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Alt 04.11.2011, 19:38   #3
Stimme der Zeit
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Hallo, Walther,

abgesehen vom "Körperkontakt" bin ich mir nicht sicher, ob sich die "Streitkultur" (übrigens: Ein echtes "Unwort", das sich selbst widerspricht ) denn tatsächlich geändert hat.

Es ist nur indirekter, wie du ja selbst auch schreibst. Wobei ich sagen möchte, dass sich

Zitat:
Man wird gemobbt statt hart vermöbelt,
Beschimpft als Vollidiot und Sau,
Es wird gedisst und angepöbelt.
diese "Vorgehensweise" leider nicht nur auf das Internet beschränkt. Wie bekannt, arbeite ich in einem Sozialunternehmen, glaub mir, was ich da von den Leuten alles für "Geschichten" höre ... Es gibt außer "Dissen" und "Mobben" auch noch das besonders schöne "Bossing". Bei manchen Erzählungen sträubten sich mir buchstäblich die Haare!

Zitat:
Gedeckt durch Nick und Avatar
Allerdings hast du recht, das Internet bietet dafür eine besonders geeignete Plattform, denn es ist die "Anonymität", die viele dazu verlockt, sich auf eine Art und Weise zu verhalten, die sie sich im "echten Leben" nie trauen würden.

Zitat:
Oft sind nicht mal Motive klar.
Die Wahrheit wird zurecht gebogen,

Am Ende siegt, wer besser lügt.
Die Starken sind die Intriganten.
Gewinnen wird, wer gut betrügt.
Was die Motive betrifft, ich denke, doch, sie sind schon größtenteils ersichtlich. Hier können sich Menschen ungehemmt "ausleben" und den "großen Maxe" darstellen, während sie in "Wirklichkeit" nichts zu sagen haben; sei es, dass sie in einer "niedrigen Position" arbeiten oder zu Hause "unter der Fuchtel" stehen. Und selbst wenn das Motiv nicht erkennbar sein sollte, der "Grund" auf jeden Fall: Mangelndes Selbstbewusstsein. Wer wirklich ein Selbstbewusstsein hat, denkt gar nicht daran, "groß" herum zu tönen. So geht nur jemand vor, der es nötig hat.

Zitat:
Wir werden schleichend zu Mutanten,

Sobald sich Maus und Tastatur
Mit uns verbinden und vereinen.
Der Zombie wird zur Zweitnatur:
Man ist mit sich total im Reinen,

Man fühlt sich geil, man fühlt sich gut
Und klickert einsam seine Runden,
Obwohl man tut, was man nicht tut.
Der schwerste "Charakterfehler" der Menschheit besteht im Wunsch nach Macht. Macht "befriedigt", wie du sagst: "Man fühlt sich geil, man fühlt sich gut". Dazu kommt der "Zusatz-Kick", gegen "Regeln" verstoßen zu können, da so jemand sich "sicher fühlt" und glaubt, man könne ihn nicht "erwischen" - da niemand weiß, wer er ist. Ich glaube, diese Menschen werden "süchtig" danach, ich möchte das fast so ähnlich wie Kleptomanie oder Kaufsucht betrachten, denn auch dort ist die Rede von "Hochgefühlen". Wenn es nicht so wäre, würde es "keinen Spaß machen". Mir tun sie im Grunde genommen sogar leid, es sind doch eigentlich arme Würstchen, die sonst nichts haben, an dem sie sich "aufrichten" könnten ... Und einsam, ja, das sind sie mit Sicherheit.

Zitat:
Man tut es in den grauen Stunden,

Wo’s keiner sieht und keiner weiß,
Was wir da sagen, wen wir töten.
Und die Moral juckt uns `nen Scheiß.
Benimm und Ehre gehen flöten.
Richtig. Meist finden diese "Kämpfe" in den Abend- und Nachtstunden statt. Wenn ich "Wo's keiner sieht und keiner weiß, was wir da sagen, wen wir töten" lese, dann ist es psychologisch klar. Das ist wie in einem Krieg, in dem der Soldat auf so große Distanz "tötet", dass er weder den "Tötungsakt" noch den "Feind" als tatsächlich "tot" oder als "anderen Menschen" wahrnimmt. Das senkt die Hemmschwelle enorm! Es ist ein großer Unterschied, ob man sich direkt gegenübersteht oder nur aus kilometerweiter Entfernung auf ein Knöpfchen drückt - wie in einem "Online-Spiel". Es fehlt, so auch im Internet, der reale Bezug zu der Tatsache, dass "auf der anderen Seite" wirkliche Menschen sitzen - hinter jedem Avatar ist ein Mensch. Aber, wenn man das nicht sehen will, fällt es leicht, das zu "vergessen".

Zitat:
Und die Moral juckt uns `nen Scheiß.
Benimm und Ehre gehen flöten.
Das ist generell so, leider. Höflichkeit, gutes Benehmen und Rücksichtnahme sind in der "globalen Ellbogengesellschaft" ohnehin am "Dahinschwinden". Und Ehre? Wer kennt überhaupt noch den Bedeutungsinhalt dieses Begriffs? Kaum jemand. Dabei wird an das Mittelalter und die Ritterschaft gedacht, ach, wie "antiquiert" ... Wobei gerade die "Ritterehre" das schlechteste Beispiel für Ehre ist - mal Schopenhauer lesen, der hat dazu auch eine Meinung, der ich übrigens zustimme.

Er drückt das folgendermaßen aus:

Zitat:
Zitat von Schopenhauer, aus den "Aphorismen der Lebensweisheit":
"Daß nun dieser seltsame, barbarische und lächerliche Kodex der Ehre nicht aus dem Wesen der menschlichen Natur, oder einer gesunden Ansicht menschlicher Verhältnisse hervorgegangen sei, erkennt der Unbefangene auf den ersten Blick."
Und das ist es, was heutzutage als "Ehre" angesehen wird, herrjemineh. Total fehlinterpretiert, unverstanden und daher als überholt angesehen.

Dennoch, ich bin so stur wie niemand anders, den ich kenne: Nicht alle sind so und nicht jeder Internetbenutzer verhält sich auf diese Weise. Ich kenne (auch und gerade hier im Forum) eine ganze Anzahl von Menschen, die die Begriffe "Anstand" und "Ehre" sehr wohl kennen!

In diesem Sinne: Ein wichtiges Thema, sehr gerne und sehr ungern gelesen. (Du weißt sicher, wie ich das meine.)

Liebe Grüße

Stimme
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Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.



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