E. wieder eine äußere Kraft voraussetzt, die simulierend tätig wird.

Zitat:
Nach neuesten Erkenntnissen der Gehirnforschung ist eine Selbstsicht, also ein sog. "Ich", bei höheren Lebensformen deshalb entstanden, damit sie besser, abgegrenzter und also tendentiell selbsterhaltender mit ihrer Umwelt (und also auch ihresgleichen) interagieren konnten.
Das ist also einfach so entstanden, quasi aus der Notwendigkeit zur Interaktion heraus?
Wer oder was aber hielt dies für notwendig?
Kam diese Veränderung nun durch äußere Einwirkung zustande oder aus den höheren Lebensformen selbst?

Zitat:
Dieses "Ich" ist aber - so die neuesten Erkenntnisse - kein wirkliches Bewußtsein im Sinne dessen, was Philosophie oder Religion darunter verstehen (Seele, Geist, usw..), sondern eigentlich eine Art Simulation von "Selbst", die auf unterster Ebene gesteuert wird, zu 99% unbewußt und ohne sog. "logisches" Denken. Wir sind also offenbar bei weitem nicht so autark, wie wir gern hätten. Wir sind nach dieser Theorie eigentlich nicht einmal "wir".
Für die Theologie ist die Dualität und damit die Trennung von Körper und Seele unverzichtbar, sonst verlöre sie ihren Sinn.
Nicht aber für die Philosophie, obwohl Platon darauf seine Weltanschauung gründete.
Ich muss jetzt auf Schopenhauer zurückgreifen, der durchaus die Meinung vertritt, daß der Intellekt in organischen Ursachen, nämlich dem Gehirn, zu finden ist und mit dem Tode aufhört zu existieren.
Daß das "Selbst" gesteuert wird, stellt er nicht in Abrede:

Der Wille bestimmt alle Vorgänge der organischen und anorganischen Natur. Er objektiviert sich in der Erscheinungswelt als Wille zum Leben und zur Fortpflanzung. Diese Lehre vom „Primat des Willens“ bildet die zentrale Idee seiner Philosophie. Sie hatte weitreichenden Einfluss und begründet die Aktualität von Schopenhauers Werk.

Seine berühmt gewordenen These lautet:

"Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will.“

Ich glaube, dazu bedarf es keiner "Ichsimulation".

Zitat:
Was diese Theorie impliziert, auch im Hinblick auf unseren Diskurs hier, kannst du wohl ohne mich nachvollziehen, und was er für die Philosophie im allgemeinen bedeuten wird, ist noch gar nicht absehbar.
Ja, die Wissenschaft müsste sich nur mal die Zeit nehmen, sich ausführlicher mit Schopenhauers Thesen auseinander zu setzen.
Sie würde dort vieles erfahren, was sie jetzt erst zu entdecken glaubt.

Zitat:
Unsere "Zellhaufen" leisten sich sozusagen den Luxus von übergeordneten Pseudochefs, die sie auch noch glauben lassen, sie allein hätten das Sagen.
Das kann ich nicht nachvollziehen, denn einer muss ja das Sagen haben und das bin eindeutig ich oder mein Wille, zumindest was meine Handlungen und Entscheidungen betrifft.
Selbst wenn diese mir selbst manchmal zweifelhaft erscheinen, so bleiben sie trotzdem meine Entscheidungen.
Ich kann mir kaum vorstellen, was mein "Zellhaufen" für ein Interese daran haben sollte, mit deinem "Zellhaufen" in dieser Form zu kommunizieren.
Es muss also der Intellekt sein, denn wir haben verschiedene Vorstellungen, Überzeugungen, Meinungen etc. Unsere bloßen "Zellhaufen" hingegen würden wohl in ihren Meinungen übereinstimmen, könnten sie denn eine haben.

Zitat:
Aber mal ehrlich - wieviele Entscheidungen treffen wir aus rein logischen oder sinnvollen Überlegungen heraus?
Also wenn ich an mich denke, und ich kann nur von mir ausgehen, dann sind dies eine ganze Menge.

Zitat:
Sind nicht die meisten solcher Argumente eigentlich nur dazu da, unsere "Bauchentscheidungen" vor uns selbst (bzw. vor unserem Egosimulacrum) zu rechtfertigen, damit die Illusion des übergeordneten Willens aufrecht erhalten werden kann?
Nein. Die meisten meiner täglichen Entscheidungen treffe ich bewusst und stets aufs Neue.
Ich will ein kleines Beispiel zur Verdeutlichung abgeben:
Wenn morgens früh um 5:00 Uhr mein Wecker geht, dann reißt es mich manchmal aus dem tiefsten Schlaf und ich verspüre den Wunsch, liegen zu bleiben und weiter zu schlafen.
Nun muss ich eine Entscheidung treffen und ich sage mir also, steh auf, das geht nicht, du musst deinen Job machen, es gibt Ärger, wenn du nicht (pünktlich) erscheinst.
Das nenne ich ein logisches Abwägen der aus meinem Verhalten resultierenden künftigen Konsequenzen.
Also stehe ich auf und handle gegen meinen Wunsch oder Willen, denn "glückseliger" wäre mein momentaner Zustand, könnte ich noch ein paar Stunden schlafen.
Manche Entscheidungen fallen auch unbewusst, weil sie sozusagen Routine sind und damit automatisch ablaufen.
Manchmal aber gebe ich auch meinem Willen einfach nach und tue das, was ihm für den Moment am besten erscheint.

Dann möche ich in diesem Zusammenhang noch die Frage stellen, was mit den Entscheidungen ist, die plötzlich getroffen werden müssen?
Wie kann es sein, daß wir auf bestimmte und veränderte Situationen sofort reagieren und uns entsprechend darauf einstellen und verhalten?

Ich will dafür wieder ein Beispiel anführen:

Als guter und sehr erfahrener Autofahrer fahre ich sowieso meistens mit der nötigen Voraussicht, d. h. ich versuche mich den äußeren Umständen und Bedingungen anzupassen, indem ich mir z. B. vorstelle, daß nasses Laub auf der Fahrbahn unweigerlich zu einem längeren Bremsweg für mein Fahrzeug führen wird, wenn ich gezwungen bin, die Geschwindigkeit plötzlich drastisch zu reduzieren. Mein Fahrzeug kann dabei sogar ins Schleudern geraten und die Gefahr eines Unfalls erhöht sich.
Ich denke also vorausschauend in die Zukunft und an die hypothetischen Möglichkeiten, die aus meinem Verhalten resultieren können.
Jetzt könnte man sagen, das sei ein erlerntes Verhalten, weil ich die Erfahrung vielleicht schon früher gemacht habe.
Das ist richtig, aber trotzdem muss ich erst einmal die Situation erkennen, sie richtig einschätzen, auf die Erfahrung in der Vergangenheit zurückgreifen, diese auf eine mögliche Zukunft übertragen und die richtige Entscheidung für die Gegenwart, also den Moment treffen.

Ich bezweifele, daß dies unser "Zellhaufen" alleine schafft.
Das vegetative Nervensystem hat alle Hände voll damit zu tun, unseren Lebenskreislauf aufrecht zu erhalten und wäre also somit vollkommen überfordert, müsste es noch abstrakte Entscheidungen treffen.
Das kann mir keiner erzählen...

Zitat:
Auf kurze Distanz und bei bloßem Gerede können "wir" was bewegen - bei wesentlichen Entscheidungen aber regieren die Primärbedürfnisse der Zellhaufen, die uns spazierenführen!
Dem muss ich entschieden widersprechen.
Ich habe sehr wohl und schon sehr oft wesentliche Entscheidungen getroffen.

Natürlich sind bestimmte Primärbedürfnisse ständig zu erfüllen, als da wären Luft-, Nahrungs- und Wasseraufnahme, die Entsorgung der Stoffwechselprodukte, Schlaf und meinetwegen auch die Befriedigung des Geschlechtstriebes etc.
Bis auf das Letztgenannte sind dies aber alles Bedürfnisse, die der Organismus, also der "Zellhaufen", unbedingt zum Überleben benötigt.

Das Wie, Wann und Wo aber bestimmt nicht er, das entscheide ich (meistens) ganz alleine und gebe es ihm dann, wenn es (mir) passt.
In der Psychologie spricht man nämlich bei sofortiger Bedürfnisbefriedigung von einem Zustand der Verwahrlosung.
Und da spielen auch äußere Faktoren eine ganz gewichtige Rolle.
Der Mensch hat gelernt, mit diesen Dingen umzugehen und das ist genau einer der wesentlichen Punkte, die ihn vom Tier unterscheidet (und selbst das Tier würde ich nicht auf einen bloßen Zellhaufen reduzieren wollen).

Wir Menschen besitzen die Fähigkeit der abstrakten Gedanken, wir können uns über Zeit, Raum, Sinn, Unsinn, Gott und die Welt unterhalten und wir verspüren das Verlangen dazu.

Welchen Sinn sollte dies aber für den "Zellhaufen" haben, dem es reichen würde, seine Bedürfnisse zu befriedigen, um zu existieren?
Wofür gibt es also die Neugier, wozu den Forscherdrang und warum überhaupt den Intellekt?

Den Menschen also auf einen elektrochemischen Selbsterhaltungsprozess auf der Basis von Aminosäuren und denkenden Zellhaufen zu reduzieren, der mit einer Ichsimulation ausgestattet ist, reicht mir nicht und bisher hat keine Wissenschaft auch nur annähernd erklären können, was das eigentliche Wesen der Dinge ausmacht (außer der bloßen Funktionsweise des Organismus').

Und deshalb möchte ich noch einmal einen der größten Denker aller Zeiten bemühen.
Immanuel Kant schrieb in der "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten:

Zitat:
Zitat von Immanuel Kant
Es ist eine Bemerkung, welche anzustellen eben kein subtiles Nachdenken erfordern wird, sondern von der man annehmen kann, daß sie wohl der gemeinste Verstand, obzwar, nach seiner Art, durch eine dunkele Unterscheidung der Urteilskraft, die er Gefühl nennt, machen mag: daß alle Vorstellungen, die uns ohne unsere Willkür kommen (wie die der Sinne), uns die Gegenstände nicht anders zu erkennen geben, als sie uns affizieren, wobei, was sie an sich sein mögen, uns unbekannt bleibt, mithin daß, was diese Art Vorstellungen betrifft, wir dadurch, auch bei der angestrengtesten Aufmerksamkeit und Deutlichkeit, die der Verstand nur immer hinzufügen mag, doch bloß zur Erkenntnis der Erscheinungen, niemals der Dinge an sich selbst gelangen können. Sobald dieser Unterschied (allenfalls bloß durch die bemerkte Verschiedenheit zwischen den Vorstellungen, die uns anders woher gegeben werden, und dabei wir leidend sind, von denen, die wir lediglich aus uns selbst hervorbringen, und dabei wir unsere Tätigkeit beweisen) einmal gemacht ist, so folgt von selbst, daß man hinter den Erscheinungen doch noch etwas anderes, was nicht Erscheinung ist, nämlich die Dinge an sich, einräumen und annehmen müsse...
Tja, ich befürchte, da wird uns selbst eine Ichsimulation nicht wirklich weiter bringen...


Liebe Grüße

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 15.05.2011, 23:24   #6
a.c.larin
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hallo falderwald,

ich mische auch noch meinen senf dazu.

bewusste entscheidungen - treffen wir sie immer?
manches entscheiden wir vielleicht aus einer vorahnung, einem instinkt heraus.
oder aus einer art "wissen" , die über unser spatzenhirn-beusstsein hinausgeht.

ein beispiel gefällig?

ein bekannter von mir fuhr entlang einer schmalen, schluchtartigen straße im gebirge. plötzlich überkam ihn das dringende gefühl, stehen zu bleiben und die landschaft zu betrachten. er tat es, obwohl er sich über seine entscheidung wunderte.
er stand nur kurze zeit, da hörte er, wie wenig vor ihm ein hangsturz auf die fahrbahn donnerte. wäre er weiter gefahren, es hätte ihn erwischt.....

anderes beispiel?
ebenso wahr: jemand saß auf der terasse seines hauses. es war ein sonniger tag. plötzlich spürte er einen kühlen luftzug und ein seltsames gefühl des unbehagens. er beschloss, sich aus dem haus eine jacke zu holen. fünf sekunden, nachdem er aufgestanden war, stürzte genau auf die stelle, wo er gesessen hatte, die über ihm hängende halterung der balkonblumen.
wäre er sitzen geblieben, es hätte ihn erschlagen....

woher kamen diese entscheidungen? es gab keinerlei äußeren anlass (außer vielleicht der kühle luftzug), die betroffenen wunderten sich selber über ihren plötzlichen entschluss.

worauf beruht intuition?
wie kann ein bloßer zellhaufen mehr wissen als er weiß ?

drittes beispiel (mir selber passiert)
wir suchten nach einer lösung, das vorzimmer neu zu gestalten.
wir wollten eine zusätzliche sitzbank haben, um dort die schuhe auszuziehen.
wegen der vielen winkel, ecken und türen schien aber nirgends platz dafür zu sein. wir verwarfen also diese idee als undurchführbar. monate vergingen. wir dachten nicht mehr an unseren plan, sprachen nicht mehr darüber.
eines nachts träumte ich die lösung!
ich sah ganz klar vor mir, wo es doch möglich war, diese sitzbank unterzubringen. ich erwachte - es war drei uhr früh - und wunderte mich über mein erwachen, erkannte aber sofort, dass irgendetwas ( in ?) mir wohl den traum zeigen wollte. ich zeichnete rasch eine skizze, um das gesehene nicht zu vergessen, drehte mich um und schlief unbekümmert weiter.
wohlgemerkt: ich hatte monatlang nicht mehr daran gedacht - diese lösung kann also kein "tagesrest" gewesen sein.
man kann auch nicht sagen , dass mein bewusstsein daran beteiligt gewesen wäre. welcher teil von mir war es aber dann?
mein bewusstsein konte sich lediglich dazu entschließen, den traum in die realität umzusetzen und die dafür notwendigen leute zu kontaktieren.

im volksmund gibt es ja den spruch: "dem seinen gibts der herr im schlaf"

sind wir im zustand der unbewusstheit näher an den "ewigen wahrheiten" -
und daher auch freier für "lösungen"?

oder sind wir dann manipulierbarer?

das bewusstsein lässt sich auch täuschen.
werbepsychologen wissen das.
kurze einblendungen einer bestimmten getränkemarke während eines kinofilms ( kurz heißt: unter der wahrnehmungsschwelle ) erhöhten den konsum des produktes danach signifikant.
niemand der solchermaßen getäuschten probanden hätte aber das gefühl gehabt, unbewusst gehandelt zu haben.......

hypnose funktioniert ja auch.
man kann sich sogar selbst hypnotisieren ( wenn mans gelernt hat)

was unsere "bewussten" entscheidungen auch noch mitbeeinflusst, sind sogenannte "aufträge aus dem famileinsystem" (gemeint ist damit die herkunftsfamilie). die können bewusst ( du musst auch arzt werden!) oder unbewusst sein. (wer mit fingern ist, ist ein ferkel, so etwas tut ein anständiger mensch auf gar keinen fall!)
geheimnisvollerweise überspringen solche ge-und verbote manchmal sogar eine generation, um bei er übernächsten wieder ihre wirksamkeit zu entfalten.

ist der mensch herr im eigenen haus?

manchmal denke ich, wir können froh sein, wenn wir dieses haus einigermaßen klaglos benützen dürfen....

so.
ich gehe jetzt (bewusst oder auch nicht) in die heia. es macht irgendwie sinn.

gute nacht!
larin
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Alt 16.05.2011, 23:23   #7
Falderwald
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Servus larin,

deinen Senf lese ich immer gerne, also nur zu...

Ich denke, wir treffen die meisten Entscheidungen durchaus bewusst und möchte das an deinen Beispielen kurz erläutern:

1. Dein Bekannter fuhr mit dem auto. Während des Fahrens überkam ihn das Gefühl stehen zu bleiben. Musste er in diesem Moment nicht eine Entscheidung treffen und zwar ganz bewusst? Denn das Anhalten eines fahrenden Fahrzeugs setzt bestimmte Handlungen voraus.
Er wunderte sich anschließend selbst, jedoch hat er sich aus freien Stücken dazu entschlossen, seinem Gefühl nachzugeben und nicht weiter zu fahren.
Das nenne ich eine bewusste Entscheidung treffen. Ob diese Entscheidung zu diesem Zeitpunkt sinnvoll war oder nicht, konnte er nicht wissen und dennoch tat er es, niemand hat ihn dazu gezwungen.

2. Im zweiten Beispiel verhält es sich ähnlich. Du schreibst nämlich, er beschloss, sich eine Jacke zu holen, weil ihm kühl wurde und er ein Gefühl des Unbehagens verspürte. Er traf also bewusst die Entscheidung seinen Platz zu verlassen, um etwas zu tun.

In beiden Beispielen wird eine bewusste Entscheidung getroffen und zwar nicht um Unfälle zu verhindern, sondern weil ein bestimmtes Gefühl dazu riet.
Aber immer war dies mit bewussten Handlungen verbunden, die freiwillig geschahen.

3. Auch im dritten Beispiel verhält sich das so. Du hast zwar nicht entschieden, eine Lösung für ein längst vergessenes Problem zu träumen, aber auf jeden Fall das Geträumte aufzuzeichnen, damit es nicht wieder verloren geht.
Das ist die einzige aktive Handlung, die du ausführtest, weil du dies beschlossen hast. Niemand hat dich dazu gezwungen, oder?

Solche Beispiele gibt es haufenweise. Wo die Gefühle oder die Träume herkommen, das bleibt unklar, aber die darauf folgenden Handlungen waren real und damit bewusst.

Anders verhält es sich nur, wenn ich vorher von etwas weiß.
Wenn sich mir z.B. irgendeine Bedrohung in den Weg stellt, von der ich Kenntnis besitze, dann werde ich zu einer Entscheidung gezwungen.
Für was ich mich letzendlich entscheide, bleibt wiederum bewusst, ob Angriff oder Flucht, jedoch wird es mir nicht möglich sein, meinen Weg einfach friedlich fortzusetzen, so daß meine Entscheidungsfreiheit hier einer erheblichen Beschränkung unterliegt.

Oder nicht?


Liebe Grüße

Falderwald
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Alt 17.05.2011, 04:07   #8
JimPfeffer
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Hallo ihr alle,

was für eine interessante Auseinandersetzung über das Leben. Ich glaube nicht wirklich an Götter, jedoch frage ich mich warum die Menschen an sie glauben. In der Disskusion wurde viel darüber gesprochen was den Menschen so ausmacht und wie sie funktionieren, doch nicht, warum sie seit Jahrtausenden an Götter glauben. Vielleicht aus Angst oder stammt ihr Wissen aus einer alten Weisheit? Woher wollt ihr denn wissen das der Mensch wirklich auf der Erde entstand, so wie er sich verhält hat er massive Probleme mit der Natur hier klar zu kommen. Er scheint an sich eher ein Gast zu sein, als ein Produkt dieser Erde. Er passt hier nicht rein und findet sich auch nicht zurecht! Mit Intelligenz, wie wir sie sie verstehen scheitern wir, warum????, weil wir nicht in der Lage sind mit der Natur im Einklang zu leben. Warum können wir das nicht? Wären wir wirklich Intelligent hätten wir das schon längst im Griff, aber nein die Menschen wollen lieber kopieren als sich auf das Echte und Wahre einzulassen. Damit schaffen sie es vielleicht noch ein paar hundert Jahre und dann ist die Erde so verdreckt, dass die Menschen aussterben und die Natur zu ihrem Rhytmus (auf ihre Art und die ist wesentlich Intelligenter ist als wir es jemals waren, zurückfindet) Wir werden es nicht mehr erleben und wir haben es auch nicht wirklich verdient , die ewige Neugeburt erleben zu dürfen! Das werden die Menschen nie verstehen! LG Jim
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„Ich interessiere mich für alles was mit Revolte, Durcheinander und Chaos zu tun hat und insbesondere für jegliche Aktivitäten die scheinbar sinnlos sind“.
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Alt 17.05.2011, 14:40   #9
Justin
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Hallo Erich,

ellenlangen philosophischen Betrachtungen möchte ich mich nicht hingeben, sondern in erster Linie Dein Gedicht belobigen. Trotz der vielen Strophen hat es eine gute Merkfähigkeit, die mir sehr wichtig erscheint. Bei "Kerzen im Wind" ist es nicht viel anders. Auch oder gerade wegen einiger Unkenrufe habe ich diesem Gedicht eine gute Resonanz vorausgesagt, und sollte recht behalten. Doch das nur am Rande.

Es muß Dich nicht groß anfechten, wenn persönliche Empfindungen möglicherweise der Logik widersprechen könnten. Das aber hängt stark von der Sichtweise des Betrachters ab. Darüber hinaus sollten wir trotzdem nicht die Aussagen übergehen, deren Wahrheitsgehalt immerhin zutreffend ist. Die logische Ausgangsbasis bleibt somit größer als der kritische Einwand. Was übrigens die Logik betrifft, müßte sich der Klerus in Grund und Boden schämen, denn nichts ist ihm suspekter, als sich überhaupt mit solchen Ansichten zu beschäftigen. Wo doch allein nur der Glaube zählen soll. Die Verkündigungen der Geistlichen erscheinen immer so, als hätte man persönlich am Tische des Herrn gesessen, was ironisch nicht zu überbieten ist. Der Philosoph Bertrand Russel sagte mal: " I would never die for my beliefs, because I might be wrong" - "Ich würde nie für meinen Glauben sterben, weil ich falsch liegen könnte". Diese Aussage halte ich für sehr viel angemessener, weil sie schon die Fragwürdigkeit des Glaubens mit einschließt.

Die kritiklose Bibelauslegung ist mit gesunder Logik nur schwer vereinbar. Es heißt da z. B., daß Judas Schicksal schon längst vor dessen Geburt vorausbestimmt war. Davon ausgehend müssen wir uns doch die Frage stellen, worin nun überhaupt seine Schuld bestanden hat. Können wir so noch die Anklage ihm gegenüber aufrecht erhalten? Ich glaube, in keiner Weise, sonst würden wir nämlich unser Gewissen belügen. Das nur als Beispiel.

Du hast dich in Deinem Gedicht mit vernünftigen Gedanken auseinandergesetzt, zu denen Du ehrlichen Gewissens stehen kannst.

Liebe Grüße

Justin
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Alt 18.05.2011, 08:41   #10
Erich Kykal
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Hi, larin, Jim und Justin!

Vielen Dank für eure Ansichten zu diesem Thema - es ist offenbar recht vielschichtig.

Hi, Faldi!

"I beg to differ!" - Ich wage zu widersprechen.

Es ist eine erwiesene Tatsache, dass wir weit über 90% unserer Entscheidungen eben nicht aufgrund logischer - also geistiger - Überlegungen treffen! Das Beispiel mit dem Autofahrer und dem Felssturz ist diesbezüglich schlüssig:

Das Anhalten selbst war ein bewußter Akt, aber die Entscheidung dazu fiel davor, und zwar aus un- oder unterbewußten Erwägungen heraus. Gerade deshalb konnte sich der Mann seine Entscheidung ja nicht erklären und musste geradezu mumaßen, es könnte eine "höhere Eingebung" gewesen sein, weil die Entscheidung auf einer ihm nicht direkt zugänglichen Ebene seines Wesens fiel - eben nicht "logisch oder bewußt" erklärbar WAR!!!
Seine "Ichsimulation", wenn ich das immer noch so formulieren darf, folgte nur diesem starken Impuls, anzuhalten, konnte ihn sich - gerade weil er im Zusammenhang mit dem Felssturz solches Gewicht erhielt - hinterher aber nicht erklären und griff somit auf bewährte Interpretationmuster zurück, die Menschen seit der Steinzeit für Unerklärbares pflegen: Göttliche Fügung, Schicksal, höhere Ordnung usw...
Betrachten wir die Tatsachen: Das Zusammentreffen der Entscheidung, anzuhalten, und dem Steinschlag kann - und war letztlich auch - rein zufällig. Nur unser Geist will bei Ereignissen, die solch großen Einfluss auf uns haben, einfach nicht daran glauben. Er verbindet diese Ereignisse zu einer - für ihn logischen und folgerichtig erscheinenden - Kette, die einander in seinen Augen bedingen MUSS, weil er sonst ja tot wäre usw...
Wir projizieren die EIGENE Sicht von Wichtigkeit auf die Ereignisse (weil sie dank ihres direkten Aufeinanderfolgens für unser eigenes Dasein so bedeutend wurden) und verleihen ihnen damit ein Gewicht, das sie - jedes für sich - so nie gehabt hätten. Man sagt dann gern: Das KANN kein Zufall geswesen sein!
Denkfehler! Es KANN sehr wohl!!!
Zurück zur Hirnforschung: Wie gesagt, seine Entscheidung war bauchgesteuert. Sein bewußtes Ich reagierte und setze sein Wollen in die Tat um. Die Ursachen können vielfältig sein: Er wollte - unbewußt - eine schöne Landschaft genießen, musste vielleicht pinkeln. Oder das Ereignis überwältigte ihn so sehr, dass er sich hinterher nicht mehr an den ursprünglichen Grund seines Anhaltens erinnern konnte (oder wollte!), weil es nicht in die so wunderbar sich fügende "Legende" gepasst hätte. Eine gute Geschichte ist eben immer besser als eine nüchterne Wahrheit. Da biegt man sich oft was zurecht und glaubt nach einiger Zeit vielleicht sogar selbst daran.

Man muss sich nur mal vor Augen halten, wie sehr sich schon einfachste Beobachtungen in Zeugenaussagen unterscheiden oder gar widersprechen. Wir funktionieren eben extrem subjektiv, bilden uns aber gern ein, wir würden alle die Umwelt relativ objektiv wahrnehmen. Pustekuchen!
BEWUSST funktionieren wir eben nur bei solchen Gelegenheiten wie dieser hier: Wenn es um "geistige" Inhalte geht. Aber schon der "Gusto" auf was anderes (Tasse Kaffee, Hunger, Durst, ungeklärte Probleme, soziale Mechanismen, ...) lenkt uns ab, und schon wieder folgen wir einem unbewußten Impuls, der uns - ohne dass wir an Manipulation auch denken würden, da wir nicht bewusst zwischen geistigen und unterbewussten Befehlen unterscheiden - woanders hindrängt, obwohl wir diesbezüglich nie eine fundierte geistige Entscheidung getroffen hatten.
Das Bewusstsein baut diese Entscheidungen wie selbstverständlich hinterher in sein Selbstbild ein, sodass der Eindruck entsteht, wir hätten uns - also als Ganzes, MIT Hirn eben - dafür entschieden, aber dem ist eben nicht so!
Deshalb auch sprechen die Hirnforscher von Ichsimulation - nicht zuletzt, weil wir tatsächlich nur sehr wenige Entscheidungen MIT Hirn treffen. Wir denken bloss, es wären mehr, weil sich unser "Geist" eben meist nur an ebendiese Entscheidungen auch "bewusst" erinnert! (So wie in verblassender Erinnerung die "guten alten Zeiten" immer "schöner", immer verklärter werden - man erinnert sich eben nur an das Gute.)

Nach reiflicher Erprobung dieser Erkenntnisse am eigenen Dasein konnte ich diesen Aussagen nur beipflichten. Du - als vom Wert und der Bedeutung des Geistigen Überzeugter - möchtest es natürlich gern anders sehen, weil eine solche Sicht der Dinge den "Wert" des eigenen Selbst zu schmälern scheint.
Da kommt dann wieder die anthroprozentrische Selbstüberschätzung ins Spiel,
die den Menschen gern als "Krone der Schöpfung", als "Herrn der Erde" - oder, wenn schon das nicht, so doch wenigstens als "Herr seiner selbst" sehen möchte. Nun, nicht einmal DAS sind wir offenbar. Schade. Soviel Philosophie für nix und wieder nix! Ein Pech aber auch....

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
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