08.08.2013, 20:44 | #1 |
Gelegenheitsdichter
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Beiträge: 3.210
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Witz los
Witz los
Es stand nach Witzigkeit der Sinn Dem kleinen Clown mit Doppelkinn. Es wackelte, wenn er laut lachte, Bis ihm fast seine Schwarte krachte. Doch irgendwie kam er abhanden: Der Frühstückswitz wollte nicht landen, Der Mittagswitz wollte nicht zünden, Den Abendwitz laut zu verkünden, Im vollen Saal, wollt nicht gelingen. Da fing der Clown an, was zu singen. Das Publikum fand‘s gar nicht lustig. Es tuschelte und schimpfte frustig. Der kleine Clown war nah den Tränen. Er traute sich nicht zu erwähnen, Dass man die Witzigkeit ihm raubte, Als er sie im Tresor noch glaubte Ganz sicher dort im Stadthotel. Er war kurz duschen, als ganz schnell Ein schwarzer Mann ins Zimmer schlich Und mit der Witzigkeit entwich. Nichts war mehr sicher vor der Gier! Jetzt stand er da, alleine, hier, Vor Menschen, die nur lachen wollten Und jetzt verärgert lautstark schmollten. Da hub er an, ganz leise, stotternd Und stark am ganzen Körper schlotternd: „Man hat mir meinen Witz geklaut!“ So traurig hat der Clown geschaut, Dass in dem Saal gleich Stille war. „Ich lüge nicht. Ja, es ist wahr, Das Lachen ist mir ganz vergangen. Ich hätte mich fast aufgehangen, Doch riss das Seil, es fiel der Stuhl, Kein Wasser war im Swimmingpool, Für Schlaftabletten fehlte Geld, Die Tür zum Dach war zugestellt: Weil mir ein Selbstmord nicht gelingt, Was mich vor Ihre Augen zwingt, Steh ich ganz witzlos hier vor Ihnen.“ Es fing der Erste an zu grienen, Der Zweite fing laut an zu lachen, Die Dritte dachte an so Sachen, Die Vierte griff nach ihrem Herzen, Der Fünfte fragte: „Sie wolln scherzen? Dann ist das Ihnen gut gelungen!“ Von Witzigkeit komplett durchgedrungen: Ein Clown hat eben Phantasie Und, wenn nichts hilft, Selbstironie. Die kann man einem Clown nicht stehlen. Und davon wollte ich erzählen.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt Alle Beiträge (c) Walther Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt Geändert von Walther (08.08.2013 um 21:43 Uhr) |
11.05.2014, 14:47 | #2 |
Matador mit Adlerblick
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Hallo Walther,
kein Witz ist witziger als das Leben selbst. Das hast du witzigerweise in Paarreimversen umgesetzt. Habe es mit Schmunzeln gelesen. LG Hollerith
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Mit Adleraugen such ich dich, durch Adleraugen find ich dich. |
12.05.2014, 23:04 | #3 |
Gelegenheitsdichter
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Beiträge: 3.210
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lb narvik,
in der tat schreibt das leben die besten geschichten und macht die besten witze. danke und lg w.
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14.06.2014, 07:08 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 431
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Hallo Walther,
das gefällt mir auch, es ist gut nachvollziehbar und die Geschichte ist auf den Punkt gebracht. Etwas Schwierigkeiten bereitet mir die Metrik in der zweiten Strophe in den Zeilen zwei und drei, weil ich "wollte" nicht auf der zweiten Silbe betonen kann. Zudem scheint mir in der achten Strophe das "aufgehangen" nicht richtig zu sein, es müsste m.M.n. in diesem Fall "aufgehängt" heißen. Die Beugung des Verbes hängt nämlich davon ab, ob das Verb transitiv oder intransitiv verwendet wird. In diesem Fall wird es transitiv verwendet, also sollte es "aufgehängt" heißen. Transitiv: • Ich hänge mich an einem Balken auf. • Ich habe mich an einem Balken aufgehängt. • Ich hätte mich fast an einem Balken aufgehängt. Intransitiv: • Er hing an einem Balken. • Er hat an einem Balken gehangen. • Er hätte fast an einem Balken gehangen. Davon abgesehen ist das ein nettes Gedicht mit einer interessanten Geschichte, und zwar gar nicht "Witz los" sondern mit Witz und Charme. Herzliche Inselgrüße Narvik
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Nur der fröhliche Mensch allein ist fähig, Wohlgefallen am Guten zu finden. (Kant) Geändert von Narvik (14.06.2014 um 07:19 Uhr) |
03.07.2014, 12:52 | #5 |
Gelegenheitsdichter
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
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hi narvik,
in der tat ist nicht alles in diesem gedicht sprachlich "richtig". es gibt, soweit ich mich erinnere, noch einige weitere punkte, die man kritisieren könnte. an anderer stelle packt man diese art gedichte unter "Trash". das trifft ihre zielrichtig recht genau, weil sie auf den lacher und damit den effekt aus sind. man muß sich das kommödiantisch vorgetragen vorstellen, und dann haben diese "fehler" auf einmal einen guten grund, so dazustehen, wie sie dastehen. was heißt: du hast in der sache völlig recht. der autor aber tat, was er tat, mit grund. danke für deine hinweise! lg w.
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