Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Strandgut > Experimentelles

Experimentelles Versuchslabor

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 18.05.2014, 01:43   #1
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard Es hat

Es hat
die Rose aus dem Weiß
im Morgentau geweint;
Tränen so rein,
darin man ihre Seele sah.
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller

Geändert von Thomas (25.05.2014 um 09:49 Uhr)
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.05.2014, 17:20   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
Standard

Lieber Thomas,

du stellst den Text
Zitat:
Es hat
die Rose aus dem Weiß
im Morgentau geweint;
Tränen so rein
darin man ihre Seele sah.
im Veruchslabor ein, in Experimentelles

xX
xXxXxX
xXxXxX
XxxX
xXxXxXxX

Was genau willst du experimentieren? Ist es eine bestimmte Gedichtform?

Der Inhalt gefällt mir sehr. Kann man es nicht so formulieren:

es hat
die Rose aus dem Weiß
im Morgentau geweint

ihre Tränen sind so rein
darin man ihre Seele sah

xX
xXxXxX
xXxXxX

XxXxXxX
xXxXxXxX

wär für mich gleichmäßiger zu lesen und es klingt auch flüssiger.
Auch ohne Punkt und Zeilenanfänge klein.
Den zweiten Teil könnte man noch umstellen:

ihre Tränen sind so rein
darin die Seele silbern scheint




Was meinst du?


Lieben Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.05.2014, 21:06   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
Standard

Moin Thomas,

ich hätte das gar nicht in dieser Rubrik gepostet, sondern in bei den kurzen Formen untergebracht, denn etwas Experimentelles ist es in meinen Augen nicht.

Es sind kurze lyrische Verse, die auch eine Aussage transportieren, denn ich kann dsehr gut ein Bild darin erkennen.
Vor Kurzem sah ich morgens auf dem Weg zur Arbeit ein kleines Pflanzenbeet. Diese Blumen hatten Blätter, deren Oberfläche nach oben geneigt und quasi zum Stengel hin trichterförmig geformt waren.
In fast jedem Blatt befand sich ein Tautropfen, der in zu diesem Zeitpunkt noch spärlichen Tageslicht wie ein kleiner, glattgeschliffener Diamant funkelte. Ich habe davon sogar Fotos mit dem Handy gemacht, aber die Aufnahmen sind nicht so dolle geworden.

So sehe ich das auch in der weißen Rose, in deren Blüte sich viele Tropfen morgendlichen Taus befinden. Das sind ihre Tränen und darin kann man die reine Seele entdecken, nämlich die Seele alles Lebens, das Wasser.

In diesem Sinne haben mir deine Kurzverse gut gefallen.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.05.2014, 12:20   #4
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard

Liebe Chavali, lieber Falderwald,

das Metrum ist in diesem Falle frei. Der Grund ist folgender: Ich habe vor einiger Zeit in meinem Beitrag "Definition: Lyrik" versucht, etwas von meinem Denken über Lyrik zu erklären (deswegen und weil mir nichts Besseres einfiehl unter "Experimentelles").

Diese Gedicht steht damit im Zusammenhang. Es entstand nachdem ich in der letzten Zeit viel über einen Aufsatz von Ernest Fenollosa nachgedacht habe. Fenollosa beschäftigt sich darin mit chinesischer Poesie und weist auf die harmonische Entwicklung der Radikale in chinesischen Gedichten hin. Im Anhang befindet sich ein Beispiel: Das Sonne-Zeichen, befindet sich in jedem Wort dieser Zeile - bei Aufgehen oben, bei Osten in der Mitte.

Ich weiß nicht, wie das auf chinesisch klingt, aber ich vermute, dass diese Radikale (ähnlich wie bei und die Vokale) in den Wortstämmen klanglich vorhanden sind. Das und Ähnliches ging mir durch den Kopf.

Als ich dann eine sehr schöne Rose sah, standen die Zeilen des kurzen Gedichts plötzlich vor meinem geistigen Ohr. Als ich sie aufschrieb und anschließend genauer betrachtete, sah ich die Vokalmelodie, Das Thema i-o-au-e-ei wird wiederholt und dann beginnt mit ä ein Gegenthema auf a-i welches mit e-a (wie am Anfang, nur diesmal lange Vokale) abschließt. Wenn ich so etwas konstruieren hätte wollen, wäre das wahrscheinlich nicht gegangen. Ich war jedoch sehr froh, als ich es entdeckte, auch weil es mir zeigt, wie das Hirn so funktioniert.

Liebe Grüße
Thomas
Miniaturansicht angehängter Grafiken
Klicken Sie auf die Grafik für eine größere Ansicht

Name:	AufgehendeSonneImOsten.JPG
Hits:	347
Größe:	19,0 KB
ID:	247  
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.05.2014, 21:38   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Thomas!

Bezüglich reimloser Lyrik bin ich sicher der Falsche zum Bewerten.
Ich unterscheide allerdings durchaus zwischen einerseits Reimstruktur und Takt und andererseits dem Rhythmus der Sprachmelodie, deren Klang eine eigene Melodie zu generieren vermag. Gute reimlose Gedichte gewinnen sehr von so einer harmonischen Sprachführung, die den Inhalt trägt, untermalt oder akzentuiert. Im Idealfall - für mich, wohlgemerkt - ergänzen sich Sprachmelodie und Reimschema perfekt, aber das ist meine eigene Vorliebe und kein Werturteil.

In obigem Fall finde ich die Wortwahl gut, das Bild sehr poetisch - nur die Formulierung scheint mir etwas verwirrend. Ich würde es so sagen:

Es hat
die Rose Morgentau
aus ihrem Weiß geweint;
Tränen so rein, <--- Hier muss übrigens ein Komma hin.
darin man ihre Seele sah.

Der Einstieg mit "Es hat..." erscheint mir persönlich klanglich etwas hart. Ich - und das ist kein Vorschlag, sondern nur meine "Variante" - würde es so formulieren:

Die Rose weinte Morgentau
aus ihrer Blüte, weiß und rein.
Verschenkte Träne! Doch genau
so klar muss ihre Seele sein.

Ein anderer Stil, keine Frage. Ich habe eben Fenollosa's Aufsatz über die chinesischen Radikale nicht gelesen...

Ich hoffe, dieser Beitrag konnte zumindest irgendwie hilfreich sein!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.05.2014, 09:59   #6
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard

Lieber Erich,

vielen Dank für das Komma (es wird wahrscheinlich nicht das letzte sein, dass du mir schenkst) und herzlichen Dank für den Kommentar, der sehr interessant ist, weil er die notwendigen Veränderungen bei der Transformation in Reimform erkennen lässt, was natürlich besonders schwer ist, wenn ein Text einmal da ist. Ich hatte selbst die Idee, das zu versuchen, war aber total blockiert, nachdem das Kind in der reimlosen Form einmal da war. Ich glaube, dass ist ein Zeichen dafür, dass es gut ist. Denn normalerweis werden die Dinge, selbst wenn ich "frei" damit beginne, mit der Zeit doch gereimt.

Das mit den chinesischen Schriftzeichen ist vorerst nur als interessante Anregung zu nehmen, ein abschließendes Urteil fälle ich, wenn ich sie alle auswendig gelernt habe, aber ich bin erst bei der Hälfte.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.05.2014, 09:22   #7
Narvik
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 21.03.2009
Ort: Im hohen Norden
Beiträge: 431
Standard

Hallo Thomas,

das ist ein sehr schöner und lyrischer Kurzvers. In der Seele der Rose, sehe ich die Seele der Natur. Und wenn man betrachtet, wie wir Menschen diese Natur behandeln, dann können nicht nur den Rosen Tränen kommen.

Herzliche Inselgrüße

Narvik
__________________
Nur der fröhliche Mensch allein ist fähig, Wohlgefallen am Guten zu finden. (Kant)
Narvik ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.06.2014, 13:03   #8
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
Standard

Lieber Narvik,

vielen Dank für deine einfühlsame Betrachtung.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 18:57 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg