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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 29.07.2011, 21:56   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard Man sieht die Krähen fliehn

Man sieht die Krähen fliehn in großen Schwärmen.
Es bersten Himmel und der Horizont.
Die Vögel reiten Böen so gekonnt,
Ein Fauchen übertönt ihr schrilles Lärmen.

Die Häuser wirken schwarz und unbewohnt.
Es rührt die blanke Angst in den Gedärmen.
Schon will die feste Kleidung nicht mehr wärmen,
Ein Blitz hat hell erleuchtet und verschont.

Die Wetter wollen wüten, wollen tanzen,
Ihr wildes Toben macht die Wolken auf.
Der Donner schüttelt durch, die sich verschanzen,

Ein Unheil nimmt sie mit in seinem Lauf.
Die Sicherheit, ein Trugbild aus den Träumen,
Ersäuft, wenn Wassermassen talwärts schäumen.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
Alle Beiträge (c) Walther
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Geändert von Walther (31.07.2011 um 17:48 Uhr)
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Alt 30.07.2011, 13:12   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, Walther,

ich kann zwar nur Vermutungen anstellen bzw. von meinen eigenen Interpretationen ausgehen, aber für mich ist das ein Gedicht mit einer erschreckenden Thematik. Im Grunde genommen beschreibt es ein Unwetter, dem ein Dammbruch folgt.

Allein auf die beschreibende Ebene beschränkt zeigt sich mir das. Wenn ich mir aber die Nachrichten seit ungefähr Mai ins Bewusstsein rufe, zeigt sich mir ein Bild, das - erschreckend - vielfältig ist.

Überschwemmungen in China, in den USA, auf den Philippinen, in Mexico, in Bayern, und, und, und ...

Die "Wassermassen" sind sowohl real als auch metaphorisch zu betrachten. Die "Krähen" sehe ich als Sinnbild für diejenigen, die Macht und/oder Mittel haben, sich in "Sicherheit" zu bringen. (Sinnbildlich können sie ebenso gut für die Menschheit an sich stehen.) Aber diese Sicherheit ist trügerisch - denn irgendwann werden die Fluten sie einholen. Wir haben nur eine Erde, und das "Wetter" ist überall, auf Dauer kann und wird niemand entkommen, egal, wer er ist oder wohin er fliehen mag.

Dem Blitz zu entkommen, das ist vielleicht eine Zeitlang möglich, aber wenn die "Dämme brechen", gibt es kein Entrinnen mehr, für niemanden. Hinzu kommt eine typische "Denkart": Das passiert anderswo! So etwas geschieht in Japan, in China, in den USA - aber doch nicht hier, doch nicht mir ...

Für mich ist die Conclusio auch der Träger der "stärksten" Verse im Gedicht:

Zitat:
Die Sicherheit, ein Trugbild nur aus Träumen,
Ersäuft, wenn Wassermassen talwärts schäumen.
Ein Trugbild aus (Wunsch)Träumen, ja. Ich kenne so viele, Walther, die über diese Dinge reden, aber nicht bereit sind, selbst irgend etwas zu tun. Die Umwelt zu schützen, das ist in Ordnung - so lange es die eigene Bequemlichkeit nicht betrifft, denn dann hört das Interesse aprupt auf. Was? Das Auto stehen lassen? Nicht doch, ich muss zum Fahrradfahren mit dem Auto an meinen "Wunschort" fahren, das muss sein. Mülltrennung oder -vermeidung? Ach was, schmeiß den alten Autoreifen in den Wald ...

Im Fall des "Dammbruchs" allerdings, da werden sie lauter "schreien" als alle anderen jemals zuvor.

Und man redet buchstäblich gegen Wände - aus Stahl, nicht nur aus Beton ...

Das Reimschema deines Sonetts ist interessant. abba, baab, cdc, dee. Fein gemacht, wirklich, vor allem im Sinne des Inhalts. (Zur Anmerkung: "Nicht ganz b", da es sich um kurze und lange Vokale handelt. Passt schon.)

Sehr eindringlich sind die starken Verben, die hier Verwendung finden, wie z. B. "bersten", "fliehen", "wüten", "schütteln" etc. Auf mich jedenfalls "wirken" sie auch stark.

Besonders drastisch die Wortwahl "Ersäuft". Ja, wenn es so weit kommt, kann wohl von "sanftem" Ertrinken nicht mehr die Rede sein (metaphorisch gesprochen), dann ersaufen wir - mit Mann und Maus. Wobei die arme Maus überhaupt nichts dafür kann ...

Offen gestanden, bei "wollen wüten, wollen tanzen", dachte ich zuerst an eine Alliteration (ist es ja auch), aber das nennt sich ein Dikolon - ich lerne nie aus. Dazu noch im ersten Terzett die tatsächlichen Alliterationen - "Wetter, wollen, wüten, wollen, wildes, Wolken - es wirkt überhaupt nicht "erheiternd", sondern im Gegenteil sehr eindringlich, jedenfalls auf mich.

"Das Unheil nimmt seinen Lauf", "Trugbild aus Träumen", "blanke Angst in den Gedärmen" - mal abgesehen davon, dass es wort"gewaltige" Metaphern sind, stecken auch Allegorien und "geflügelte Worte" in deinem Gedicht.

Was noch? "Ein Fauchen", "Ein Blitz" und "Ein Unheil"; "Die Vögel", "Die Wetter", "Die Sicherheit". Anaphern ... Ich bin ehrlich beeindruckt!

Aber man bemerkt (abgesehen von den Alliterationen!) die Vielzahl der Stilmittel gar nicht, es sei denn, man geht wie ich vor und sucht danach.

Inhaltlich wunderbar ausgearbeitet, tief "wirkend", und auch technisch eine feine Arbeit.

Aber - damit du nicht eitel wirst, eine kleine "Mäkelei" habe ich trotzdem:

Zitat:
Der Donner schüttelt durch, die sich verschanzen,
Also entweder: Der Donner schüttelt die(jenigen) durch, die sich verschanzen,
oder: Der Donner schüttelt durch, die, die sich verschanzen (nee!)

Na ja, dir wird sicher etwas einfallen, um die kleine (hier doch nicht wirklich passende) Ellipse "auszubügeln".

Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

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Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.07.2011, 17:56   #3
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
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Beiträge: 3.210
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Lb. Stimme der Zeit,

Du beeindruckst mich durch Deine Herausarbeitung meiner kleinen Unscheinbarkeiten, die ich in meine Gedichte immer wieder verpacke. Man soll sie nicht gleich bemerken, weil sie selbstverständlich klingen sollen. Aber in der Tat kann man, wenn man will, der Sprache etwas abgewinnen, die dort eingesetzt worden ist, und sie als Rahmen sehen, auf dem der Inhalt seinen glänzenden Auftritt bekommt.

Und natürlich ist erst die Kombination aus Werkstoff, Bearbeitung desselben und Inhalt das ganze Leben. Aber wem sage ich das. Heute hat man für diese Art von Lyrik aber, so bekomme ich den Eindruck, eigentlich keine Zeit mehr.

Auch hier hast Du wieder den Schwachpunkt des Texts erwischt. Was Wunder, wenn Du die Goodies ja auch gefunden hast!

Es ist dieser Vers
Zitat:
Der Donner schüttelt durch, die sich verschanzen,
mit dem ich nicht ganz zufrieden bin. Ich habe eine Alternative, die so geht:
Zitat:
Der Donner schüttelt die, die sich verschanzen,
Diese habe ich wegen des doppelten "die" verworfen, aber vielleicht, weil grammatisch glatter, ist das doch besser.

Danke und frohes Werken!

LG W.
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