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Alt 05.01.2012, 12:28   #1
Stimme der Zeit
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Häppchen Nummer 21 :

306. Pegasus, von ebendemselben.

Meine zarte Natur schockiert das grelle Gemälde,
Aber, von Langbein gemalt, mag ich den Teufel recht gern.

307. Das ungleiche Verhältnis.

Unsre Poeten sind seicht, doch das Unglück ließ sie vertuschen,
Hätten die Kritiker nicht ach! so entsetzlich viel Geist.

308. Neugier.

Etwas wünscht' ich zu sehn, ich wünschte einmal von den Freunden,
Die das Schwache so schnell finden, das Gute zu sehn.

309. Jeremiaden aus dem Reichs-Anzeiger.

Alles in Deutschland hat sich in Prosa und Versen verschlimmert,
Ach und hinter uns liegt weit schon die goldene Zeit.

310. Böse Zeiten.

Philisophen verderben die Sprache, Poeten die Logik,
Und mit dem Menschenverstand kommt man durchs Leben nicht mehr.

311. Skandal.

Aus der Ästhetik, wohin sie gehört, verjagt man die Tugend,
Jagt sie, den läst'gen Gast, in die Politik hinein.

312. Das Publikum im Gedränge.

Wohin wenden wir uns? Sind wir natürlich, so sind wir
Platt, und genieren wir uns, nennt man es abgeschmackt gar.

313. Das goldene Alter.

Schöne Naivität der Stubenmädchen zu Leipzig,
Komm doch wieder, o komm, witzige Einfalt, zurück!

314. Komödie.

Komm Komödie wieder, du ehrbare Wochenvisite,
Siegmund, du süßer Amant, Maskarill, spaßhafter Knecht.

315. Alte deutsche Tragödie.

Trauerspiele voll Salz, voll epigrammatischer Nadeln,
Und du Menuettschritt unsers geborgten Cothurns.

316. Roman.

Philosoph'scher Roman, du Gliedermann, der so geduldig
Still hält, wenn die Natur gegen den Schneider sich wehrt.

317. Deutsche Prosa.

Alte Prosa komm wieder, die alles so ehrlich heraussagt,
Was sie denkt und gedacht, auch was der Leser sich denkt.

318. Chorus.

Alles in Deutschland hat sich in Prosa und Versen verschlimmert,
Ach! und hinter uns liegt weit schon die goldene Zeit.

319. Gelehrte Zeitungen.

Wie die Nummern des Lotto, so zieht man hier die Autoren,
Wie sie kommen, nur daß niemand dabei was gewinnt.

320. Die zwei Fieber.


Kaum hat das kalte Fieber der Gallomanie uns verlassen,
Bricht in der Gräkomanie gar noch ein hitziges aus.
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Alt 05.01.2012, 13:57   #2
Chavali
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Liebe Stimme,

das sind ja tolle Sprüche und Aussagen.
Einer interessanter und meistens auch aktueller als der andere -
auf die heutige Zeit bezogen.
Die beiden Dichter waren (verkappte) Philosophen

Aber sag, 318 und 309 sind gleich
Wie kommt das?

Nachdenkenswert auch die Nummer 307...


Interessierte Grüße,
Chavi

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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Alt 05.01.2012, 14:11   #3
Stimme der Zeit
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Danke, liebe Chavi,

zuerst dafür, dass die die Xenien gefallen und danach auch für den Hinweis.

Das habe ich irgendwie völlig übersehen, ich habe ein PDF-Dokument bei mir gespeichert. Da muss wohl ein Fehler passiert sein, ich suche mal bei einer anderen Quelle und ersetze dann die "Doppelung".

Und ja, Nummer 307 - heute ist es ja nicht anders, stimmt's? Du hast recht, nachdenkenswert ...

Liebe Grüße

Stimme

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Edit:

Goethe und Schiller waren raffiniert! Das ist Absicht, denn Nummer 318 heißt absichtlich: Chorus - d. h. eine gewollte Wiederholung. Der einzige Unterschied ist ein Ausrufezeichen - ! ...

Also kein Fehler, ich habe drei andere Quellen überprüft.

Liebe Grüße

Stimme
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Alt 06.01.2012, 23:27   #4
Stimme der Zeit
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Häppchen Nummer 22 :

321. Griechheit.

Griechheit, was war sie? Verstand und Maß und Klarheit! Drum dächt' ich,
Etwas Geduld noch, ihr Herrn, eh' ihr von Griechheit uns sprecht.

322. Warnung.

Eine würdige Sache verfechtet ihr, nur mit Verstande
Bitt' ich! daß sie zum Spott und zum Gelächter nicht wird!

323. Übertreibung und Einseitigkeit.

Daß der Deutsche doch alles zu seinem Äußersten treibet,
Für Natur und Vernunft selbst, für die nüchterne schwärmt!

324. Neueste Behauptung.


Völlig charakterlos ist die Poesie der Modernen,
Denn sie verstehen bloß charakteristisch zu sein.

325. Griechische und moderne Tragödie.


Unsre Tragödie spricht zum Verstand, drum zerreißt sie das Herz so,
Jene setzt in Affekt, darum beruhigt sie so!

326. Entgegengesetzte Wirkung.

Wir Modernen, wir gehn erschüttert, gerührt aus dem Schauspiel,
Mit erleichterter Brust hüpfte der Grieche heraus!

327. Die höchste Harmonie.

Ödipus reißt die Augen sich aus, Jokaste erhenkt sich,
Beide schuldlos; das Stück hat sich harmonisch gelöst.

328. Aufgelöstes Rätsel.


Endlich ist es heraus, warum uns Hamlet so anzieht,
Weil er, merket das wohl, ganz zur Verzweiflung uns bringt.

329. Gefährliche Nachfolge.

Freunde, bedenket euch wohl, die tiefere kühnere Wahrheit
Laut zu sagen, sogleich stellt man sie euch auf den Kopf.

330. Geschwindschreiber.

Was sie gestern gelernt, das wollen sie heute schon lehren,
Ach! was haben die Herrn doch für ein kurzes Gedärm!

331. Die Sonntagskinder.

Jahrelang bildet der Meister und kann sich nimmer genugthun,
Dem genialen Geschlecht wird es im Traume beschert!

332. Xenien.

Muse, wo führst du uns hin? Was, gar zu den Manen hinunter?
Hast du vergessen, daß wir nur Monodistichen sind?

333. Muse.

Desto besser! Geflügelt wie ihr, dünnleibig und lustig,
Seele mehr als Gebein, wischt ihr als Schatten hindurch.

334. Acheronta movebo.

Hölle, jetzt nimm dich in acht, es kommt ein Reisebeschreiber,
Und die Publizität deckt auch den Acheron auf.

335. Sterilemque tibi Proserpina vaccam.


Hekate! Keusche! dir schlacht' ich »die Kunst zu lieben« von Manso,
Jungfer noch ist sie, sie hat nie was von Liebe gewußt.
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Alt 07.01.2012, 22:15   #5
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Häppchen Nummer 23 :

336. Elpänor.

Muß ich dich hier schon treffen, Elpänor? Du bist mir gewaltig
Vorgelaufen? und wie? Gar mit gebrochnem Genick?

337. Unglückliche Eilfertigkeit.

Ach, wie sie Freiheit schrien und Gleichheit, geschwind wollt' ich folgen,
Und weil die Trepp' mir zu lang deuchte, so sprang ich vom Dach.

338. Achilles.

Vormals im Leben ehrten wir dich, wie einen der Götter,
Nun du tot bist, so herrscht über die Geister dein Geist.

339. Trost.

Laß dich den Tod nicht reuen, Achill. Es lebet dein Name
In der Bibliothek schöner Scientien hoch.

340. Seine Antwort.

Lieber möcht' ich fürwahr dem Ärmsten als Ackerknecht dienen,
Als des Gänsegeschlechts Führer sein, wie du erzählst.

341. Frage.

Du verkündige mir von meinen jungen Nepoten,
Ob in der Litteratur beide noch walten und wie?

342. Antwort.

Freilich walten sie noch und bedrängen hart die Trojaner,
Schießen manchmal auch wohl blind in das Blaue hinein.

343. Frage.

Melde mir auch, ob du Kunde vom alten Peleus vernahmest,
Ob er noch weit geehrt in den Kalendern sich liest?

344. Antwort.

Ach! ihm mangelt leider die spannender Kraft und die Schnelle,
Die einst des G*** herrliche Saiten belebt.

345. Ajax.

Ajax! Telamons Sohn! So mußtest du selbst nach dem Tode
Noch forttragen den Groll wegen der Rezension?

346. Tantalus.

Jahrelang steh' ich so hier, zur Hippokrene gebücket,
Lechzend vor Durst, doch der Quell, will ich ihn kosten, zerrinnt.

347. Phlegyasque miserrimus omnes admonet.

O ich Thor! Ich rasender Thor! Und rasend ein jeder,
Der, auf des Weibes Rat horchend, den Freiheitsbaum pflanzt.

348. Die dreifarbige Kokarde.

Wer ist der Wütende da, der durch die Hölle so brüllet
Und mit grimmiger Faust sich die Kokarde zerzaust.

349. Agamemnon.

Bürger Odysseus! Wohl dir! Bescheiden ist deine Gemahlin,
Strickt dir die Strümpfe, und stecke keine drei Farben dir an!

350. Porphyrogeneta, den Kopf unter dem Arme.

Köpfe schaffet euch an, ihr Liebden! Thut es beizeiten!
Wer nicht hat, er verliert, auch was er hat, noch dazu!
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Alt 08.01.2012, 09:10   #6
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Häppchen Nummer 24 :

351. Sisyphus.


Auch noch hier nicht zur Ruh', du Unglücksel'ger! Noch immer
Rollst du bergauf wie einst, da du regiertest, den Stein!

352. Sulzer.

Hüben über den Urnen! Wie anders ist's, als wir dachten!
Mein aufrichtiges Herz hat mir Vergebung erlangt.

353. Haller.


Ach! Wie schrumpfen allhier die dicken Bände zusammen,
Einige werden belohnt, aber die meisten verziehn.

354. Moses Mendelsohn.

Ja! du siehst mich unsterblich! »Das hast du uns ja in dem Phädon
Längst bewiesen.« – Mein Freund, freue dich, daß du es siehst!

355. Der junge Werther.

»Worauf lauerst du hier?« – Ich erwarte den dummen Gesellen,
Der sich so abgeschmackt über mein Leiden gefreut.

356. L***.

»Edler Schatten, du zürnst?« – Ja, über den lieblosen Bruder,
Der mein modernd Gebein lässet im Frieden nicht ruhn.

357. Dioskuren.

Einen wenigstens hofft' ich von euch hier unten zu finden,
Aber beide seid ihr sterblich, drum lebt ihr zugleich.

358. Unvermutete Zusammenkunft.

Sage, Freund, wie find' ich denn dich in des Todes Behausung,
Ließ ich doch frisch und gesund dich in Berlin noch zurück?

359. Der Leichnam.

Ach, das ist nur mein Leib, der in Almanachen noch umgeht,
Aber es schiffte schon längst über den Lethe der Geist.

360. Peregrinus Proteus.

Siehest du Wieland, so sag ihm: ich lasse mich schönstens bedanken,
Aber er that mir zu viel Ehr' an, ich war doch ein Lump.

361. Lucian von Samosata.

»Nun Freund, bist du versöhnt mit den Philosophen? Du hast sie
Oben im Leben, das weiß Jupiter! tüchtig geneckt.«

362. Geständnis.

Rede leiser, mein Freund. Zwar hab' ich die Narren gezüchtigt,
Aber mit vielem Geschwätz oft auch die Klugen geplagt.

363. Alcibiades.

Kommst du aus Deutschland? Sieh mich doch an, ob ich wirklich ein solcher
Hasenfuß bin, als bei euch man in Gemälden mich zeigt?

364. Martial.

Xenien nennet ihr euch? Ihr gebt euch für Küchenpräsente?
Ißt man denn, mit Vergunst, spanischen Pfeffer bei euch?

365. Xenien.


Nicht doch! Aber es schwächten die vielen wäss'richten Speisen
So den Magen, daß jetzt Pfeffer und Wermut nur hilft.
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Alt 11.01.2012, 21:31   #7
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Häppchen Nummer 25 :

366. Rhapsoden.

Wer von euch ist der Sänger der Ilias? Weil' ihm so gut schmeckt,
Ist hier von Heyne ein Pack Göttinger Würste für ihn.

367. Viele Stimmen.

Mir her, ich sang der Könige Zwist! Ich die Schlacht bei den Schiffen!
Mir die Würste! ich sang, was auf dem Ida geschah.

368. Rechnungsfehler.

Friede! Zerreißt mich nur nicht! Die Würste werden nicht reichen,
Der sie schickte, er hat sich nur auf Einen versehn.

369. Einer aus dem Chor. (Fängt an zu recitieren.)

»Wahrlich, nichts Lustigers weiß ich, als wenn die Tische recht voll sind,
Von Gebacknem und Fleisch, und wenn der Schenke nicht säumt –

370. Vorschlag zur Güte.


Teilt euch wie Brüder! Es sind der Würste gerade zwei Dutzend,
Und wer Astyanax sang, nehme noch diese von mir.

371. Philosophen.


Gut, daß ich euch, ihr Herren, in pleno beisammen hier finde,
Denn das eine, was not, treibt mich herunter zu euch.

372. Aristoteles.

Gleich zur Sache, mein Freund. Wir halten die Jenaer Zeitung
Hier in der Hölle und sind längst schon von allem belehrt.

373. Dringend.

Desto besser! So gebt mir, ich geh' euch nicht eher vom Leibe,
Einen allgültigen Satz, und der auch allgemein gilt.

374. Einer aus dem Haufen.


Cogito ergo sum. Ich denke und mithin, so bin ich,
Ist das eine nur wahr, ist es das andre gewiß.

375. Ich.

Denk' ich, so bin ich! Wohl! Doch wer wird immer auch denken?
Oft schon war ich, und hab' wirklich an gar nichts gedacht!

376. Ein Zweiter.


Weil es Dinge doch gibt, so gibt es ein Ding aller Dinge,
In dem Ding aller Ding' schwimmen wir, wie wir so sind.

377. Ein Dritter.

Just das Gegenteil sprech ich. Es gibt kein Ding als mich selber!
Alles andre, in mir steigt es als Blase nur auf.

378. Ein Vierter.


Zweierlei Dinge lass' ich passieren, die Welt und die Seele,
Keins weiß vom andern, und doch deuten sie beide auf eins.

Ein Fünfter.


Von dem Ding weiß ich nichts, und weiß auch nichts von der Seele,
Beide erscheinen mir nur, aber sie sind doch kein Schein.

380. Ein Sechster.

Ich bin ich, und setze mich selbst, und setz' ich mich selber
Als nicht gesetzt, nur gut! setz' ich ein Nicht-Ich dazu.
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Alt 12.01.2012, 08:11   #8
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Häppchen Nummer 26 :

381. Ein Siebenter.

Vorstellung wenigstens ist; ein Vorgestelltes ist also,
Ein Vorstellendes auch, macht, mit der Vorstellung, drei!

382. Ich.

Damit lock' ich, ihr Herrn, doch keinen Hund aus dem Ofen,
Einen erklecklichen Satz will ich, und der auch was setzt.

383. Ein Achter.

Auf theoretischem Feld ist weiter nichts mehr zu finden,
Aber der praktische Satz gilt doch: Du kannst, denn du sollst!

384. Ich.

Dacht' ich's doch! Wissen sie nichts Vernünftiges mehr zu erwidern,
Schieben sie's einem geschwind in das Gewissen hinein.

385. David Hume.

Rede nicht mit dem Volk, der Kant hat sie alle verwirret,
Mich frag, ich bin mir selbst auch in der Hölle noch gleich.

386. Rechtsfrage.

Jahrelang schon bedien' ich mich meiner Nase zum Riechen,
Hab' ich denn wirklich an sie auch ein erweisliches Recht?

387. Puffendorf.

Ein bedenklicher Fall! doch die erste Possession scheint
Für dich zu sprechen, und so brauche sie immerhin fort.

388. Gewissensskrupel.

Gerne dien' ich den Freunden, doch thu' ich es leider mit Neigung,
Und so wurmt es mir oft, daß ich nicht tugendhaft bin.

389. Decisum.

Da ist kein andrer Rat, du mußt suchen, sie zu verachten,
Und mit Abscheu alsdann thun, wie die Pflicht dir gebeut.

390. Herkules.

Endlich erblick' ich auch den gewaltigen Herkules! Seine
Übersetzung! Er selbst leider war nicht mehr zu sehn.

391. Herakliden.

Ringsum schrie, wie Vögelgeschrei, das Geschrei der Tragöden
Und das Hundegebell der Dramaturgen um ihn.

392. »Pure Manier.«

Schauerlich stand das Ungetüm da. Gespannt war der Bogen,
Und der Pfeil auf der Sehn' traf noch beständig das Herz.

393. Er.

Welche noch kühnere That, Unglücklicher, wagest du jetzo,
Zu den Verstorbenen selbst niederzusteigen, ins Grab!

394. Ich.

Wegen Tiresias mußt' ich herab, den Seher zu fragen,
Wo ich den guten Geschmack fände, der nicht mehr zu sehn.

395. Er.

Glauben sie nicht der Natur und den alten Griechen, so holst du
Eine Dramaturgie ihnen vergeblich herauf.

396. Ich.

O die Natur, die zeigt auf unsern Bühnen sich wieder,
Splitternackend, daß man jegliche Rippe ihr zählt.

397. Er.

Wie? So ist wirklich bei euch der alte Kothurnus zu sehen,
Den zu holen ich selbst stieg in des Tartarus Nacht?

398. Ich.

Nichts mehr von diesem tragischen Spuk. Kaum einmal im Jahre
Geht dein geharnischter Geist über die Bretter hinweg.

399. Er.

Auch gut! Philosophie hat eure Gefühle geläutert,
Und vor dem heitern Humor fliehet der schwarze Affekt.

400. Ich.


Ja, ein derber und trockener Spaß, nichts geht uns darüber,
Aber der Jammer auch, wenn er nur naß ist, gefällt.
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Häppchen Nummer 27 :

401. Er.

Also sieht man bei euch den leichten Tanz der Thalia
Neben dem ernsten Gang, welchen Melpomene geht?

402. Ich.

Keines von beiden! Uns kann nur das christlichmoralische rühren,
Und was recht populär, häuslich und bürgerlich ist.

403. Er.

Was? Es dürfte kein Cäsar auf euren Bühnen sich zeigen,
Kein Anton, kein Orest, keine Andromache mehr?

404. Ich.

Nichts! Man siehet bei uns nur Pfarrer, Kommerzienräte,
Fähndriche, Sekretärs oder Husarenmajors.

405. Er.

Aber ich bitte dich, Freund, was kann denn dieser Misère
Großes begegnen, was kann Großes denn durch sie geschehn?

406. Ich.

Was? Sie machen Kabale, sie leihen auf Pfänder, sie stecken
Silberne Löffel ein, wagen den Pranger und mehr.

407. Er.

Woher nehmt ihr denn aber das große gigantische Schicksal,
Welches den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zermalmt?

408. Ich.

Das sind Grillen! Uns selbst und unsre guten Bekannten,
Unsern Jammer und Not suchen und finden wir hier.

409. Er.

Aber das habt ihr ja alles bequemer und besser zu Hause,
Warum entfliehet ihr euch, wenn ihr euch selber nur sucht?

410. Ich.

Nimm's nicht übel, mein Heros. Das ist ein verschiedener Kasus,
Das Geschick, das ist blind, und der Poet ist gerecht.

411. Er.

Also eure Natur, die erbärmliche, trifft man auf euren
Bühnen, die große nur nicht, nicht die unendliche an?

412. Er.

Der Poet ist der Wirt und der letzte Aktus die Zeche,
Wenn sich das Laster erbricht, setzt sich die Tugend zu Tisch.

413. Muse zu den Xenien.

Aber jetzt rat' ich euch, geht, sonst kommt noch gar der Gorgona
Fratze oder ein Band Oden von Haschka hervor.

414. An die Freier.

Alles war nur ein Spiel! Ihr Freier lebt ja noch alle,
Hier ist der Bogen und hier ist zu den Ringen der Platz.

-----------------------------------------------------------------------------

Mit Nummer 414 ist hier auch das "Ende" erreicht. Wer hier liest, hat nach dieser Lektüre vielleicht auch selbst Lust bekommen, ein Distichon zu verfassen. Dafür bietet sich der von Thomas eröffnete "Distelchen-Faden" an. Wer also möchte, kann gerne mal vorbeischauen!

Und ein Dankeschön an alle Leser, die hier "zu Besuch" waren.

Liebe Grüße

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